Studio Other Spaces

 

Das 2014 von Künstler Olafur Eliasson und Architekt Sebastian Behmann in Berlin gegründete Büro Studio Other Spaces verbindet Kunst und Architektur durch die Arbeit an interdisziplinären und experimentellen Bauprojekten und Kunstwerken für den öffentlichen Raum. Anlässlich unserer BAUMEISTER Design-Ausgabe im Mai haben wir mit den beiden Gründern nicht nur gesprochen – sie waren für einen Großteil des Heftes federführend. Entstanden ist eine besondere Ausgabe: Das Heft ist hier bestellbar. Und online gibt’s hier Videos, Projekte und mehr zu entdecken. Viel Spaß dabei!

BAUMEISTER x Studio Other Spaces Mai 2023

Wer ist Studio Other Spaces? Und was machen die so? Die Antwort gibt’s hier.


Der Anfang

Künstler Olafur Eliasson und Architekt Sebastian Behmann arbeiten seit 2001 zusammen. Behmann unterstützt Eliasson bei beinahe allen künstlerischen Arbeiten, Ausstellungen und Installationen seines Studio Olafur Eliasson (SOE). Die Rolle des Head of Design von SOE hat Behmann heute noch inne. 2014 entschieden sich die beiden dazu, Studio Other Spaces (SOS) zu gründen – ein Büro, dessen Arbeit in seinem Kern kollaborativ ist. Projekte von SOS beginnen mit Forschung, welche räumliche, historische, ökologische, soziale und emotionale Parameter eines Ortes und seiner Nutzerinnen und Nutzer umfasst. Die Arbeit von SOS bedient sich sowohl traditioneller Werkzeuge, Fertigungstechniken und Materialien, als auch modernsten Designwerkzeugen, Produktionsmethoden und innovativen Medien und kann aus Erfahrung der mehr als zwei Jahrzehnten währenden Zusammenarbeit von Eliasson und Behmann schöpfen und profitieren.

Die Kurzbiografien zu Sebastian Behmann und Olafur Eliasson gibt’s ganz unten. Zu unserem Interview mit den beiden geht’s hier:

Künstler Olafur Eliasson und Architekt Sebastian Behmann sind Gründer des Architekturbüros Studio Other Spaces. Foto: Studio Other Spaces, Lauren Gemmo

Mies van der Rohe-Award: Konzerthaus „Harpa“ in Reykjavik

Im Jahr 2013 erhielt das Konzerthaus „Harpa“ in Reykjavik den Mies van der Rohe-Award, den wichtigsten europäischen Architekturpreis. Das Projekt ist eine Kollaboration zwischen Studio Olafur Eliasson, Henning Larsen aus Kopenhagen und Batteríið aus Island. Eliasson und Behmann zeichneten als Studio Olafur Eliasson für die Fassade des Konzerthauses verantwortlich – dem eigentlichen Star des Projekts. Sie besitzt in wesentlichen Teilen eine wabenförmige Struktur, die aus zwölfeckigen Polyedern, sogenannten Quasi-Bricks, zusammengesetzt ist. Diese Quasi-Bricks sind das Ergebnis aus der langjährigen Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen Eliasson und dem 2015 verstorbenen Mathematiker Einar Thorsteinn. Bei einigen der Polyeder-Facetten wurde Farbeffektglas, sogenanntes dichroitisches Glas, verwendet. Je nach Umgebungslicht und Standpunkt des Betrachtenden wechselt das Glas dadurch seine Farbe.

Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Fotos: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Foto: Nic Lehoux
Zeichnung: Henning Larsen
Zeichnungen: Henning Larsen
Zeichnung: Henning Larsen
Zeichnung: Henning Larsen
Zeichnung: Henning Larsen
Zeichnung: Henning Larsen
Zeichnung: Henning Larsen
Foto: Nic Lehoux

