12.10.2022

Öffentlich

Prinsenpark-Besucherzentrum von Jan Vermeulen und Tom Thys

Foto: Jeroen Verrecht
Foto: Jeroen Verrecht

Studio Jan Vermeulen entwickelte in Zusammenarbeit mit Tom Thys Architecten ein Konzept für den Eingangsbereich und die Infrastruktur des Landschaftsparks „Prinsenpark“ bei Antwerpen. Hierfür entwarfen sie ein neues Besucherzentrum, welches die in die Jahre gekommenen Bestandsgebäude ersetzt.

Prinsenpark: Zunächst königlich, jetzt nachhaltig und wild

Der Prinsenpark ist ein Landschaftspark in Kempen-Nord in der Nähe von Antwerpen. Im Jahr 1880 war das Gelände ursprünglich für ein königliches Anwesen angelegt worden, das jedoch nie gebaut wurde. Nun hat sich der Park zu einem einzigartigen Schutzgebiet entwickelt, mit einem klaren Fokus auf das Naturerlebnis und einen Bildungsauftrag. Der Prinsenpark gewann 2021 den internationalen „Green Flag Award“ für seine nachhaltige Vision, seine guten Einrichtungen und sein breites Bildungs- und Aktivitätenangebot. Seit der Gründung hat sich über 140 Jahre die einzigartige Identität des Parks entwickelt. Bemerkenswert ist die Kombination der ursprünglichen königlichen, formalen Parkstruktur und der jetzigen wilden Flora.

Der Wald in der Mitte des Parks hat eine fast ovale Form und wird von einem Weg umrundet. Durch seine Bäume schlängelt sich ein Netz von Pfaden, in dem sich der Ausblick abwechselnd verdichtet und wieder lichtet. An seinen Rändern geht der Park teilweise in die umgebenden Wälder und Felder über, an anderen Stellen wiederum wird er durch Bebauung oder Straßen scharf abgegrenzt. Charakteristisch für den Prinsenpark ist jedoch seine faszinierende „Bocage“–Landschaft, die sich um den ovalen Wald herum ausbreitet. Als Bocage bezeichnet man in Frankreich Äcker und Felder, die von organisch geschwungenen Hecken begrenzt werden. Nach Norden hin bildet ein Deich die Begrenzung des Waldes, der „Kastelsedijk“, der die Landschaft als lange gerade Linie durchschneidet. Dort befindet sich auch das neue Besucherzentrum auf dem Gelände eines ehemaligen Moorgebiets.

Foto: Jeroen Verrecht
Foto: Jeroen Verrecht
Fotos: Jeroen Verrecht

Ein schlicht-schönes, praktisches Ensemble

Das neue Besucherzentrum von Studio Jan Vermeulen und Tom Thys Architecten ist ein Ensemble aus zwei länglichen Satteldach-Bauten. Sie sind an die Typologie der Gehöfte aus dem 18. Jahrhundert angelehnt, die in dieser Gegend zur Bewirtschaftung des ehemaligen Moores üblich war. Durch die Holzverkleidung wird der Eindruck eines ländlichen Bauwerks verstärkt.

Die beiden Volumina des Zentrums sind so zueinander ausgerichtet, dass sie einen großen Innenhof bilden, welcher den Förstern dient. Durch großzügige Dachüberstände entsteht ein geschützter Eingangs- und Außenbereich beziehungsweise Arbeitsplatz im Freien.

Die Architekten wollen einen vielschichtigen Bezug des Projekts zu seiner umgebenden Landschaft schaffen. Dieser Aspekt soll mittels neuer Wege, Lichtungen, Kanäle und Regenwasserrückhalteflächen verstärkt werden und das Projekt vielfältig in seiner Umgebung verankern.

Das erste Gebäude, das Besucherzentrum, umfasst neben den Einrichtungen für die Gäste auch Büros, Kantine und Umkleidebereiche für das Parkpersonal. Im zweiten kleineren, L-förmigen Gebäude befinden sich die Depots und Werkstätten der Förster, mit Zugang zum Innenhof. Eine Reihe verzinkter Stahltore definiert einen flexiblen überdachten Raum für die Lagerung von Forstgeräten, der zum Innenhof weitestgehend offen ist.

