24.06.2019

Gewerbe

Industriebauten in Leipzig: Die Konsumzentrale

Foodhallen in Rotterdam


Die Konsumzentrale heute

Unser Baumeister-Academy Gewinner Ansgar Stadler absolviert sein Praktikum bei SchulzundSchulz Architekten in Leipzig. Um seinen neuen Wohnort zu entdecken, besucht er jeden Monat ein ehemaliges Industriegebäude. Letzten Monat schrieb er für uns über die Baumwollspinnerei. Diese Woche widmet er sich der Konsumzentrale von Fritz Höger.

Wie ein Ozeandampfer liegt die Konsumzentrale unweit des Karl Heine Kanals im Leipziger Stadtteil Plagwitz. Der Architekt Fritz Höger erbaute den Gebäudekomplex von 1929 bis 1932. Nähert man sich entlang des ehemaligen Schienennetzes dem Baudenkmal, taucht eine eindrucksvolle Ziegelfassade aus der grünen Umgebung auf. Das von weitem sichtbare, abgerundete Kopfende des Staffelgeschosses erinnert an die Kommandozentrale eines Schiffes und ist nur eines der vielen maritimen Zitate Högers.

Die Konsumzentrale wurde 1929 als Hauptsitzt für die Leipziger Konsumgesellschaft, einer Verbrauchergenossenschaft die bis heute Supermärkte betreibt, erbaut. Um einen gemeinsamen Innenhof gruppieren sich mehrere Gebäude. Neben dem repräsentativen Verwaltungsbau mit einer Bankfiliale, gab es auch ein Werkstattflügel für die vereinseigenen Handwerksbetriebe der Konsumgesellschaft und ein großes Lagerhaus, um die Waren aufzubewahren.

Herrschte in Högers Gesamtwerk sonst der „Backsteinexpressionismus“ vor, so ist die Konsumzentrale zusätzlich von der neuen Sachlichkeit beeinflusst. Bei der Gestaltung legte er großen Wert auf Funktionalismus. Die Gebäude sind als Stahlbetonskelettbau konstruiert. Die Klinkerfassaden sind von bandartig gereihten Fenstern geprägt.

Das maritime Thema hatte Höger bereits erfolgreich bei seinem berühmtesten Werk, dem Chilehaus in Hamburg angewandt. Auch hier, in Leipzig, taucht es in vielen Details wieder auf: Die goldenen Streifen des Eingang Portals ähneln den Ärmelstreifen einer Kapitänsuniform. Die türkisfarbenen, zweifach gebrannten Majolika Fließen im Eingangsbereich und Treppenhaus sollen an die Wasserflächen erinnern. Das Geländer des Treppenhauses ist von der Reling eines Schiffes inspiriert.

Das turmartig hervorgehobenes Treppenhaus mit abgerundeten Ecken akzentuiert die Straßenansicht. Die Schüsselglasscheiben erinnern an die Fenster eines Ozeandampfers.
Das repräsentative Treppenhaus befindet sich im Originalzustand und wurde zur Expo 2000 komplett aufgearbeitet.

Potentiale für die Zukunft

 

Heute ist die Konsumzentrale noch immer Verwaltungssitz der Konsumgenossenschaft, die von hier die Geschicke der Supermarktfilialen lenkt.

Zwischenzeitlich leerstehende Räume wurden wieder in Stand gesetzt und an eine Vielzahl anderer Unternehmen vermietet. Die beiden großen Säle des Staffelgeschosses kann man für Veranstaltungen buchen.

Heute schon ist das Publikum der Konsumzentrale vorwiegend jung. Man hört Menschen plaudern, die Geräusche eines Tischtennisspiels schallen durch die Gänge. Die Mieterschafft besteht aus einer heterogenen Mischung aus Start Ups, Unternehmen der Medienbranche aber auch einer klassischen Institution wie dem Sächsische Wirtschaftsarchiv.

Hatten die Betreiber früher noch Schwierigkeiten die Räume zu Vermieten so gibt es heute Wartelisten – Arbeiten in der Konsumzentrale ist begehrt geworden. Für die Zukunft ist aber noch viel mehr geplant.

Das eingeschossige Lagergebäude soll durch einen modernen Bau auf fünf Stockwerke erweitert werden. Höger hatte schon 1929 beim Bau die Gründung für eine spätere Aufstockung ausgelegt.

Das momentan leerstehende, mehrgeschossige Lagergebäude soll in moderne Büros umgewandelt werden. Dafür ist eine Öffnung der Fassade zur Südseite hin vorgesehen, um den 21 Meter tiefen Raum zu belichten. Über die Maßnahmen wird derzeit noch mit dem Denkmalschutz diskutiert. Früher hatten die oben angeordneten Fensterbänder ausgereicht um die gelagerten Waren zu belichten.

Auch wenn diese Maßnahmen noch in der Zukunft liegen, so zeigen sie das Potential des Komplexes und wie spannend eine Auseinandersetzung damit sein kann. Daher verwundert es nicht, dass hier auch schon Architekturstudenten der Bauhausuniversität Weimar planten.

Alle Bilder: Ansgar Stadler

Die Baumeister Academy ist ein Praktikumsprojekt des Architekturmagazins Baumeister und wird unterstützt von GRAPHISOFT und der BAU 2019.

Scroll to Top