Der bekannteste Architekturpreis der Welt geht 2023 an David Chipperfield. Die Jury zeichnet damit einen Architekten aus, dessen überzeugendste Leistungen oft im geistvollen Zusammenspiel mit dem Bestand ihre Wirkung entfalten.
David Chipperfield hat den Pritzker-Preis 2023 zugesprochen bekommen. Damit hat die Jury fraglos einen würdigen Preisträger benannt. Der britische Architekt hat einige der bemerkenswertesten Bauten des 21. Jahrhunderts geplant und dabei oft ein Feingefühl an den Tag gelegt, das ihm in der Fachwelt höchste Anerkennung eingetragen hat. Nicht grundlos hat BAUMEISTER 2016 eine Curated-Ausgabe zusammen mit David Chipperfield Architects herausgebracht.
Enormes Geschick im Umgang mit historischem Bestand
Chipperfield und seine Mitarbeiter haben über die Jahre ein enormes Geschick im Umgang mit bedeutendem historischem Bestand und herausfordernden städtebaulichen Situationen entwickelt. Das gilt für die Erweiterung des Literaturarchivs in Marbach, hoch über dem Neckartal, wo Chipperfield einen schlanken Tempelbau errichtete, der Bezug auf die Weimarer Klassik ebenso nahm wie auf Klenzes Walhalla.
Das gilt ebenso für die James Simon-Galerie auf der Berliner Museumsinsel, die das Kunststück vollbringt, an die klassizistische Tradition Schinkels und seiner Schule in vielerlei Beziehung anzuknüpfen und gleichzeitig jedes falsche Pathos an diesem sensiblen Ort zu vermeiden. Und: 2020 den DAM-Preis bekommen hat. (Übrigens der zweite DAM-Preis für das Büro.) Die Wiederherstellung des Neuen Museums und die Renovierung der Neuen Nationalgalerie Berlin zeigen zwei unterschiedliche Facetten von Chipperfields Arbeit. Während er am im Zweiten Weltkrieg zerstörten Stüler-Bau auf der Museumsinsel selbstbewusst im Sinne eines Hans Döllgast weitergebaut hat, sind seine Eingriffe an Mies van der Rohes Spätwerk am Kulturforum fast nicht spürbar.
„Stararchitekt“
Chipperfields Handschrift fiel nie durch die Penetranz auf, die gemeinhin mit dem Begriff „Stararchitekt“ verbunden wird. Die Lösungen lassen die intensive Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Ort, der speziellen Bauaufgabe erkennen. Auch wenn, gerade in Deutschland, seine Arbeit häufig mit klassizistischen Anklängen in Verbindung gebracht wird, so gilt das nur für einen Teil seines Œuvres. Museumsbauten wie das Essener Folkwang-Museum, das Hepworth Wakefield oder das Museo Jumex in Mexiko-Stadt sind Architekturen, die ausschließlich in der Tradition der Moderne stehen. Die Erweiterung des Kunsthaus Zürich mit seiner Rasterfassade zitiert sein Vis-à-vis aus den späten Fünfzigerjahren. Die stilistische Breite in der Arbeit von David Chipperfield Architects hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass die Büros in London, Berlin, Mailand und Shanghai durchaus jeweils eigene Akzente setzen dürfen. Gerade das Londoner und das Berliner Studio gehen, bei allen Gemeinsamkeiten, stilistisch durchaus eigene Wege. Es ist die enorme Qualität in Planung und Ausführung, die jedoch beide wieder miteinander verbindet.
Mehr Projekte von David Chipperfield Architects finden Sie bei uns hier. Aber auch hier: Unsere Restauro-Chefredakteurin Ute Strimmer blickt auf das Schaffen des Museumsarchitekten David Chipperfield.
An Architekt Francis Kéré ging der Pritzker-Preis 2022. Mit Kéré wird ein Architekt geehrt, der in den vergangenen zwei Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag nicht nur zur afrikanischen Baukultur geleistet hat.