14.03.2023

Wohnen

Konsum Karwe – vom Supermarkt zum Wohnhaus

Einfamilienhaus Nachhaltigkeit
Die Büros Meyer-Grohbrügge und Studio Other Spaces machten im brandenburgischen Karwe eine Ruine zum architektonischen Projekt. Foto: Studio Other Spaces
Die Büros Meyer-Grohbrügge und Studio Other Spaces machten im brandenburgischen Karwe eine Ruine zum architektonischen Projekt. Foto: Studio Other Spaces

25 Jahre lang war das Gebäude in Karwe, einem kleinen Dorf am Neuruppiner See in Brandenburg, eine verlassene Ruine, eine Erinnerung an den einstigen Standort der ehemaligen DDR-Genossenschaftskette Konsum. 2017 erwarben Johanna Meyer-Grohbrügge und Sebastian Behmann das Gebäude und wandelten es mit ihren Büros Meyer-Grohbrügge und Studio Other Spaces zu einem kollaborativen architektonischen Projekt um.


Ganzheitlicher Ansatz

Sebastian Behmann gründete 2014 zusammen mit dem Künstler Olafur Eliasson Studio Other Spaces in Berlin. Das gemeinsame Interesse an räumlichen Experimenten vereint beide Gründer sowie ihre Disziplinen und führte sie zu einem ganzheitlichen Ansatz, der das Studio bis heute definiert. Für jedes Projekt werden in jeder Phase der Entwicklung räumliche, historische, ökologische, soziale und emotionale Parameter des Ortes und seiner Nutzer erforscht. Die Planer bewegen sich kontinuierlich zwischen Gesamtperspektiven und einer sehr detailorientierten Eben. Dabei kombinieren sie traditionelle Werkzeuge, Produktionsmethoden und Materialien mit modernsten Designwerkzeugen, Produktionsmethoden und innovativen Medien. Mehr zu Studio Other Spaces und ihren Projekte erfahren Sie hier.

Rendering: Studio Other Spaces
Rendering: Studio Other Spaces
Rendering: Studio Other Spaces

Perspektive für Nachnutzung

Das Gebäude, das früher ein Supermarkt der DDR-Genossenschaftskette Konsum war, wird nun Feriendomizil für eine Familie. Die neue Nutzung soll jedoch keinesfalls zur Abschirmung des Grundstückes führen, im Gegenteil – das Haus in zentraler Lage soll aktiver Bestandteil des Dorflebens bleiben. Der Entwurf zielt darauf ab, die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Raum zu verwischen. Hierbei wird schon früh eine mögliche Nachnutzung bedacht. Der Entwurf der Büros Meyer-Grohbrügge und Studio Other Spaces hält mehrere Optionen bereit, die Konsum Karwe problemlos wieder in den öffentlichen Raum integrieren.

Foto: Studio Other Spaces
Rendering: Studio Other Spaces

Fokus auf Nachhaltigkeit

Zentral für das Design von Konsum Karwe sind das Wiederverwenden bestehender Strukturen und die Arbeit mit nachhaltigen und dennoch zeitgemäßen Materialien. Den Prinzipien des Kreislaufsystems folgend bleiben die meisten der verwendeten Materialien roh und unbehandelt, sodass sie bei einer Nutzungsänderung oder nach Ablauf der Lebensdauer des Gebäudes wiederverwendet werden können. Die eingesetzten Hauptmaterialien mit ihren Farben und Texturen – Backstein für Sockel und Boden, Ziegelstein für Wände und Holz für die Dachkonstruktion – verleihen dem ehemaligen Supermarkt zudem einen einzigartigen Charakter.

Neben Materialien platzierten Meyer-Grohbrügge und Studio Other Spaces mit einer Erdwärmeheizung und einem Regenwassersammelsystem zusätzliche ökologische Lösungen. Um das Regenwassersystem rentabel zu machen, wurden zu DDR-Zeiten um den Supermarkt herum versiegelte Flächen wieder geöffnet. Somit wird eine natürliche Entwässerung ermöglicht, die das Sammeln von Regenwasser möglich macht.

Foto: Studio Other Spaces
Das Haus hat einen offenen Innenhof. Fotos: Studio Other Spaces
Foto: Studio Other Spaces

Transparente Hülle & grünes Dach

Die Sanierung lässt den Baukörper in seiner Struktur bestehen, ergänzt diesen jedoch um ein neues Dach und eine transparente Hülle. Die neue Glasfassade und das Dach sorgen für die nötige Isolierung zum Bestand. Über dem ehemaligen Verkaufsraum des Supermarkts griffen die beiden Büros stärker in die Dachlandschaft ein. Um einen offenen Innenhof zu gestalten, entfernten die Architekten das Dach an dieser Stelle vollständig. Das entstehende Atrium wird zum zentralen Raum von Konsum Karwe und verbindet alle Räume mit dem Dachgarten.

Die Last der Dachbegrünung wird über die bestehenden Wände abgetragen, die zusätzlich mit Stahlträgern zur horizontalen Aussteifung verstärkt werden. Auf diese Weise entstand eine üppige Grünfläche, die über eine Wendeltreppe zugänglich ist. Dachgarten und Innenhof, die privaten Teile des Ferienhauses, bilden durch ihre wilde, raue Gestaltung einen Kontrast zur umgebenden Landschaft. So entsteht in der Gesamtperspektive ein gekonntes Zusammenspiel von Hof, Dachgarten und Umgebung. Sie werden zum neuen, spannenden visuellen Element, das die Horizontalität des Dorfes ergänzt.

Die im Projekt verwendeten Hauptmaterialien – Backsteinsockel und -böden, Ziegelwände und eine Holzdachkonstruktion sowie deren Farben und Texturen – verleihen diesem Haus eine einzigartige visuelle Identität.

Foto: Studio Other Spaces
Konsum Karwe von innen, Fotos: Studio Other Spaces
Foto: Studio Other Spaces

Die beiden Büros bauen einen Supermarkt zum Wohnhaus um, eine Nachnutzung die erstmal nicht auf der Hand liegt. Dem Entwurfsgedanken ist die kollaborative Arbeitsweise des Studios anzumerken. Die vorsichtigen Ansätze, die den Charakter des Gebäudes nicht verändern, werden mit größeren Eingriffen und aktuellen Ansprüchen an Nachhaltigkeit zusammengeführt. Es entsteht ein Ferienhaus, das gleichzeitig DDR-Denkmal und Moderne ausstrahlt und durch mitgedachte Szenarien zur Nachnutzung eine Perspektive erhält.

Nicht verpassen: Im Mai erscheint unser Studio Other Spaces Special. Vorab erfahren Sie hier mehr über die Gründer von Studio Other Spaces, Olafur Eliasson und Sebastian Behmann.

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