19.07.2022

Wohnen

Pasodoble: Beschleunigung und Gemeinschaft

Pasodoble, Foto: © Paola Corsini
Pasodoble, Foto: © Paola Corsini

Der Gebäudekomplex Pasodoble bei Genf schafft Wohnraum für Studierende und Nichtstudierende, Menschen mit und ohne Behinderung. Sie alle sollen sich nach den Vorstellungen von Nomos Architekten als Gemeinschaft begreifen, Hofräume sollen dies unterstützen.

Der Tanz wird mit stolz erhobenen Haupt ausgeführt, die raumgreifenden Schritte werden nicht alle auf einen Taktschlag angesetzt und obendrein nicht gleichmäßig, sondern mit Beschleunigung ausgeführt. Das sind die Charakteristika des Pasodoble. Ein spanischer Tanz aus dem 19. Jahrhundert, der genauso international ist, wie der Architektenverbund Nomos, der sich von diesem zu der Umsetzung eines kontrastreichen Projekts inspirieren ließen. Wörtlich übersetzt heißt Pasodoble Doppelschritt. Die Spannung, Beschleunigung und Gemeinschaft, die dadurch entsteht, findet sich auch im Wohnprojekt Pasodoble von Nomos Architekten in Lancy bei Genf wieder.

 

Pasodoble, Foto: © Paola Corsini
Pasodoble, Foto: © Paola Corsini

Patios schaffen Gemeinschaft

Dass Architektur Inspiration aus anderen Kunstformen zieht, ist nichts Neues. Diese Interpretation des spanischen Tanzes für ein derart komplexes Projektvorhaben hingegen schon.
Die Anforderungen an das Projekt Pasodoble waren hoch: Auf einem Grundstück sollten Wohnungen für Studierende, Menschen mit geistiger Behinderung, Gemeinschafts- und Sozialwohnungen entstehen. Außerdem Gewerbeflächen, ein Zentrum für körperliches Training und Rehabilitation, sowie Tiefgaragenstellplätze. Collective Housing steht häufig nicht nur unter finanziellem, sondern auch räumlichem Druck.

Gewöhnlicherweise ist diese Art sozialen Wohnbaus mit Monotonie und Sterilität verbunden. Der Architekturverbund Nomos schafft es, diesem Typus einen ungewöhnlich positiven Ausdruck zu geben. Bereits zuvor konnte Nomos durch andere Collective Housing Projekte zeigen, dass Ressourcen-Knappheit auch Raum für kreative Lösungen bietet. Bei dem Projekt in Lancy, einer kleinen Nachbargemeinde von Genf, die an die Stadt heranwächst, vereinen die Architekten 32 Apartments für soziales Wohnen und 33 Appartements für geistig behinderte Menschen (SGIPA), sowie Gewerbeflächen und ein Rehabilitationszentrum. Der Innenhof ist von einer majestätischen, sonnenliebenden Zeder bewachsen.

Pasodoble, Foto: © Paola Corsini
Pasodoble, Fotos: © Paola Corsini
Pasodoble, Foto: © Paola Corsini

Pasodoble in grün und weiß

Das Team um Lucas Camponovo errichtete auf den 6.133 Quadratmetern Grundstücksfläche zwei Gebäudeteile, die die diversen Funktionen des Komplexes aufnehmen. Gemeinschaft ist dabei eins der zentralen Anliegen der Architekten. Und um dieser Idee Ausdruck zu verleihen, verbinden sich die beiden Gebäudeteile durch eine Enfilalde rhythmisiert verschobener Patios. Das Erdgeschoss bietet Gewerbeflächen und dem medizinischen Zentrum ausreichend Platz, während die Wohnungen darüber angeordnet wurden.

Augenzwinkernd beziehen sich die Architekten bei der Gestaltung der Außenfassaden in Farbigkeit und Materialität auf typische Elemente des Klinikbaus der Moderne. Grüne Kacheln bilden bis heute ein Erkennungsmerkmal von Krankenhäusern wie beim Cadix-Krankenhaus von Robbrecht & Daem. Beim Pasodoble spiegeln die handgefertigten grünen und weißen Keramikfließen aus Vietri Sul Mare in Italien nicht nur die Umwelt wider, sondern ermöglichen durch die Farbkontraste auch Orientierung im Gebäude. Schönheit und Praktikabilität müssen sich nicht ausschließen, sondern können Hand in Hand gehen. Ja miteinander zum Rhythmus tanzen.

Pasodoble, Foto: © Paola Corsini
Pasodoble, Fotos: © Paola Corsini
Pasodoble, Foto: © Paola Corsini

Doppelschritt mit Bögen

Der typische Doppelschritt des Pasodoble, findet sich auch im Rhythmus der Bögen wieder. Der gewölbte Portikus vereint die beiden Gebäudeteile, die wie im Tanz etwas versetzt voneinander stehen.

Nomos schafft mit dem 2021 fertiggestelltem Projekt in der Chemins des Paquerettes 21 – 29 nicht nur Lebensräume, sondern Gemeinschaft. Die Wohngemeinschaften der SGIPA und die Wohnungen der Studierenden sind als lineare Clustertypen organisiert. Die anderen Wohnungen als Kreuztypen. Gemeinschaft wird dadurch geschaffen, dass sich die Wohnräume um den Innenhof mit der Zeder gruppieren, Rückzugsorte dadurch, dass die Schlafräume nach außen blicken.

Pasodoble Abbildung: © NOMOS
Pasodoble Abbildungen: © NOMOS
Pasodoble Abbildung: © NOMOS
Pasodoble Abbildung: © NOMOS
Pasodoble Abbildung: © NOMOS
Pasodoble Abbildung: © NOMOS
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