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Italienische Melange

von Leonardo Lella
08.01.201610.06.2020
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Wenn man an die Architektur der italienischen Nachkriegszeit denkt, hat man oft ein Bild vor Augen: eigenwillige Bauwerke, die einen Ausweg aus den hohl gewordenen Dogmen der heroischen Phase der Moderne anstreben. Undogmatische, ortsbezogene und subversive Architekturen wie der berühmte Mailänder Torre Velasca, mit dem das Büro BBPR 1959 als Antwort auf den CIAM-Kongress mit der global gültigen Planungsmethodik der Moderne brach.

Was in Italien zwischen 1946 und 1976 in der Architekturwelt geschah, ist aber vielschichtiger und komplexer als eine bloße mediterrane Subversion gegen die klassische Moderne. Es ist vielmehr ein Sammelsurium oft gegensätzlicher Haltungen, die in einem erstaunlich vernetzten und intellektuell reichen Umfeld jene Phase des wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwungs Italiens zum Ausdruck brachten. Diese kreative Beschleunigung erschöpfte sich nicht nur in Architektur, sondern ging mit einer kreativen Phase in allen Künsten einher: Rossellini, Fellini und Antonioni im Kino, Pasolini, Calvino und Eco in der Literatur, Zanuso, Ponti und Sottsass im Design, um nur einige Künstler zu nennen.

  • Casa-Rossa-Valle
     

    Gino Valle. Casa rossa, Udine 1965-66

  • Caccia-Dominioni-Mailand
     

    Luigi Caccia Dominioni. Wohnhaus, Mailand 1953-55

  • Moretti-CorsOItalia-Mailand
     

    Luigi Moretti. Büro- und Wohnhaus, Mailand 1949-56

  • Autobahnbruecke-Nervi-Genua
     

    Riccardo Morandi. Autobahnbrücke, Genua 1960-67

  • Wohnhochhaus-Turin-Ziegel
     

    Segio Jaretti. Elio Luzi. Torre Pitagora, Turin 1963-68

  • Brutalismus-Beton-Kirche
     

    Benvenuto Villa, Mariarosa Zibretti Ribaldone. San Paolo Apostolo, Gallarate 1968-73

  • Jaretti-Luzi-Turm
     

    Sergio Jaretti, Elio Luzi. Torre Mirafiori, Turin 1970-74

  • Casa-Villa-Nachkriegszeit
     

    Vittoriano Viganò. Sommerhaus, Portese 1957-60

  • Olivetti-Architektur-Italien
     

    Iginio Cappai, Pietro Mainardis. Olivetti Hotel, Ivrea 1967-75

  • Synagoge-Livorno-Beton
     

    Angelo di Castro. Synagoge, Livorno 1960-62

  • Caccia-Dominioni-Kloster
     

    Luigi Caccia Dominioni. Convento di San Antonio Frati Minori, Mailand 1960-63

  • Florenz-Kirchenturm-Italomodern
     

    Lando Bartoli, Lisindo Baldassini, Pier Luigi Nervi, Campanile della Chiesa del Sacro Cuore, Floren 1956-62

  • Italomodern-Casa-Luzi
     

    Giuseppe Pizzigoni. Casa Nani, Parre 1964-65

Dieser gesellschaftlichen Melange haben der österreichische Architekt Martin Feiersinger und sein Bruder Werner, ein Künstler und Fotograf, eine Ausstellung und ein Buch gewidmet. Der Band beansprucht nicht, des Rätsels Lösung zu finden, sondern will einen Einblick in diese spannende Szene geben. Mit 216 ausgewählten Projekten haben die Brüder Feiersinger ein Dokument ihrer persönlichen Leidenschaft geschaffen, das als Architekturführer, Logbuch oder Atlas gelesen werden kann. Was das Buch besonders wertvoll macht, ist das Zusammenspiel zwischen dem architektonischen Wissen von Martin Feiersinger, der künstlerische Sicht von Werner Feiersinger und den themaübergreifenden Reflexionen von Otto Kapfinger, der im Buch eingestreute Essays verfasst hat.

