15.02.2022

Architektur Öffentlich

Probenhaus in Luzern von Enzmann Fischer

Spiegelnde Fassade des Probehaus des Luzerner Sinfonieorchesters im urbanen Kontext

Probehaus Luzerner Sinfonieorchester

Das Luzerner Sinfonieorchester hat ein neues Probenhaus im Nachbarort Kriens erhalten. Entworfen hat den Bau das Züricher Architekturbüro Enzmann Fischer, das einen glänzenden Kubus errichtet hat. Dessen Außenhaut gibt dezente Hinweise auf das Gebäudeinnere.

Seit einigen Jahren wächst zwischen der Stadt Luzern und ihrem östlichen Nachbarn Kriens ein neuer Ort für Kultur und Musik. Wo früher industriell produziert wurde, entsteht heute Kultur. Bereits die Eröffnung des Kulturzentrums Südpol, einem Ort für Tanz und Theater, setzte im Jahr 2008 ein erstes Zeichen für die Weiterentwicklung der Gegend. Inzwischen wandelt sich die Nachbarschaft immer stärker zu einem städtischen Wohnquartier. Dadurch verändert sich der Stadtraum an dieser Stelle. Dazu trägt auch ein weiteres Kulturprojekt bei. Das Luzerner Sinfonieorchester hat hier ein neues Probenhaus bekommen, das die Architektinnen und Architekten Enzmann Fischer zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen vom Büro Konstrukt bauten.

 

Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Außenansicht Nordwest, Foto: Annett Landsmann

Probenhaus vor den Toren Luzerns

 

Zwischen Luzern und Kriens erheben sich zwei gut sichtbare Bauten: Zum einen die Hochschule Luzern – Musik, ebenfalls ein Bau von Enzmann Fischer. Zum anderen das neue Probenhaus des Luzerner Sinfonieorchesters. Beide Einrichtungen sollen der Entwicklung des Areals am Rande von Luzern weitere Impulse verleihen. Und sie sollen zusammen mit dem bestehenden Kulturzentrum Südpol einen Dreiklang bilden. Die drei Kultur- und Bildungsinstitutionen sollen sich nicht nur gegenseitig befruchten. Sie sollen auch in das neue Quartier wirken und es mit Leben erfüllen.

Das neue Probenhaus für das Luzerner Sinfonieorchester ist von zwei Seiten zugänglich. Entweder betritt man das Gebäude vom Vorplatz oder von einer gegenüber liegenden Einstellhalle. Durch ein großzügiges Treppenhaus gelangen die Besucher und Besucherinnen zu den unterschiedlich großen Proberäumen. Während sich im ersten Obergeschoss die Einzelproberäume, Büros und Lager befinden, nimmt das zweite Obergeschoss die Registerproberäume auf. Beide Ebenen bieten den Musikerinnen und Musikern auch einen Aufenthaltsraum, der Ausblick auf den Vorplatz erlaubt. Im dritten und obersten Geschoss des Neubaus schlägt sein eigentliches Herz. Hier liegt der Orchestersaal mit einer Raumhöhe von 9,5 Metern.

 

Spiegelnde Fassade des Probehaus des Luzerner Sinfonieorchesters im urbanen Kontext
Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Außenansicht Nord, Foto: Annett Landsmann

Gestapelte Räume für mehr Ruhe

 

Die Stapelung der Räume im Neubau des Probenhauses erwies sich im Laufe der Planung als effiziente Lösung. Aus statischen Gründen war es sinnvoll, die größeren Räume über den kleineren anzuordnen. Darüber hinaus ist es aus akustischer Sicht von Vorteil, wenn die lauteste Nutzung ganz oben liegt. Und aus architektonischer Perspektive gibt diese Anordnung dem Haus eine räumliche Dramaturgie, die der Bedeutung der beschriebenen Räume entspricht.

