07.08.2023

Wohnen

Skulpturales Bauen – Wohnhaus in Aarau

Einfamilienhaus Holz
Das Architekturbüro Gautschi Lenzin Schenker realisierte eine bewohnbare Großskulptur aus Holz. Foto: © Rasmus Norlander
Das Architekturbüro Gautschi Lenzin Schenker realisierte eine bewohnbare Großskulptur aus Holz. Foto: © Rasmus Norlander

Das Schweizer Architekturbüro Gautschi Lenzin Schenker stellte 2022 im schweizerischen Aarau eine bewohnbare Großskulptur aus Holz fertig. Das dreigeschossige Wohnhaus stellt die gewöhnlichen Gepflogenheiten des Einfamilienhausbaus auf den Kopf. Sowohl die Anordnung der Räume als auch die Formensprache, der man eigentlich ein Betongebäude zuordnen würde, fallen aus der Norm.


Skulpturale Gesamtform

Das Grundstück des Wohnhauses an der Tannerstraße grenzt dreiseitig an die Landwirtschaftszone und liegt leicht erhöht am Rande eines Bebauungsschildes. Die Lage verleiht dem Bauplatz eine Weite, die Gautschi Lenzin Schenker in ihr architektonisches Konzept übertragen. Das Wohnhaus samt seiner Umgebungsgestaltung ist Teil des großzügigen, erhabenen Landschaftsraums. Die Architekten schafften einen zweigeschossigen Baukörper mit Attika, der auf dem zurückgesetzten Erdgeschoss mit seitlich angebauter Garage thront. Durch das Zusammenspiel der Baukörper entsteht eine für einen Holzbau untypische, skulpturale Gesamtform.

Die Prägnanz dieser Kubatur arbeiten Gautschi Lenzin Schenker durch den Verzicht auf Gartenmauern, Bepflanzungen und sonstige Einfriedungen heraus, sie lassen die Auskragungen des Baukörpers für sich sprechen, die die Weite der Landschaft tangieren. Die Auskragungen sowie die im Winkel angebaute Garage lassen vor dem Erdgeschoss einen hofähnlichen Außenbereich und einen überdachten Freisitz entstehen.

Foto: © Rasmus Norlander
Die Architekten verzichteten auf Mauern und sonstige Einfriedungen. Fotos: © Rasmus Norlander
Foto: © Rasmus Norlander

Ausblick auf Wald und Wiesen

Im zurückgesetzten Erdgeschoss befindet sich das offen gestaltete Elternschlafzimmer mit einem kleinen Arbeitsbereich und einem Badezimmer. Für eine Abgrenzung von diesem intimen Bereich zum Eingang sorgt ein Niveauversatz um eine Stufe, die gleichzeitig die sanfte Einbettung des Erdgeschossbaukörpers in die das zweiseitig ansteigende Gelände vereinfacht. Im weit auskragenden Obergeschoss befindet sich das Wohnzimmer der Familie. Dieses ist großzügig verglast und bietet einen schönen Weitblick in die umgebende Landschaft aus Wald und Wiesen. Ebenso befinden sich auf dieser Etage die beiden Kinderzimmer. Diese liegen an den beiden Stirnseiten des Gebäudes und bieten durch die raumhohe Verglasung ebenso einen großzügigen Ausblick. Ein weiteres Badezimmer komplettiert das Raumangebot im Obergeschoss.

Foto: © Rasmus Norlander
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Terrasse im Attikageschoss

Auf der obersten Etage, dem Attikageschoss, befindet sich der Koch- und Essbereich. Die exponierte Lage erfüllt den Wunsch der Bauherren nach einem hohen Grad an Privatheit sowie einem vielseitig nutzbaren Außenraum. Der Koch- und Essbereich bietet zu beiden Seiten Zugang zu großen Dachterrassen. Von hier aus wird die Aussicht der Gebäudeskulptur auf die umliegende Landschaft maximal in Szene gesetzt. Im Inneren verbindet ein Luftraum den Wohn- mit dem Essbereich und auch über die Erschließung schaffen Gautschi Lenzin Schenker Blickbeziehungen zwischen den Geschossen. Die drei Etagen verbindet eine einläufige Kaskadentreppe, die schon beim Betreten des Hauses an der Tannerstraße den Blick durch die besondere Raumabfolge bis zur Terrasse im Attikageschoss freigibt.

Foto: © Rasmus Norlander
Die Terrasse im Attikageschoss. Fotos: © Rasmus Norlander
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Schwarz gestrichenes Weißtannenholz

Für die Tragstruktur der bewohnbaren Großskulptur am Waldrand verwendeten die Architekten in Absprache mit den Tragwerksplanern von Konstruktiv Ingenieure und Planer das Bausystem „Holzpur“. Dieses ermöglicht einen leimfreien Aufbau, der ebenso für die Brettstapeldecken, die Kücheneinrichtung und sämtliche Schreinerarbeiten gewählt wurde. Gautschi Lenzin Schenker wählten für die meisten Bauteile einheimisches Zentralschweizer Weißtannenholz, das in den Innenräumen gelaugt und geseift und für die Fassade schwarz gestrichen wurde. Auch die Fensterrahmen sind aus Weißtanne gefertigt, lediglich für die Treppen und Podeste sowie für Sitzbänke, Sideboard und Arbeitstisch im Gebäudeinneren verwendeten die Architekten Eschenholz. Zusammen mit dem massiven Kalkboden wird ein angenehmes, baubiologisch hochwertiges Raumklima und eine nachhaltige Bauweise erreicht.

Foto: © Rasmus Norlander
Auch in den Innenräumen wurde auf Weißtannenholz gesetzt. Fotos: © Rasmus Norlander
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Neue Wege des Holzbaus

Das Wohnhaus an der Tannerstraße zeigt neue Wege des Holzbaus auf und beweist, dass er Massivbauten in keinster Weise nachsteht. Die Experimentierfreude der Bauherren, das Raumprogramm auf unkonventionelle Art und Weise umzusetzen, die Anzahl der Räume zu reduzieren und diese Abstraktion in die Außenanlagen zu übertragen, legt den Grundstein dafür, das Wohnhaus zur Skulptur zu machen. Die Konsequenz im architektonischen Konzept von Gautschi Lenzin Schenker vollendet die lehmfreie Wohnskulptur.

Foto: © Rasmus Norlander
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Über das Architekturbüro

Andreas Gautschi, Dominik Lenzin und Philipp Schenker gründeten 2011 das Architekturbüro Gautschi Lenzin Schenker in Aarau. Inzwischen umfasst das Team rund zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum breiten Spektrum der Bauaufgaben des Büros zählen kleinere An- und Umbauten, Einfamilienhäuser wie das Haus an der Tannerstraße, Geschäftshäuser, Schulen und Mehrzweckhallen.

Eine schwarze Fassade hat auch das Haus Iglasee im niederösterreichischen Perchtoldsdorf von Bernardo Bader Architekten.

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