12.05.2023

Wohnen

„T42“ von Pedro y Juana: Ein Wohnkomplex für Mexiko-Stadt

Fassade Nachhaltigkeit
Das neue Wohngebäude „T42“ in Mexiko-Stadt glänzt mit einer auffälligen Fassade. Foto: © LGM Studio

Das Architekturstudio Pedro y Juana hat in Mexiko-Stadt ein historisches Gebäude in einen modernen und respektvollen Wohnkomplex umgestaltet. Denn das „T42“ hat nun fünf Wohnungen und ergänzt den komplexen Kontext in der Innenstadt, indem es kulturelles Erbe und Nachverdichtung miteinander abwägt. 


Eine lebenswerte, lokal authentische Architektur

Die mexikanische Architektin Ana Paula Ruiz Galindo und der deutsche Architekt Mecky Reuss haben mit dem Studio Pedro y Juana ein Gebäude in Mexiko-Stadt umgestaltet. Im zentralen Bezirk Juárez gelegen, stammt der Komplex aus dem 20. Jahrhundert und stand lange Zeit leer. Aber angesichts des Bedürfnisses von Mexiko-Stadt, neuen Wohnraum zu schaffen und bestehende Gebäude zu verdichten, haben die Architekten eine innovative Lösung gefunden. Daraus entstand das als „T42“ betitelte Objekt und ist eine moderne Anlage mit fünf Wohnungen. Dabei legten Ruiz Galindo und Reuss großen Wert darauf, eine lebenswerte und lokal authentische Architektur umzusetzen.

Foto: © LGM Studio
Der historische Bestandsbau wurde mit verschiedenen Anbauten am hinteren Ende ergänzt, wobei die denkmalgeschützte Fassade erhalten blieb. Foto: © LGM Studio

Ein erweitertes Hofhaus

Während das „T42“-Gebäude auf der namensgebenden Straße Turin einem traditionellen Hofhaus nachempfunden ist, ist es vier Stockwerke hoch und somit etwas höher als das bestehende Gebäude. Dies war möglich, indem die Architekten die denkmalgeschützte Fassade intakt ließen und nach hinten hin einen neuen Anbau ergänzten. Des Weiteren haben die Wohnungen in dem Gebäude haben geradlinige Übergänge ins Freie, um Licht hereinzulassen.

Foto: © LGM Studio
Die Farbe orange ist ein wiederkehrendes Motiv bei dem Design der Innenräume.
Foto: © LGM Studio
Vulkangestein sorgt für einen haptischen Kontrast zwischen Innen und Außen.

Gentrifizierung in Mexiko-Stadt

Der Wohnkomplex musste eine schwierige Balance zwischen dem kulturellen Erbe des Stadtteils und den aktuellen Bedürfnissen von Mexiko-Stadt finden. Denn insbesondere die Gentrifizierung durch digitale Nomaden ist hier ein großes Thema, weil die Colonia Juárez traditionell ein Viertel ist, in dem viele Automechaniker leben und arbeiten. Mit dem „T42“ gelingt es Pedro y Juana diese Gegensätze zweckmäßig sowie gestalterisch zu vereinen.

Foto: © LGM Studio
Auch bei Nacht lässt sich die Struktur der besonderen Fassade erkennen.

Traditionelle Materialien und modernes Design

Hinter und über der Fassade öffnet sich „T42“ zu einem modernen, mehrstöckigen Wohngebäude, das um einen traditionellen Innenhof herum angeordnet ist. Außerdem sorgen die großen, quadratischen Fenster für Beleuchtung und Belüftung. Trotzdem hat jede der Wohnungen einen eigenen Außenbereich, um die Lebensqualität in der Stadt zu erhöhen.

Foto: © LGM Studio
Eine Dachterrasse, ausgekleidet mit Tonfliesen, sorgt für eine harmonische Atmosphäre inmitten des Stadtlebens.

Lokale Materialien und mexikanische Kunst

Dabei verschmelzen Innen- und Außenräume in „T42“ miteinander: Zudem tragen günstige und leicht verfügbare lokale Materialien dem Erbe der Stadt Rechnung und machten den Bau erschwinglicher. Deshalb experimentieren die Architekten mit mexikanischem Kunsthandwerk und typischen Materialien. So ist zum Beispiel die hintere Außenfassade mit Vulkangestein verkleidet, wodurch sie einen samtigen, aber zugleich brutalistischen Charakter erhält. Und dieser ist vom Tamayo-Museum in der Stadt inspiriert.