Serpentine Pavilion 2007 mit Kjetil Trædal Thorsen, Snøhetta

Das Konzerthaus in der isländischen Hauptstadt war nicht das erste architektonische Projekt des Künstlerstudios. Bereits vier Jahre vor der Fertigstellung der Harpa-Philharmonie, realisierte das Studio Olafur Eliasson gemeinsam mit Kjetil Trædal Thorsen, Mitgründer des Osloer Architekturbüros Snøhetta, 2007 den „Serpentine Pavilion“. Der Entwurf des jährlich neu errichteten, temporären Bauwerks im Londoner Kensington Gardens basiert auf unregelmäßigen Kegeln, die mit einer kreisförmigen Rampenanlage verschnitten wurden. Der untere Kegel steckte halbversenkt im Boden, während der obere wie ein schräger Hut aufragte. Innerhalb der beiden Kegel war ein Auditorium untergebracht, das die Rampe erschloss. Die Raumerfindung des Pavillons beruht zum einen auf Eliassons und Behmanns Interesse an komplexen geometrischen Formen und zum anderen auf Thorsens Begeisterung für die „architecture oblique“ von Claude Parent und Paul Virilio. Beides ging im Londoner Bau eine höchst spannende Verbindung ein.

Serpentine Gallery Pavilion 2007 Designed by Olafur Eliasson & Kjetil Thorsen Photograph © 2007 Luke Hayes
Serpentine Gallery Pavilion 2007 Designed by Olafur Eliasson & Kjetil Thorsen Photograph © 2007 Luke Hayes
Serpentine Gallery Pavilion 2007 Designed by Olafur Eliasson & Kjetil Thorsen Photograph © 2007 Luke Hayes
Serpentine Gallery Pavilion 2007 Designed by Olafur Eliasson & Kjetil Thorsen Photograph © 2007 Luke Hayes
Serpentine Gallery Pavilion 2007 Designed by Olafur Eliasson & Kjetil Thorsen Photograph © 2007 Luke Hayes
Serpentine Gallery Pavilion 2007 Designed by Olafur Eliasson & Kjetil Thorsen Photograph © 2007 Deborah Bullen
Serpentine Gallery Pavilion 2007 Designed by Olafur Eliasson & Kjetil Thorsen Photograph © 2007 John Offenbach
Serpentine Gallery Pavilion 2007 Designed by Olafur Eliasson & Kjetil Thorsen, Photograph © 2007 John Offenbach

Mit Schwung zur Seite: „Cirkelbroen“ in Kopenhagen

Viel Beachtung fand auch die 2015 fertiggestellte „Cirkelbroen“. Die „Kreisbrücke“ ist ausschließlich für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr gedacht. Sie befindet sich über der Einmündung des Christianshavns Kanal im Kopenhagener Innenhafen vis-a-vis zur Königlichen Bibliothek. Studio Olafur Eliasson entwarf fünf miteinander verschnittene kreisförmige Plattformen, die jede von einem hohen Mast abgespannt werden. Die Masten mit den herabführenden Tragkabeln erwecken unmittelbar die Assoziation von Segelschiffen, wie sie einst hier im Kopenhagener Hafenbecken vor Anker lagen. Das Besondere: Die Plattformen lassen sich zur Seite schwenken, um Schiffen das Befahren des Kanals zu ermöglichen – wie das folgende Video zeigt.


„Fjordenhus“ in Vejle

Das erste vollständige Gebäude von Eliasson und Behmann, das noch unter dem Namen Studio Olafur Eliasson gelistet ist, wurde 2018 fertiggestellt: das „Fjordenhus“. Die spektakuläre Raumskulptur im Wasser des Vejlefjordes im dänischen Vejle besticht durch dem Gegensatz aus fluiden Formen und massigem Ziegelmauerwerk. Parabel- und Ellipsenformen sind in vier miteinander verschliffene fast 30 Meter hohe Zylinder geschnitten. Diese Zylinder sind vollständig mit einer bunten Klinkersortierung in Rot-, Grün-, Gelb- und Brauntönen verkleidet. Mit etwas Abstand betrachtet, führt sie in beinahe pointilistischer Manier die flimmernde Wasseroberfläche über die Fassade fort. Im Innern scheinen die Zylinder hohl. Erst knapp zehn Meter über der Wasseroberfläche sind Etagen eingehängt, die durch Fenster hinter den ausgeschnittenen Bogenformen Licht erhalten. Mehr Eindrücke zum Fjordenhus im folgenden Video.


