12.04.2021

Event

Resümee der Preisverleihung „Wer sind die glorreichen 5?“

Fünf junge Architekturbüros dürfen sich über die Auszeichnung „Die glorreichen 5“ freuen. In der digitalen Preisverleihung „Wer sind die glorreichen 5“ Anfang März präsentierte Baumeister gemeinsam mit NXT A und New Monday die Gewinner*innen und ihre Herzensprojekte.

Gemeinsam mit NXT A und New Monday lobte Baumeister im November 2020 den Nachwuchspreis „Die glorreichen 5“ aus. Eine Chance für junge Architekturbüros, die sich in den letzten fünf Jahre gegründet haben, ihre Projekte einem großen Publikum zu präsentieren. „Wir haben relativ schnell gemerkt, dass wir uns nur durch einen solchen Wettbewerb ein sehr gutes Bild von den jungen Architekturbüros und deren Arbeiten verschaffen können, indem wir die Projekte der jungen Architekten und Architektinnen sprechen lassen und sie darum bitten, ihre Visionen mit uns zu teilen, ihre Herzensprojekte einzureichen und uns zu zeigen, worum geht es eigentlich euch jungen Architekten und Architektinnen im Jahr 2021?“, erläutert Fabian Peters, Chefredakteur des Baumeisters, zu Beginn der Veranstaltung. Insgesamt 60 Einreichungen erreichten die Redaktionen aus zahlreichen Städten wie Wien, Basel, München, Leipzig, Berlin oder Rotterdam.

Die beiden Co-Moderatorinnen Ute Strimmer und Isa Fahrenholz mit Chefredakteur Fabian Peters; Foto: Gerry Kellermann

Die Jury

 

„Wir waren begeistert von der Mühe, die sich alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen gemacht haben, von der Qualität der Projekteinreichungen und von dem Engagement, das aus diesen Projekten heraussprach.“, lobt Fabian Peters die jungen Architekturbüros. Der Jury, bestehend aus Mandana Bender (Project Managerin von NXT A), Isa Fahrenholz (Project Managerin von New Monday), Ute Strimmer (Chief-Director von NXT A), Sabine Schneider (Redakteurin bei Baumeister) und Fabian Peters (Chief-Director von Baumeister), sei die Entscheidung, sich auf fünf Gewinner*innen festzulegen, nicht leichtgefallen. Doch nach einer langen und diskussionsreichen Jurysitzung entstand eine Shortlist von zehn Architekturbüros, die in der Märzausgabe des Baumeisters näher vorgestellt werden.

Fünf Architekturbüros der Shortlist tragen nun die Auszeichnung „Die glorreichen 5“. Anfang März 2021 präsentierten die Gewinner*innen ihre Projekte in der digitalen Preisverleihung „Wer sind die glorreichen 5?“ und stellten sich den Fragen des Moderators Fabian Peters und der beiden Co-Moderatorinnen Ute Strimmer und Isa Fahrenholz. Fabian Peters erklärte gleich zu Beginn der Veranstaltung: „Jeder Sieger und jede Siegerin steht für ein Thema. Wir haben gesehen, dass diese Themen den jungen Architekten und Architektinnen extrem wichtig sind und wir glauben, dass genau diese Themen am pointiertesten ausdrücken, was die Klasse 2021 bewegt.“

 

Die glorreichen 5

Isa Fahrenholz beginnt die Vorstellung der Gewinner*innen mit dem Berliner Kollektiv Co/now, das sich 2017 gründete. Das Team des jungen Architekturbüros co/now besteht aus Tobias Hönig, Andrijana Ivanda, Markus Rampl, Paul Reinhardt und Duy An Tran. Gemeinsam planen, bauen und forschen sie zu Architektur und Stadtplanung – schwerpunktmäßig zu der Raumproduktion der ehemaligen Jugoslawischen Staaten, wie zum Beispiel für die ARCH+ 235: Rechte Räume. Mit ihrem eingereichten Projekt, dem Ausbauhaus in Brandenburg für eine junge Familie, greift das Team gleich mehrere relevante Themen unserer Zeit auf: Bauen im ländlichen Raum, kostengünstigen Wohnraum schaffen und wie man auch für den Wohnungsbau industrielle Vorfertigung charmant nutzen kann.