Foto: © LGM Studio
Inspiriert wurde die Fassadengestaltung des „T42“ vom mexikanischen Kunsthandwerk.
Foto: © LGM Studio
Den brutalistischen Charakter der Fassade verleiht das Vulkangestein, dass einem städtischen Museum nachempfunden ist.
Foto: © LGM Studio
Dank der durchdachten Architektur ist für ausreichende Belichtung im äußeren, vertikalen Korridor gesichert.

Textur, Tiefe und Kontrast im „T42“

Speziell angefertigte, tropfenförmige Tonfliesen und traditionelle, rechteckige Ziegelsteine verkleiden die Räume und Terrassen. Dagegen sind in den minimal gehaltenen, offenen Innenräumen grün glasierte Talavera-Fliesen und elegante Fensterbänke aus Beton mit Brettern zu finden, die Textur und Tiefe bieten.

Foto: © LGM Studio
Die Tonfließen wurden extra für das „T42“ angefertigt.
Foto: © LGM Studio
Sie verkleiden die Außenbereiche.
Foto: © LGM Studio
Durch die gut durchdachten Fenster ist das „T42“ lichtdurchflutet.
Foto: © LGM Studio
Grün glasierte Talavera-Fliesen ergänzen die Holzverkleidung im Innenraum.
Foto: © LGM Studio
Auch die Fenster enthalten grüne Akzente.
Foto: © LGM Studio
Ein Kontrast zum naturverbundenen Flair der Tonfliesen bildet das grelle orange der Tür zur Dachterrasse.

„T42“ als Herausforderung

Westlich vom historischen Zentrum von Mexiko-Stadt liegt der Stadtteil Juárez, in dem die Architekten von „T42“ auch selbst leben und arbeiten. Demnach wurde das Viertel im späten 19. Jahrhundert auf dem früheren Seebett gegründet. Darauf befindet sich die ganze mexikanische Hauptstadt und war lange ein wohlhabendes Viertel. Jedoch beendete dies das große Erdbeben von 1985 sowie die Erweiterung der Stadt in die Vorstädte: Dadurch verlor Juárez einen großen Teil seiner Bevölkerung und es folgten Verfall sowie demografischer Wandel. In Folge standen viele Gebäude bis in die späten 2000-er Jahre leer, auch Turin 42.

Foto: © LGM Studio
Das Turin 42 stand in Folge des großen Erdbebens Jahrzehnte lang leer.

„T42“: Ein Nachbarschaftsprojekt

Dann erwachte ein neues politisches Interesse an der historischen Altstadt von Mexiko-Stadt und das Studio Pedro y Juana kaufte das Gebäude mit Hilfe von Investoren, um eine geschichtlich stimmige Neugestaltung zu ermöglichen. Doch Proteste wie etwa die vielen Stimmen gegen Gentrifizierung und Spekulationen um Immobilien sowie Bedenken um den Denkmalschutz führten zu Verzögerungen. Aber dann nach drei Jahren mit vielen bürokratischen Hindernissen gelang es den Architekten, im Dialog mit ihren Nachbarn, eine Lösung zu finden. Dadurch dauerte es insgesamt acht Jahre, „T42“ zu bauen, wovon zwei Jahre dem eigentlichen Bau gewidmet waren. Seit 2022 ist das Gebäude eröffnet.

Foto: © Pedro y Juana
Der Bau dauerte zwei Jahre.
Foto: © Pedro y Juana
Immer wieder stellten sich dem Umbau Hindernisse in den Weg.

Erweiterungen, wie beim „T42“, sind ein wichtiger Aspekt in der Architektur. Deshalb haben wir dem Thema „Anbauen“ eine ganze Ausgabe im Dezember gewidmet. Hier geht’s zum Editorial.

Übrigens: In unserem englischsprachigen Partner-Magazin topos gibt es ein spannendes Porträt über Mexiko-Stadt zu lesen.

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