18.07.2024

Architektur

Nachhaltiges Erbe der Olympischen Spiele 2024: Holzarchitektur

Holz
Holz steht als Baumaterial für die Neubauten der Pariser Olympischen Spiele 2024 im Vordergrund. Bildquelle: IOC – Olympic Games Production Unit
Holz steht als Baumaterial für die Neubauten der Pariser Olympischen Spiele 2024 im Vordergrund. Bildquelle: IOC – Olympic Games Production Unit

Wie jede Gastgeberstadt der Olympischen Spiele versucht auch Paris, ein Erbe in Form eines Transformationsprojektes zu schaffen. In der französischen Hauptstadt soll in diesem Sommer die Nachhaltigkeit im Mittelpunkt stehen. Dafür setzt Paris auf flexibles, wiederverwendbares Holz anstelle prächtiger Denkmäler.


Geschwungenes Solardach in Saint-Denis

Eines der zentralen Merkmale der Olympischen Sommerspiele und Paralympischen Spiele 2024 besteht darin, dass eigentlich nicht viel gebaut wird. 95 Prozent der benötigten Olympiastätten existieren bereits. Und die neuen Strukturen setzen viel auf nachhaltige Materialien wie wiederverwendbares Holz. Das wichtigste architektonische Symbol der Pariser Sommerspiele 2024 soll das Olympische Schwimmzentrum in Saint-Denis sein.

Derzeit befindet sich dort das größte Holzgerüst der Welt. Es besteht aus 1.500 Kubikmetern europäischer Fichte. Die Architekturfirmen Ateliers 2/3/4 und VenhoevenCS haben das auffällige Gebäude mit seinem Pringles-förmigen Solardach entworfen. Die massive, verleimte Holzkonstruktion haben sie wie ein Lego-Set zusammengesetzt. „Wir wollten so wenig Material wie möglich verwenden, und Holz bedeutet, dass wir kein zusätzliches Material brauchen, das beim Bau zur Abdeckung von Strukturelementen benötigt wird“, sagt Laure Mériaud, Partnerin bei Ateliers 2/3/4/.


Massive verleimte Holzträgerstrukturen im Fokus

Gastgeberstädte der Olympischen Spiele erhoffen sich nicht nur internationale Aufmerksamkeit und Tourismus, sondern auch urbane Transformation. Für 1992 plante Barcelona eine neue Strandpromenade, für 2004 erweiterte Athen das U-Bahn-System und für 2012 gestaltete London ein brachliegendes Gelände komplett um. In Paris soll ein Zeichen für die Nachhaltigkeit gesetzt werden. Diese Transformation ist weniger grandios, aber dafür umso wichtiger. Indem die Stadt insgesamt nur wenige Strukturen neu erbaut, zeigt sie, dass selbst Großveranstaltungen wie die Olympischen Spiele einen mäßigen CO2-Fußabdruck haben können.

Zu den neuen Projekten gehören das Olympische Dorf im Norden von Paris, das ein Öko-Viertel sein soll. Auch hier steht das Holz im Mittelpunkt: Die Gebäude bestehen aus Holz und Glas und beziehen ihre nachhaltige Energie über Wärmepumpen. Die 8.000-Sitzplätze-Arena Champs de Mars besteht ebenfalls aus einer massiven verleimten Holzträgerstruktur. Mit einer recycelten Aluminiumfassade soll dieses Gebäude als Zentrum für das Pariser Basketballteam dienen und zugleich zwei öffentliche Sporthallen bieten.

Die Arena auf dem Champ de Mars ist ein temporäres Gebäude aus Holz, das sich nach den Spielen in seine Teile zerlegen und anderweitig nutzen lässt. Visual credits : Paris 2024 /Rmngp/Wilmotte&Associes
Die Arena auf dem Champ de Mars ist ein temporäres Gebäude aus Holz, das sich nach den Spielen in seine Teile zerlegen und anderweitig nutzen lässt. Credits: Paris 2024/Rmngp/Wilmotte&Associes

Wärme, Farbe und Duft

Das wohl größte Beispiel für die nachhaltigen Olympischen Sommerspiele 2024 ist die neue Schwimmhalle, die in Saint-Denis entsteht. Das große Holzgebäude wird die vielleicht einzige Architekturikone der Olympischen Spiele sein. Die Architekten haben vor, das Holz in seinem natürlichen Zustand zu belassen, um für zusätzlichen Charme zu sorgen. „Wir müssen es nicht streichen. Es hat Wärme, es hat Farbe und es hat einen Duft. Man kann es riechen, wenn man im Schwimmbad ist“, so Laure Mériaud.

