17.08.2022

Öffentlich

Coachella Playground, soziales Raumnetz für die Freiheit

Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.
Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.

Für das Kunst- und Musikfestival Coachella im kalifornischen Indio hat das Design- und Forschungsbüro Architensions aus New York und Rom den Coachella Playground, einen Spielplatz entworfen und realisiert. Er hat eine Fläche von fast 2.000 Quadratmetern und ist als Ort kollektiven Lebens und Erlebens gedacht. Ein bühnenartiges Fragment in einer Stadt könnte er sein, bei der die Spielenden Beobachter und Akteure zugleich sind. Ein Prototyp für eine neue Definition von Stadtraum, in dem spielerisch Freizeit verbracht werden kann?

Das Labor

Architensions ist ein architektonisches Designstudio, das als Forschungsagentur unter der Leitung des Architekten Alessandro Orsini und des Musikers und Designers Nick Roseboro in Rom und New York arbeitet. Ihr Ansatz ist interdisziplinär: Themen und Projekte sind in der Architektur, dem Design und der Stadtplanung angesiedelt. Die Arbeitsweise liegt auf der Schnittstelle von Theorie, Praxis und Wissenschaft. Architektur wird als Netzwerk mit politischem und sozialem Kontext verstanden, die Stadt als komplexer Organismus sozialer, staatsbürgerlicher und spielerischer Einsätze in einer sich ständig verändernden Realität. Die Ergebnisse sollen vor allem auch die Möglichkeiten für eine zeitgenössische und lebenswerte Stadt aufzeigen. Ästhetische Gestaltungsmittel sind oftmals diskrete Geometrien und Raster wie bei dem Playground für das Coachella-Festival.

Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.
Fotos: Lance Gerber
Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.

Struktur des Coachella Playground

Der Spielplatz hat einen raumgreifenden Grundriss mit geometrischer und organischer Linienführung. Auf der Höhenentwicklung und den Verbindungen der filigranen, zwischen 13 und 18 Meter hohen Stahlgerüsttürme liegt der Akzent der Installation. Die Formen verweisen auf urbane städtische Typologien für die Freizeitgestaltung wie Plätze, Theater, Parks und Arkaden. Die vertikale Anordnung und die Gitterstruktur geben der aus verschiedenen Formen konstruierten Installation eine grundsätzliche Ordnung. Es könnte eine Stadtlandschaft sein. Dabei schaffen die Raster eine gemeinsame Basis und geben einen offenen Raum, der sich gegen die Isolation stellt.

Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.
Fotos: Lance Gerber
Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.

Farbspektrum des Spielplatz

Die Farbgebung setzt auf Lebendigkeit: Das Grundspektrum ist Gelb, Magenta und Cyan. Das vertikale Gitter ist in Gelb und Magenta gefasst, die Piazza mit den geschwungenen Strukturen in Cyan. Die übrigen Volltonfarben stammen aus den Nachbarschaften der drei Grundfarben oder sind eine dichroitische Folie dieser. Andere Flächen sind mit Spiegelglasfolie verkleidet.

Während die Türme statisch sind, laden die Farben und Formen zur visuellen Interaktion ein. Die Materialien reagieren auf Sonnenstrahlen, die dichroitische Folie projiziert Farben auf den Boden, die Spiegelglasfolie reflektiert die Umgebung und das Licht. Die Höhe, die Anordnung und das Raster der Türme werfen je nach Sonnenstand Schatten auf den Boden zwischen den Türmen. Brücken definieren den Zwischenraum, blaue geschwungene Bänke auf Bodenhöhe verbinden die Türme und formen die „Piazza“ aus. Diese bietet, wie aus den Städten Italiens bekannt, Raum für die Kommunikation und ist zugleich die Bühne des täglichen Lebens. Hier kann freie Zeit verbracht werden, die nicht an Kommerz oder digitale Interpolation gebunden ist.

Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.
Fotos: Lance Gerber
Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.
Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.

Vorbilder: Constant Nieuwenhuys und Aldo Rossi

Die Idee für den Coachella Playground leitete Architensions von dem utopischen Lebens-Entwurf „New Babylon“ des niederländischen Malers Constant Nieuwenhuys aus den Jahren 1959/1960 ab. Er beruhte auf der Idee des Homo Ludens, des spielerisch lebenden Menschen. Constant hatte eine Infrastruktur für eine postindustrielle Gesellschaft entwickelt, die als Gegenentwurf zur existierenden „utilitaristischen“ Gesellschaft gedacht war. Allerdings fasste Constant dies nicht als ein Projekt der Stadtplanung auf, sondern als eine Art des Denkens und eine Art der Blickweise auf das Leben. Architensions hat von seiner Idee den Gedanken eines Gesellschaftsmusters übernommen, das in einem permanent wandelnden Spiel eingebunden ist.

Für Alessandro Orsini von Architensions korrespondiert der Coachella-Playground auch mit einem der spannendsten Projekte, die Aldo Rossi geschaffen hat. „Der Playground schafft in Analogie zu Aldo Rossis ‚Il teatro del Mondo‘ eine theaterähnliche Umgebung, in der Menschen in einer Art Performance interagieren können. Er bietet die Möglichkeit, einen Freizeitraum ohne den Einsatz von Technologie zu erleben, indem man einfach mit dem Raum und seiner Materialität interagieren kann“, so Orsini. Rossi hatte sein „Teatro del Mondo“ aus Strahlrohr mit Holzverschalung 1979-1980 für die Theater- und Architekturbiennale in Venedig geschaffen. Der Clou? Es war eine schwimmende Architektur mit Platz für 400 Zuschauer um eine Zentralbühne herum, so wie es in den lebendigen elisabethanischen Theatern üblich gewesen ist. Installiert werden konnte es überall, wo es Wasser gab, so wie der Playground von Architensions, der nur ein Fleckchen Erde benötigt.

Entwürfe: Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.
Entwürfe: Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.
Entwürfe: Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.
Entwürfe: Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.
Entwürfe: Playground von Architensions für das Coachella-Musikfestival. Foto: Lance Gerber.
Entwürfe

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