30.03.2022

Architektur Wohnen

Wohnhaus in Paris von Jean-Christophe Quinton

Jean-Christophe Quinton: 12
RUE JEAN-BART, PARIS, FOTO: JEAN-CHRISTOPHE QUINTON ARCHITECTE

Im gediegenen 6. Arrondissement auf der Rive Gauche, dem linken Pariser Seineufer, hat der Architekt Jean-Christophe Quinton ein Wohnhaus mit einer aufwendig gestalteten Sandsteinfassade errichtet. Was nach Luxusobjekt aussieht beherbergt in Wirklichkeit Sozialwohnungen, die die Stadt Paris hat bauen lassen.

 

Jean-Christophe Quinton: 12
Jean-Christophe Quinton: 12, rue Jean-Bart, Paris, Foto: Jean-Christophe Quinton architecte

 

Ein Wohnhaus in Paris ruft natürlich sofort das Bild der Haussmann-Fassaden des 19. Jahrhunderts wach. Jeder Architekt, der in der Pariser Innenstadt baut, muss einen Standpunkt zu diesem Typus einnehmen. Setzt er sich radikal davon ab? Nähert er sich ihm an? Vor dieser Frage stand auch der Architekt Jean-Christophe Quinton, der vor der Aufgabe stand, ein Haus im sechsten Pariser Arrondissement zu bauen. Die Rue Jean-Bart ist eine schmale Wohnstraße, nur einen Steinwurf entfernt vom Jardin du Louxembourg. Gertrude Stein wohnte hier direkt um die Ecke. Die Bebauung ist heute reichlich heterogen. Historismus, Art déco aber auch mehr oder minder gelungen Nachkriegsarchitektur steht hier nebeneinander. Jean-Christophe Quinton entschied sich dafür, in Materialität, Kubatur und Gliederung klar den Bezug zum klassischen Pariser Wohnhaus herzustellen. Die Formensprache ist jedoch eindeutig zeitgenössisch.

 

Jean-Christophe Quinton: 12, rue Jean-Bart, Paris, Foto: Jean-Christophe Quinton architecte

 

Der Bau, der acht Wohnungen aufnimmt, verfügt auch über insgesamt acht Stockwerke. Dabei treppen die oberen drei Etagen in der Art von Attikageschossen ab. Das stellt nicht nur die Beziehung zum Nachbargebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert her, es verleiht der dreiachsigen Fassade auch angenehme Proportionen und eine gewisse Zierlichkeit. Darüber hinaus gliedert die Materialwahl den Neubau in die Umgebung ein. Denn Jean-Christophe Quinton entschied sich für einen hellen Sandstein, wie er für Paris so typisch ist. Die präzise gefertigten Platten stoßen mit schmalen Fugen aneinander.

 

Jean-Christophe Quinton: 12, rue Jean-Bart, Paris, Foto: Jean-Christophe Quinton architecte
Jean-Christophe Quinton: 12, rue Jean-Bart, Paris, Foto: Jean-Christophe Quinton architecte

Jean-Christophe Quinton baut Sozialwohnungen wie Luxusapartments

 

Die qualitätvollen Steinarbeiten brauchen den Vergleich mit der vormodernen Nachbarschaft nicht zu scheuen. Anstatt jedoch mit klassischer Bauornamentik gliedert Jean-Christophe Quinton seine Fassade mit einer mit sanften Eintiefungen in drei vertikale Abschnitte. Dabei springt der schmalere Mittelabschnitt geringfügig vor, die Seitenabschnitte laufen leicht diagonal an ihn heran. Dadurch, dass alle drei Abschnitte jedoch konkav eingezogen sind, fällt diese Grunddisposition nicht sofort ins Auge. Die zarten Grate zwischen den konkaven Flächen sind wunderbar ausgearbeitet. Im Erdgeschoss laufen sie in zwei Nischen aus, so dass die Fassade hier insgesamt sogar fünf Schwünge ausbildet. In den Attikageschossen sind die drei Fassadenschwünge dagegen bewegter als in den unteren Etagen, so dass das Haus nach oben noch an Dramatik gewinnt.

 

Jean-Christophe Quinton: 12, rue Jean-Bart, Paris, Foto: Jean-Christophe Quinton architecte

 

Was nach einer Residenz für Millionäre klingt beherbergt in Wahrheit sozial geförderte Wohnungen. Die Immobilienverwaltung der Stadt Paris RIVP hat das Projekt als Wettbewerb 2016 ausgeschrieben, den Jean-Christophe Quinton Architekten gewannen. 2017 begannen die Bauvorbereitungen. Im September 2021 war das Haus fertiggestellt. Das Gebäude hat eine Gesamtfläche von 550 Quadratmetern. Im Erdgeschoss soll zukünftig ein Kindergarten einziehen. Die Wohnungen in den Geschossen darüber lassen flexible Aufteilungen zu. Trotz der überschaubaren Größe sind bei einigen der Wohneinheiten bis zu vier abgetrennte Räume realisierbar.

 

Jean-Christophe Quinton: 12, rue Jean-Bart, Paris, Foto: Jean-Christophe Quinton architecte
Jean-Christophe Quinton: 12, rue Jean-Bart, Paris, Foto: Jean-Christophe Quinton architecte

 

Noch mehr Paris: Auch das österreichische Büro Baumschlager Eberle hat an der Seine vor kurzem einen Wohnbau errichtet. 

 

Jean-Christophe Quinton: 12, rue Jean-Bart, Paris, Foto: Jean-Christophe Quinton architecte

 

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