Dabei kommt das Holz dieser Schwimmhalle zu einem großen Teil aus dem Elsass, nahe der deutschen Grenze, wo es auch zusammengebaut wurde. Nach dem Lego-Prinzip haben die Architekten einen Zusammenbau der vorgefertigten Einzelteile in Saint-Denis geplant. Im Zentrum der Debatte steht nicht nur Holz als Baustoff, sondern auch die Herkunft des Baumaterials. Es stammt aus einem nachhaltig bewirtschafteten Wald. Mit seinen natürlichen Isolierungseigenschaften und der kohlenstoffspeichernden Funktion ist Holz somit ein nachhaltiges, umweltfreundliches Baumaterial.

In der Olympischen Schwimmhalle in Saint-Denis bietet das Holz Wärme, Farbe und sogar einen Duft. Visual Credits : Paris 2024 / MGP / Architectes : VenhoevenCS & Ateliers 2/3/4/ Image: Proloog
In der Olympischen Schwimmhalle in Saint-Denis bietet das Holz Wärme, Farbe und sogar einen Duft. Credits: Paris 2024 / MGP, Architectes: VenhoevenCS & Ateliers 2/3/4/, Image: Proloog

Soziale Nachhaltigkeit mitgedacht

Und auch in den anderen olympischen Projekten von Paris spielt nachhaltiges Holz eine wichtige Rolle. So müssen etwa alle Gebäude im Olympischen Dorf, die weniger als acht Stockwerke haben, komplett aus Holz bestehen. Auch für höhere Gebäude soll das Material bevorzugt werden. Die Energie, die das Dorf versorgt, soll auch erneuerbaren Quellen kommen und mit Wärmepumpen verteilt werden.

Darüber hinaus denkt Paris auch an die soziale Nachhaltigkeit: Saint-Denis ist eine industrielle Gegend von Paris, in der viele soziale Probleme vorherrschen. Aber indem die Veranstalter der Spiele sowohl die ikonische Schwimmhalle als auch das Olympische Dorf in diesem Stadtteil ansiedeln, erhoffen sie sich einen nachhaltigen Wandel. Schon jetzt siedeln sich bekannte Medien- und Serviceunternehmen in Saint-Denis an, um im Zentrum des Geschehens zu sein. Dieses Zentrum soll auch nach den Olympischen Spielen weiterhin positive Auswirkungen haben. Sowohl die Schwimmhalle als auch das Olympische Dorf sollen bestehen bleiben und für die Bewohnerinnen und Bewohner von Saint-Denis nutzbar gemacht werden.

Holz dominiert auch das Olympische Dorf und soll die Nutzung der neuen Strukturen nach den Olympischen Spielen ermöglichen. Credit: Paris 2024 /Solideo, Antonin Ziegler, Dominique Perrault / Ingérop / Une Fabrique de la Ville / VITEC / Agence TER / UrbanEco / Jean-Paul Lamoureux, PHILIPPON – KALT / INDDIGO / AEU / INUITS - Non-contractual visual

Pionier bei der Nutzung ökologischer Materialien

Mit dem Ansatz des nachhaltigen Holzbaus sowie der Idee, lieber Gebäude zu reparieren als neu zu errichten, möchte Frankreich die Olympischen Spiele als Sprungbrett für eine grüne Transformation der Bauindustrie nutzen. Das Ziel besteht darin, den Kohlenstoff im Baubereich zu reduzieren. In diesem Sinne sollen im ganzen Land bestehende Strukturen für verschiedene Zwecke nachgerüstet werden. Zudem sollen die Spiele als Showcase-Beispiel zeigen, wie Holz im Neubau eingesetzt werden kann.

Damit leistet Frankreich einen wichtigen Beitrag zu dem Ziel der EU, bis 2030 die Emissionen in der Region um 55 Prozent zu senken. Schon im Jahr 2020 gab es einen Vorschlag für ein Gesetz, laut dem alle neuen öffentlichen Gebäude mindestens zur Hälfte aus Holz oder anderen ökologischen Materialien bestehen müssen. Dieses setzte sich leider nicht durch, zeigt aber, dass das Thema in unserem Nachbarland sehr wichtig ist. Zwar ist die französische Holzbauindustrie nicht so weit fortgeschritten wie etwa die in Österreich und in Deutschland, aber in der Nutzung ökologischer Materialien hat Frankreich die Nase vorn. Die Unterstützung der Regierung sowie die Leuchtturmwirkung der Olympischen Spiele werden dazu beitragen, dass Holz als nachhaltiges Baumaterial in die Schlagzeilen kommt.

Mehr über aktuelle Holzbauprojekte lesen Sie hier.

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