Roger Boltshauser: Plädoyer für den Lehmbau

In der Stuttgarter Weißenhofsiedlung eröffnet eine Ausstellung zu Roger Boltshauser Anfang März. In seinem Werk verbinden sich Kunst, Entwurf und das Bauen sowie eine Passion für Lehm als Werkstoff. 

„Wenn man ihn essen könnte, würde man von Superfood sprechen.“ So machen die Organisatoren Appetit auf die Ausstellung zu Roger Boltshauser und seiner Lehmarchitektur. Zwar sollte inzwischen hinreichend bekannt sein, dass Lehm Feuchtepuffer als auch Brandschutz ist, ausgleichend auf das Raumklima wirkt, Holzkonstruktionen trocken hält, sich fast überall auf der Welt findet sowie leicht zu verarbeiten ist. Und doch kann man nicht genug über den Baustoff sprechen und für ihn werben.

Dies tut auch eine Stuttgarter Ausstellung und zeigt die Arbeit des Schweizer Architekten Roger Boltshauser, der sich viel mit Lehmbau auseinandersetzt. Es sei für ihn „eine Art Grunderfahrung“, die ihn heute noch ansporne, ihn mutig, aber auch kritisch gegenüber allen Konventionen mache und ihn immer wieder antreibe, neue Lösungen zu finden. Einem weiteren Kreis bekannt wurde Boltshauser dann 2008, als er zusammen mit Martin Rauch dessen Einfamilienhaus aus Stampflehm in Vorarlberg errichtete (Baumeister 7/2009). Damals hieß es noch, sie bauten „auf eigenes Risiko“, einen Versuchsbau. Die Realisierung benötigte zwar zehn- bis zwanzigfach weniger Energie als ein übliches Beton- oder Ziegelgebäude. Dagegen war allerdings der Arbeitsaufwand sehr hoch.

Inzwischen begeistert sich auch mancher Bauherr für Lehmbau, und somit sind einige wenige, größere Lehmbauten bereits entstanden – etwa das Ricola-Kräuterzentrum von Herzog & de Meuron oder das Alnatura-Bürohaus von Haas Cook Zemmrich. Boltshauser arbeitet an einigen vielversprechenden Forschungsprojekten und plant auch Großbauten aus Stampflehm. Seiner Meinung nach gehört den intelligenten Hybridkonstruktionen die Zukunft. Sein Kollege Martin Rauch ist überzeugt, dass das nächste Jahrzehnt eine Ära des Lehmbaus sein wird. Er bringe einen neuen Aspekt der Verantwortung in das Planen und Bauen ein – „einfach bauen, Perfektionismus relativieren“, wie dieser meint (Baumeister 6/2021).

Insofern kann man nie genug Plädoyers für den Lehmbau halten – wie der Architekt in seiner Eröffnungsrede in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung am kommenden Mittwoch sicherlich tun wird. Die Ausstellung zu Boltshauser will zeigen, dass sich in seinem Werk Kunst, Entwurf und Bau in „stetigen Parallelprozessen“ verbinden. Somit werden auch einige seiner Collage-Skizzen zu sehen sein. Es wird schließlich deutlich, Roger Boltshauser geht es auf allen Ebenen um die Suche nach einer authentischen Antwort.

Vom 2. März bis 23. April 2023 in der Architekturgalerie am Weißenhof | Stuttgarter Weißenhofsiedlung, Am Weißenhof 30, Stuttgart | Kuratiert von Roger Boltshauser mit Atelier Andrea Gassner | Organisiert von Kyra Bullert | Ausstellungsdesign: Atelier Andrea Gassner | Vernissage: Mittwoch, den 1. März 2023, 19 Uhr: Vortrag von Roger Boltshauser im Vortragssaal Neubau 2

Übrigens auch in Stuttgart: ein Brillenladen mit Schwung