Mit einer vorgefertigten Halle als Rohvolumen und einer Haus-im-Haus-Strategie im Inneren ermöglichen sie dem jungen Paar ein Wohnhaus, das mitwachsen kann. Auch das thermische Konzept des Hauses hat sich das Team gut überlegt: „In den Übergangszeiten ermöglicht das Ausbauhaus der jungen Familie ein längeres Wohnen im Freien. Für den Bauphysiker wirkt es in der Berechnung wie ein Wintergarten. Mit relativ vielen Fenster- und Glasflächen konnten wir ein günstigeres Berechnungsklima innerhalb der Halle generieren und im Erdgeschoss haben wir einen monolithischen Ziegelbau herstellen können, der rechnerisch wie eine Pufferschicht wirkt.“, erläutert Markus Rampl in der Fragerunde.

 

„Wir waren begeistert von der Mühe, die sich alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen gemacht haben, von der Qualität der Projekteinreichungen und von dem Engagement, das aus diesen Projekten heraussprach.“

Als nächstes stellt Architekt Sascha Bauer von Studio Cross Scale das Projekt K59 vor: eine zeitgenössische Sanierung und Dachaufstockung eines Stuttgarter Gründerzeithauses. Die Jury überzeugte die umsichtige Konzeption der Dachaufstockung mit nachhaltigen Materialien. Die Architekten von Studio Cross Scale sehen sich als Planungsmanufaktur, die zwischen zeitgenössischer Handlung und Achtung der Tradition arbeitet. Dabei wird im Büroalltag das stetige Hinterfragen der gebauten Umwelt mit internen Experimenten ergänzt. Denn nicht jedes Projekt ist mit den gleichen Voraussetzungen ausgestattet, jede Bauherrschaft ist individuell. Das Verständnis hierfür ist bei Studio Cross Scale der Antrieb für eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Maßstäben und Disziplinen, die im konstruktiven und interdisziplinären Austausch erarbeitet werden. Deshalb besteht das Team aus Planer*innen, Praktiker*innen und Macher*innen, um in dieser Komplexität über alle Maßstäbe hinweg zu arbeiten. Fabian Peters ist begeistert von der Art, wie das junge Architekturbüro mit der Bauaufgabe umgegangen ist. Er findet es spannend, dass der Geist des Bestandsbaus aus der Gründerzeit auch durch die Aufstockung beibehalten wird.

 

„Mein Ziel ist es, ein Open-Source-Material ohne Urheberrecht zu entwickeln, das jeder nutzen kann, der dem Coronavirus trotzen möchte.“

Aus Rotterdam zugeschaltet ist der Architekt, Künstler, Innovator und Zukunftsdenker Cosimo Scotucci. Nach der Vorstellung durch Ute Strimmer, erläutert der junge Architekt selbst noch einmal seine dynamische Installation „Physx“, die farbige Sicherheitszonen für Passant*innen aufzeigt und eingreift, sobald der notwendige Sicherheitsabstand auf dem öffentlichen Platz nicht eingehalten wird. Physx besteht aus einer elastischen Fasermembran, die etwa 50 Zentimeter über dem Boden angebracht ist. Wenn eine Person auf die Membran tritt, nimmt die Zugoberfläche den Druck auf und die so entstandene talartige Vertiefung verfärbt sich. Für die Mitmenschen heißt das: Innerhalb der eingefärbten Sicherheitszone kann ich mich im Radius von 1, 5 Metern frei bewegen und mit anderen Personen interagieren, ohne diese oder mich mit einer möglichen Corona-Infektion zu gefährden. Dabei benötigt Physx weder Strom noch Mechanik, kann überall installiert werden und funktioniert unter allen Bedingungen: drinnen wie draußen, bei Regen oder Sonnenschein. „Mein Ziel ist es, ein Open-Source-Material ohne Urheberrecht zu entwickeln, das jeder nutzen kann, der dem Coronavirus trotzen möchte.“, sagt Cosimo Scotucci.

