Das dänische Architekturbüro Vandkunsten hat 2012 für die Biennale in Venedig ein kleines Testhaus namens „House Nuuk“ entworfen. Dieses Haus steht inzwischen in Grönland und soll demonstrieren, wie es möglich ist, in mehreren Klimazonen zu leben.
Doppelte Gebäudehülle in der Arktis
Das Testhaus in Nuuk, entwickelt von der Dänischen Technischen Universität DTU und entworfen von Vandkunsten, testet neue Strukturen. Unter anderem soll es herausfinden, ob ein überdachten Terrassenbereich für Häuser in der Arktis attraktiv ist. Auch die Frage, ob es eine Zukunft für den Bau von Häusern mit einem Innen- und Außenklima unter dem gleichen Dach gibt, soll beantwortet werden. Normalerweise sind Gebäudehülle und Isolierung bei Wohnhäusern in der Arktis kombiniert, während im „House Nuuk“ eine zweiteilige Hülle verbaut ist.
Größte Bauforschungsprojekt in Grönland
Diese neue Konstruktion besteht aus einer äußeren und einer inneren Schicht. Die äußere Schicht aus Polycarbonat bietet Schutz vor Wind und Regen, lässt jedoch Licht durch. Die innere Schicht bietet Wärme-, Feuchtigkeits- und Schalldämmung in den Wohnräumen. An zwei Stellen im Haus gibt es außerdem eine Zwischenzone, die einen unbeheizten und natürlich temperierten Innenhofbereich erzeugt. Dieser dient als Wintergarten oder Hauswirtschaftsraum.
Der Bau des „House Nuuk“ in Grönland ist Teil eines großen Forschungsprojektes namens „Arctic Building and Construction“ (ABC), das mit einem Budget von 23 Millionen DKK (etwa drei Millionen Euro) das bisher größte Bauforschungsprojekt Grönlands darstellt.
Die Testfamilie im „House Nuuk“
Das Testhaus von Vandkunsten, das 2012 bereits auf der Biennale in Venedig ausgestellt wurde, soll klären, welche Bauweise in der Arktis von Vorteil ist. Auch die Nutzung der Zwischenzone wird von der DTU untersucht. Dazu begleitet die Abteilung DTU Civil Engineering das Haus zwei Jahre lang, während es von einer Familie bewohnt wird. In dieser Zeit messen die Forscher Größen wie Feuchtigkeit und Temperatur im Inneren des Hauses, in der Konstruktion und der Zwischenzone. Diese werden mit den Wetterdaten verglichen.
Außerdem befragen die Forscher die Testfamilie zu ihren Erfahrungen mit dem Wohnen im Haus, dem Raumklima und der Funktionalität. So möchte die DTU gemeinsam mit Vandkunsten eine Diskussion über Baupraktiken in der Arktis anregen. Künftig sollen Immobilien in der Region Funktionalität und Innenraumklima optimieren, wobei die Ergebnisse des Testhauses wegweisend sind.
Forschungen zum Raumklima
DTU Civil Engineering begleitet das Haus zwei Jahre lang, in dieser Zeit wird es von einer Familie bewohnt. Währenddessen werden die Forscher Feuchtigkeit und Temperatur in der Konstruktion und im Innenraumklima messen, sowohl im Inneren des Hauses als auch in der Zwischenzone, und die Messungen mit Wetterdaten vergleichen. Darüber hinaus werden die Forscher die Testfamilie zu ihren Erfahrungen mit dem Wohnen in dem Haus befragen und ihre Meinung zum Raumklima und zur Funktionalität des Hauses äußern.
Testhaus und Testpavillon
Neben dem Testhaus in Nuuk befindet sich ein Testpavillon, dessen Außen- und Innenwände und Dach aus Elementen mit sechs verschiedenen Strukturen bestehen. Der Raum wird so beheizt und befeuchtet, als wäre er bewohnt. Auch hier messen Forschende den Feuchtigkeitsgehalt und die Temperatur der einzelnen Strukturen, um deren Robustheit unter wechselnden Wetterbedingungen zu untersuchen.
Mit dem Testhaus führen Vandkunsten Architects und das Beraterunternehmen Ramboll ihr Ausstellungsprojekt von der Biennale fort. Nach der Testphase soll das Haus an die Stadtverwaltung von Sermersooq übergeben werden. Die Forschungsergebnisse werden in das Forschungsprojekt ABC einfließen.
„Das Testhaus und das ABC-Projekt werden uns Erkenntnisse darüber liefern, wie man am besten unter arktischen Bedingungen bauen kann. Es geht nicht nur darum, wie wir die Gebäude bauen, sondern auch um den Prozess, die Logistik, wie man eine gute Stadt unter arktischen Bedingungen baut und was die Bewohner über das Leben unter den verschiedenen Bedingungen denken“, sagt Tove Lading, Projektleiterin und außerordentliche Professorin an der DTU Civil Engineering.
Nicht nur 2012 hatte die Biennale in Venedig viel zu bieten, auch dieses Jahr werden unter dem Motto „Zukunftslabor“ spannende Projekte in der italienischen Stadt vorgestellt. Wir haben das Wichtigste über die Architekturbiennale Venedig 2023 zusammengefasst.