23.06.2021

Wohnen

Thomas Kröger baut in München: Stadtreparatur und Trophäenblick

München
Blick in den ersten Hof. Foto: Philipp Obkircher
Blick in den ersten Hof. Foto: Philipp Obkircher

Thomas Kröger hat am Münchner Isarufer ein luxuriöses Mehrfamilienhaus errichtet. Dem Architekten ging es bei seinem Entwurf aber weniger um Prunk, als um den feinfühligen Dialog mit der historischen Nachbarbebauung.

Foto: Philipp Obkircher
Hofansicht Vorderhaus. Foto: Philipp Obkircher

Wohnen mit Blick auf die Isar

Der Blick von der Dachterrasse des Neubaus ist eindrucksvoll. Zur einen Seite blickt man auf die Isar, die vor dem Haus fließt, zur anderen auf die berühmte Münchner Stadtsilhouette mit Altem Peter, Frauen- und Theatinerkirche. Das Duplex-Penthouse, zu der die Terrasse gehört würde man in den USA wohl als „trophy home“ bezeichnen. Verkauft ist die Wohnung übrigens bereits, ebenso wie mit einer Ausnahme alle anderen Einheiten des Projektes Erhardtstraße 10. Gerade wird noch der Innenausbau gemäß den Wünschen des neuen Besitzers fertiggestellt. Er wird zukünftig die Aussicht durch die doppelstöckige Fensterwand genießen können, über die Architekt Thomas Kröger ein halbtransparentes Dach aus Kupferlamellen gelegt hat. Große wellenförmige Öffnungen, die aus der Ferne wie Gauben wirken, inszenieren den Blick auf die Isar.

Foto: Philipp Obkircher
Ansicht von der Erhardtstraße. Fotos: Philipp Obkircher
Foto: Philipp Obkircher

Mit Erker und Ornament

Die Dachlandschaft aus Kupfer ist ein Element, mit dem Kröger sein Haus in die Uferzeile mit ihren späthistoristischen und jugenstiligen Fassaden einpasst. Ein weiteres ist der gewaltige und ausladende Erker, mit dem der Architekt die Straßenfassade zu einer Seite hin abschließt. Darüber hinaus zeigt das Haus in seinen Details viel Freude am Dekorativen, die es mit der Nachbarbebauung teilt. Am augenfälligsten ist die Fassadenbemalung, eine Art mehrfarbiges Zackenband, das sich über alle Wandflächen zieht. Kröger spielt damit auf die in München bis in die Fünfzigerjahre weit verbreiteten Sgraffito- und Wandmalereien an, die offenbar gerade eine kleine Renaissance erleben – auch Hild und K haben ihr vor Kurzem fertiggestelltes Geschäftshaus an der Weinstraße aufwendig malerisch schmücken lassen (vgl. Baumeister 5/2021).

Foto: Philipp Obkircher
Detail des Daches. Foto: Philipp Obkircher

Im runden Hinterhof

Natürlich war Kröger gehalten, das tiefe und unregelmäßig geschnittene Grundstück bestmöglich auszunutzen. So staffeln sich nun hinter dem Vorderhaus zwei weitere Querbauten samt Seitenflügeln. Den vorderen der beiden Innenhöfe überfängt ein Dach mit einem gewaltigen kreisrunden Ausschnitt – ein Element, das sowohl an ein überdimensionales Opaion als auch an runde Höfe, wie man sie etwa von der Villa Farnese in Caprarola kennt, erinnert. Dieser Hof setzt die Raumsequenz, die im Foyer des Hauses beginnt und anschließend einige Stufen hinab führt, effektvoll fort. Nach Krögers eigenem Bekunden standen die großbürgerlichen Mehrfamilienhäuser Mailands aus den Fünfzigerjahren mit ihren noblen Entrees für diese Lösung Pate.

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Erkerraum zur Isar. Foto: Philipp Obkircher
Foto: Philipp Obkircher
Maisonettewohnung. Foto: Philipp Obkircher

Bürgerlichkeit für Millionen

Die Treppenhäuser fallen dagegen klein aus. Viel Schwarz trägt zudem dazu bei, diese Bereiche des Hauses etwas unterdimensioniert erscheinen zu lassen. Bei den größeren Wohnungen im Vorderhaus führt der Aufzug allerdings direkt bis in den Eingangsbereich, so dass das Treppenhaus hier eher die Rolle des Flucht- als des Erschließungswegs übernimmt. Die Wohnungen im ersten Hinterhaus sind teils komplex geschnitten und werden durch die zwei Höfe sowie weitere Lichtschächte erhellt. Die Grundrisse zeugen hier vom Verwertungsdruck, der unübersehbar bei der Planung eine Rolle spielte.

Foto: Philipp Obkircher
Zweiter Hof. Foto: Philipp Obkircher

Trotz dieses Vorzeichens und trotz des herausfordernd geschnittenen Grundstücks ist es Thomas Kröger dennoch fraglos gelungen, ein wohlgestaltetes und sich harmonisch in das Stadtbild einfügendes Gebäude zu entwerfen. Es strahlt eine selbstsichere und behagliche Bürgerlichkeit aus, die man sich auch an anderer Stelle wünschen würde. Kaum mehr als bürgerlich sind dagegen die Kaufpreise der Wohnungen zu bezeichnen, die im Vorderhaus einen mittleren einstelligen Millionenbetrag kosten – respektive gekostet haben, denn wie bereits zu Beginn erwähnt ist nur noch eine letzte Wohnung zu haben.

Apropos teuer Wohnen: das Gegenteil hat der Architekt Jean-Christophe Quinton mit seinem Pariser Wohnhaus aus Sandsteinfassade realisiert, das Sozialwohnungen beherbergt. 

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