Foto: Jeroen Verrecht
Fotos: Jeroen Verrecht
Foto: Jeroen Verrecht

Schlichtheit und Raffinesse für ein schlankes Budget

Trotz des niedrigen Budgets für das Prinsenpark-Besucherzentrum wurde ein intelligentes, flexibles Ensemble entwickelt. Die Gebäudeelemente, mit denen die Besucher in Berührung kommen erhalten somit einen höheren Detailgrad und eine gewisse Raffinesse. Dies zeigt sich beispielsweise in der Ausbildung der großen V-förmigen Dachrinne des Hauptgebäudes im Gegensatz zu dem einfachen unbehandelten Aluminium-Wellblech-Dach beider Gebäude.

Aber auch in der Schlichtheit der aus weißen Betonblöcken erbauten Räume und Hallen – sie bilden den robusten und neutralen Hintergrund für die Aktivitäten des Parks. Als Gegensatz dazu schaffen die holzverkleideten Leichtbauwände, maßgefertigten Türen und Fenster sowie die in tiefblauen, grünen und violetten Farben gebeizten Einbaumöbel einen subtilen Kontrast zu den Betonblöcken.

Foto: Jeroen Verrecht
Foto: Jeroen Verrecht
Foto: Jeroen Verrecht
Foto: Jeroen Verrecht
Fotos: Jeroen Verrecht

Einblick in die Betriebsamkeit im Prinsenpark

Als Allegorie auf die königliche, aber wilde Landschaft des Prinsenparks verbindet das neue Projekt Elemente der lokalen Baukultur im Grundriss mit dem formalen Plan eines Landhauses. Studio Jan Vermeulen und Tom Thys Architecten entwerfen für das Besucherzentrum eine Enfilade von Räumen und Hallen längs unter dem Satteldach. Hier gibt es entlang des Gebäudes einen Dachvorsprung zu dem ovalen Wald hin. Dieser schafft nicht nur einen überdachten Außenraum für Besucher, sondern dient auch als Sonnenschutz für die großen Räume entlang der Hauptfassade.

Indem die Enfilade aus einer Abfolge von großen Räumen und kleineren Zwischenräumen besteht, wird eine abwechslungsreiche Nutzung ermöglicht, bei der verschiedene Räume unterschiedliche Aktivitäten beherbergen können. Große Fenster- und Türöffnungen verbinden den Informationsschalter, den Empfangsbereich und den Schulungsraum mit den Büros, der Betriebskantine und dem zentralen Innenhof. So werden die betrieblichen Aktivitäten des Prinsenparks auch für die Besucher sichtbar und erlebbar.

Foto: Jeroen Verrecht
Foto: Jeroen Verrecht
Fotos: Jeroen Verrecht

Ein ausgewogenes Ökosystem

Das Projekt von Studio Jan Vermeulen und Tom Thys Architecten setzt auf vielfältige Weise auf integrierte Nachhaltigkeit. Verschiedene Bauelemente werden so montiert, dass eine einfache Demontage und Wiederverwendung ermöglicht wird. Insofern fungiert das Gebäude als nachhaltige Materialbank für die Zukunft und erfüllt dennoch den Passivhausstandard. Wassermanagement wird als pädagogisches Element eingesetzt und verbindet das Projekt und die Landschaft durch ein neues Ökosystem. Die bestehenden Kanäle und Gräben wurden in „Wadis“ umgewandelt, um eine Teich- und Versickerungslandschaft zu schaffen, in der Flora und Fauna gedeihen können. Dadurch erhält die Biodiversität des Standorts einen neuen Impuls.

Darüber hinaus wird der Weg des Wassers für den Besucher sichtbar gemacht. Von dem gesammelten Regenwasser in Tanks und Teichen über die Reinigung und Filterung des Abwassers in einem unabhängigen System bis zur Einmündung des Wassers in das System von naturlandschaftlichen Retentionsräumen. Außerdem wurden in der Fassade verschiedene Behausungen für Tiere, etwa die lokale Fledermauspopulation, integriert.

Somit trägt das Gebäude-Ensemble zu den Werten und der Vision des Prinsenparks bei. Der Prinsenpark ist eines der seltenen Gebiete, in dem Natur, Kultur und Erholung zu einem besonderen und ausgewogenen Ökosystem verwoben sind.

Eine besondere Nähe zur Natur schafften auch die Architekten des Büros „llabb“ mit der Holzhütte „The Hermitage“.

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