Auch von außen ist die innere Struktur des Probenhauses sichtbar. Eine Aluminiumfassade umhüllt das Gebäude wie ein zurückhaltendes, elegantes Kleid. Deren Gliederung verändert sich mit zunehmender Höhe. Analog zur Größe der Räume im Inneren nehmen auch die Paneele der Aluminiumfassade nach oben an Größe zu.

Die Tragkonstruktion des neuen Probenhauses besteht bis zum zweiten Obergeschoss aus Stützen, Wänden und Geschossdecken aus Ortbeton. Das darüberliegende Tragwerk und die Dachkonstruktion des großen Probensaals sind hingegen aus Stahl. Zwischen den tragenden Strukturen und beim Bau der Innenwände kam Kalksandstein zum Einsatz. Durch diese einfache Bauweise war eine kostensparende Realisierung des Probenhauses möglich. Die günstige Metallfassade trägt ebenfalls dazu bei.

Schallschutz spielt im Probenhaus für das Luzerner Sinfonieorchester eine zentrale Rolle. Es wird durch das Prinzip der Mehrschaligkeit gewährleistet. Sowohl nach außen als auch innerhalb des Hauses sorgen massive Mauern aus Kalksandstein oder Ortbeton, zusammen mit raumseitig vorgesetzten Leichtbauschalen, für gute Isolierung. Der hausinterne Schallschutz entsteht durch eine Mischung aus Massivbau und vorgesetzten, schalltechnisch getrennten Leichtbauwänden.

Neutral, aber nicht steril

Besondere Aufmerksamkeit lag während der gesamten Planung auf dem großen Probensaal. Seine Gestaltung ging von der Frage aus, wie nicht nur eine optimale Akustik, sondern auch eine angenehme Arbeitsatmosphäre entstehen kann. Als Antwort erhielt der gesamte Raum eine Holzverkleidung. Dadurch strahlt der Saal eine warme und einladende Atmosphäre aus. Gleichzeitig entstand durch die sorgfältig ausgewählten Materialien und eine aufwändig abgestimmte Struktur der Oberflächen ein fein gezeichneter und tonal ausgewogener Nachhall.

 

Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Innenraum, Saal, Foto: Annett Landsmann

 

Mit annähernd 4.000 Kubikmetern Volumen und knapp 10 Metern Raumhöhe ermöglicht der Saal eine sehr flexible Nutzung. Selbst große Orchesterbesetzungen finden hier Platz. Das Klangbild des Saals ist auf der einen Seite objektiv und präzise. Es ist aber auf der anderen Seite nicht steril. Vielmehr lebt der große Probensaal von einer feinen Balance zwischen einem analytisch-genauen und einem warmen und inspirierenden Klang. Darüber hinaus besitzt der Probensaal eine variable Akustik, mit der er verschiedenen Musikstilen und Ensemblesstärken angepasst werden kann. Dadurch kann der Saal auch für Konzerte von kammermusikalischen Formationen mit Publikum genutzt werden. Die Raumakustik der verschiedenen kleineren und mittelgroßen Proberäumen in den unteren Ebenen folgt demselben Prinzip. Auch hier ermöglicht die Gestaltung einen neutralen, einem Probenhaus angemessenen Klang.

Noch ein bemerkenswertes neues Orchester-Heim: Die Isarphilharmonie ist Spielstätte der Münchner Orchester während der Renovierung des „Gasteig“.

 

Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Dachaufsicht inkl. Umgriff Gelände, © Enzmann Fischer
Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Grundriss EG und Umgriff Gelände, © Enzmann Fischer
Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Grundriss EG, © Enzmann Fischer
Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Grundriss 1. OG, © Enzmann Fischer
Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Grundriss 2. OG, © Enzmann Fischer
Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Grundriss 3. OG, © Enzmann Fischer
Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Grundriss 4. OG, © Enzmann Fischer
Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Schnitt West-Ost, © Enzmann Fischer
Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Ansicht Nord, © Enzmann Fischer
Probenhaus Luzerner Sinfonieorchester, Ansicht West, © Enzmann Fischer

 

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