Restaurant „Lyst“ im Fjordenhus

In die Bauzeit des Fjordenhus fiel die Gründung von Studio Other Spaces (SOS) mit Eliasson und Behmann als Partner. Das Büro arbeitet seitdem kontinuierlich an neuen Projekten, von denen mehrere in den vergangenen Jahren fertiggestellt wurden. 2019 eröffnete das Restaurant „Lyst“ im Fjordenhus, für das SOS die Einrichtung, Besteck und einzigartige Geräte entwarf. Diese werden zur Zubereitung einiger Gerichte verwendet, tragen aber auch zur physischen Erfahrung des Menüs bei. Behmann und Eliasson entwickelten ihren Entwurf nicht nur aus der Architektur des Gebäudes heraus, sondern arbeiteten eng mit dem Küchenteam um Sternekoch Daniel Mcburnie und dem 2021 verstorbenen Besitzer Morten Kirk Johansen zusammen. In Workshops entwarfen sie gemeinsam das gesamte Erlebnis rund um das Menü. Sie griffen auch charakteristische Eigenschaften der Küche auf – Schlichtheit verbunden mit höchster Qualität. Prägende Elemente der Einrichtung sind segelförmige Wandschirme und aus unterschiedlich farbigen Glasplatten zusammengesetzte Tischplatten. Die Form der Sessel und Deckenleuchten greifen die Ellipsenformen an der Architektur auf.


„Future Assembly“, Architekturbiennale 2021

„Future Assembly“ stellte einen der umfangreichsten und größten Beiträge im Hauptpavillon der Architekturbiennale 2021 dar. Eliasson und Behmann arbeiteten für dieses Projekt mit Hochschulprofessorinnen und -professoren, Kuratorinnen und Kuratoren, Aktivistinnen und Aktivisten aus Kultur, Wirtschaft und Politik zusammen. Gemeinsam erarbeiteten sie ein Konzept, das vom Prinzip der Vereinten Nationen und den universellen Menschenrechten inspiriert war. SOS lud dazu alle Teilnehmenden der Biennale ein, nicht-menschliche Lebensformen des Planeten zu juristischen „Personen“ zu ernennen und in der Ausstellung zu repräsentieren.


Meles Zenawi Memorial Park in Addis Abeba

Seit 2013 arbeitet SOS am Meles Zenawi Memorial Park in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens. Der große Landschaftsgarten und angrenzende Campus ist dem Gedenken an Äthiopiens langjährigen Premierminister gewidmet, der 2012 starb. Der Park besitzt mehrere Aussichtspunkte für einen Blick über die Stadt. Verschiedene Pavillons und Stationen werden alle durch einen Fußweg erschlossen, der sich durch das gesamte Gelände zieht. Dieser 2,4 Kilometer lange Weg bildet eine Reise durch das Leben und Wirken von Meles Zenawi und durch die Geschichte Äthiopiens im 20. Jahrhundert. Insgesamt sieben Pavillons markieren Stationen, die dazu einladen sollen, die Vergangenheit und Zukunft des Landes zu reflektieren.

Darüber hinaus entsteht im Park ein neuer Campus, der eine Bibliothek, ein Gästehaus, ein Forschungszentrum und Büroräume der Meles Zenawi Foundation aufnimmt. Die Gebäude setzen sich in vielfältiger Art und Weise mit der Bautradition Äthiopiens auseinander, sowohl formal als auch funktional. Da Eliasson und Behmann in Äthiopien Lehrtätigkeiten nachgehen und Eliasson langjährige, enge Beziehungen zu dem Land hat, war ihnen die Kollaboration mit lokalen Architekturschaffenden, Handwerkerinnen und Handwerkern sehr wichtig. Die Architektur ist deshalb nicht zuletzt Ergebnis eines kontinuierlichen engen Dialogs zwischen äthiopischen und europäischen Fachleuten.


„Vertical Panorama Pavilion“

Im vergangenen Jahr – 2022 – konnte SOS gleich mehrere Projekte fertigstellen. Der „Vertical Panorama Pavilion“ ist ein gewaltiger Baldachin aus unterschiedlich farbigen Glasscheiben, der im kalifornischen Sonoma, einem der bedeutendsten Weinanbaugebiete der Welt, entstanden ist. Er überfängt eine Terrasse mit Blick in die umgebende Landschaft. Der Pavillon setzt sich aber nicht nur mit der Landschaft und dem Licht des Ortes auseinander. Er thematisiert ebenso das „Terroir“, die spezifischen Klima- und Bodenbedingungen, die dem hier wachsenden Wein seinen einzigartigen Charakter verleihen. Durch einen Einschnitt in den Hügel betritt man deshalb den Pavillon auf Augenhöhe mit der Erde und den Mikroorganismen im Boden. Mehr zum Projekt hier:


„The Seeing City“, Paris, mit David Chipperfield

Ebenfalls 2022 wurde das Projekt „The Seeing City“ vollendet, bei dem Studio Other Spaces mit David Chipperfield Architects zusammengearbeitet haben. Hier gestaltete SOS Spiegel- und Kaleidoskopinstallationen für die beiden obersten Stockwerke der ehemaligen Pariser Präfektur, einem Hochhaus der Nachkriegsmoderne direkt am Ufer der Seine. Aus den beiden Attikageschossen eröffnet sich eine spektakuläre Aussicht über die Stadt und den Fluss. SOS inszeniert diesen Blick und die Position der beiden Stockwerke an der Spitze des Hochhauses durch verschiedene optische Mittel. Neben einer raffinierten Beleuchtung wurde im 15. Stockwerk das auskragende Dach über der umlaufenden Terrasse als Spiegelfläche gestaltet, die Fluss und Stadt reflektiert. Im 16. Stockwerk wurde die Decke teilweise in kaleidoskopische Glasboxen aufgelöst, die den Blick in den Himmel freigeben und gemeinsam mit den vollständig verglasten Wänden einen scheinbar durchlässigen Raum schaffen. Mehr zum Projekt hier:


„Common Sky“, Buffalo AKG Art Museum

Im Mai 2023 eröffnet das Buffalo AKG Art Museum die permanente Installation „Common Sky“ – ein weiteres bedeutendes Projekt von SOS. Es entstand im Zuge einer großangelegten Renovierung und Erweiterung des Museums. Das komplex geformte Glasdach überspannt einen abgeschlossenen Skulpturenhof. Der ehemals offene Hof ist Teil eines denkmalgeschützten Baus von Gordon Bunshaft aus den Sechzigerjahren. Das Museum wollte den Hof zu einem rund um das Jahr nutzbaren Foyer für die Stadtgesellschaft umbauen. SOS schuf eine vielfach facettierte Glasskulptur, bei der die transparente Dachfläche wie eine Blätterkrone aus einer Art Stamm hervorwächst. Zahlreiche Spiegel, die in das Tragwerk integriert sind, holen Sonnenlicht, Himmel und den umliegenden Park in den Raum. Dieser soll zukünftig für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden und so niederschwellig neue Besuchergruppen anlocken. Mehr zum Projekt hier:

Mehr zu dem Studio, ihren Projekten und Gedanken lesen Sie in der B5/2023.

Die Gründer von Studio Other Spaces

Die Kurzbiografien von Sebastian Behmann und Olafur Eliasson gibt’s im Folgenden.


Kurzbiografie: Sebastian Behmann

Sebastian Behmann, Jahrgang 1969, studierte Architektur in Dresden. Bereits während seiner Ausbildung faszinierte ihn das praktische „Machen“ ebenso, wie die theoretische Auseinandersetzung. Nach dem Studium zog er nach Berlin, wo er von Thomas Demand mit Olafur Eliasson bekannt gemacht wurde. Seit Mitte der Neunzigerjahre unterstützt Behmann Eliasson bei der Realisation von Kunstprojekten. 2014 gründeten beide gemeinsam das Architekturbüro „Studio Other Spaces“, das an den Schnittstellen von Architektur, Design und Kunst operiert.


Kurzbiografie: Olafur Eliasson 

Olafur Eliasson, Jahrgang 1967, wuchs in Island auf und studierte an der Königlichen Kunstakademie in Kopenhagen. Seit 1994 betreibt er sein Studio in Berlin. Eliasson ist einer der meistbeachteten Künstler der Gegenwart. Seine Ausstellung „In real life“, die er 2019 in der Londoner Tate Modern zeigte, führte zu langen Besucherschlagen vor dem Museum. Zu seiner Bekanntheit auch jenseits des klassischen Kunstpublikums trug nicht zuletzt die Netflix-Serie „Abstrakt“ bei, in der er porträtiert wurde. Eliassons Werke befinden sich heute in den weltweit wichtigsten Sammlungen zeitgenössischer Kunst.

Projekte rund um Studio Other Spaces und unsere BAUMEISTER Mai-Ausgabe

Die Mai-Ausgabe ist hier bestellbar.

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