 

Das Projekt hat überzeugt, da es sich einer Herausforderung unserer Zeit widmet, die häufig in den Hintergrund rückt

Ein weiteres Gewinner-Team unter den Teilnehmer*innen des Wettbewerbs ist endboss, ein interdisziplinäres Studio für Raumfragen und -antworten in allen Maßstäben. Die Jury konnte das junge Studio mit einem temporären Altersheim in der Innenstadt von Hannover überzeugen. Zusätzlich zu dem Bauauftrag plante endboss anfangs einen Workshop für Senior*innen zum Thema „Wohnen im Alter“, doch daraus entwickelte sich eine Initiative, die sich für altersgerechtes Wohnen in der Stadt einsetzt. Isa Fahrenholz begründete die Entscheidung der Jury folgendermaßen: „Das Projekt hat uns besonders überzeugt, da es sich einer Herausforderung unserer Zeit widmet, die häufig in den Hintergrund rückt, und zwar: dem demografischen Wandel.“

In der Projektvorstellung erläutert Robin Höning die Herausforderungen, denen sich das Team stellen musste: „Während des Workshops, für den sich 8 Leute online angemeldet hatten, aber 80 erschienen sind, wurde uns schnell klar, dass unser ausgedachtes Konzept nicht aufgehen wird, dass wir keine Ahnung haben, wie es ist, alt zu sein und dass wir mit unserer Idee, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Grundrisse zeichnen zu lassen, kein real existierendes Problem lösen werden. Doch wir wissen, wie wir Menschen bewegen. Deshalb war unsere nächste Idee, den Menschen zu helfen sich selbst zu organisieren und eine Interessenvertretung zu gründen, die ihre Belange auf politischer Bühne vertreten kann.“ Dem Team habe dieses Projekt sehr viel gegeben und die Augen geöffnet. Darüber hinaus habe es ihnen eine neue Arbeitsweise erschlossen, wie man mit Menschen zusammenarbeitet und gemeinsam eine solche Idee entwickelt. „Wir haben gelernt, die Aufgabe des klassischen Gestalters und Designers zu vernachlässigen, denn die wichtigere Aufgabe ist es für ganz viele Fragen in der Stadt zu gucken, wie man Verantwortung und Verantwortungsübernahme gestalten kann.“, ergänzt Ivana Rohr.

 

Die Recycling-Werkstatt soll Menschen ermutigen, aus Kunststoffabfällen neue Objekte selbst zu entwerfen und zu produzieren

Zuletzt stellt Architektin Mariska Flau ihr Projekt einer Plastik-Recycling-Station mit Künstlerwohnungen in Ghana vor. Die Idee „Plastic Chop Bar“ entstand gemeinsam mit ihrer deutsch-ghanaischen Freundin, deren Familie das Grundstück bereitstellt. Mit ihrem Design-Build-Projekt macht die junge Architektin auf die massive Plastikverschmutzung in Ghana aufmerksam, vor allem verursacht durch europäischen Plastikmüll-Export, und schafft zugleich einen Kreativort: Ihre Recycling-Werkstatt soll die Menschen dort auch ermutigen, aus Kunststoffabfällen neue Objekte selbst zu entwerfen und zu produzieren. An der realen Umsetzung arbeitet Mariska Flau gerade. Der Bauprozess selbst – wie traditionell üblich – wird als kollektives soziales Ereignis angelegt. Die nächsten Schritte erläutert Mariska Flau in der Fragerunde: „Wir sind jetzt mittlerweile ein Team von 4 Leuten und sitzen an der Realisierung des Projektes. Für uns alle ist es das erste Mal, dass wir an so einem Projekt arbeiten. Die ersten Schritte sind etwas schwierig, weil wir uns momentan noch mit rechtlichen Dingen beschäftigen. Dazu zählt zum Beispiel die Frage, ob wir einen Verein gründen oder eine andere Art von Organisation, um Fördergelder beantragen zu können.“

Fabian Peters bedankt sich im Namen der drei Redaktionen Baumeister, NXT A und New Monday bei allen Teilnehmer*innen des Wettbewerbes für ihre Einreichungen und das Vertrauen und gratuliert den Gewinner*innen ganz herzlich.

Sie haben die digitale Preisverleihung verpasst? Als NXT A Member können Sie sich die vollständige Aufzeichnung der Veranstaltung in der NXT A Mediathek ansehen. In der Ausgabe B3/2021 stellen wir Ihnen alle eingereichten Projekte vor.

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