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Wir befragten Martin Feiersinger zur Ausstellung und zum Buch „Italo Modern“:

Baumeister: Woher kommt Ihr Interesse an der italienischen Moderne?
Martin Feiersinger: Das geht zurück auf meine Studienzeit in Wien Anfang der 1980er Jahre. Zuerst waren es aktuelle italienische Projekte die ich studierte und besuchte wie etwa den Friedhof von Aldo Rossi in Modena (1971-83) oder die Bank von Carlo Scarpa in Verona (1973-82) – zwei ganz unterschiedliche Projekte, die bei mir einen starken Eindruck hinterließen: die typologische Auseinandersetzung bei Rossi, der sich aber kaum um die Qualität der Ausführung kümmerte und dem gegenüber die Detailbesessenheit und handwerkliche Präzision bei Scarpa.
Das besondere Interesse an der nahen Vergangenheit in Italien wurde dann 1984 durch einen Vortrag von Gino Valle in Wien ausgelöst, bei dem er unter vielen anderen Projekten auch seine Casa Rossa (1965-66), ein kleines rotes Haus in Udine, gezeigt hat. Ich verstand dieses fast normale Haus damals als Musterbeispiel für Robert Venturis Manifest „Komplexität und Widerspruch“. Etwa zur gleichen Zeit entdeckte ich aber auch das maschinenhafte Gebilde von Cappai & Mainardis, das wie eine riesige Schreibmaschine an die Altstadt von Ivrea andockt und 1967-75 im Auftrag des Büromaschinenherstellers Olivetti geplant wurde.

B: Was hat, Ihrer Meinung nach, diese besonders kreative Phase der italienischen Architektur Mitte der Siebziger Jahre abgeschlossen?
M F: Die Postmoderne! Mein Bruder und ich haben in unserer Bestandsaufnahme diese Frage in beide Richtungen gestellt: Wo beginnen wir und wo hören wir auf? So sind wir letztlich bei Werken angelangt, die kurz nach Kriegsende die kleinste Wohneinheit thematisierten – bei der Casa Minima in Bergamo von Giuseppe Pizzigoni und bei den Kugelhäusern in Mailand von Mario Cavallè, beide von 1946. Das Ende markieren zwei ungewöhnliche Wohnquartiere, die 1976 entworfen wurden – eine Art Plattenbau in Udine von Gino Valle und eine schwebende Teppichbebauung in Spotorno von Gambirasio & Zenoni.

B: Viele der dokumentierten Werke sind heute im schlechten Bauzustand, der eine gewisse Nostalgie in den Bildern erzeugt. Liegt das nur an der wirtschaftlichen Krise oder glauben Sie, dass die Italiener sich der Qualität ihrer Nachkriegszeitarchitektur noch nicht völlig bewusst sind?
M F: Ausgerechnet eine der Ikonen des internationalen Brutalismus, das Istituto Marchiondi in Mailand von Vittoriano Viganò, ist in einem desolaten Zustand! Der Grund dafür liegt aber nicht in der wirtschaftlichen Krise, sondern vor allem in der starren Konzeption, die keine Nutzungsänderungen erlaubt. Ähnlich verhält es sich auch mit vielen großen Kinderkolonien an der Adria oder auch jener in Corte di Cadore, die Edoardo Gellner 1954-63 geplant hatte und die seit Jahren leer steht.
Bei unseren Aufnahmen waren wir aber eigentlich überrascht, wie viele Bauten sich in einem perfekten Zustand befanden. Die Akzeptanz und Wertschätzung der Bauten aus der Nachkriegszeit ist leider generell nicht sehr hoch, da könnte ich auch keinen großen Unterschied zwischen Österreich und Italien erkennen.

B: In den im Buch eingeschobenen Essays von Otto Kapfinger tauchen ständig Hinweise auf andere Künstler und Autoren auf – vor allem Pasolini, Sottsass, Calvino, De Sica, Rossi und Loos. Ist dieses gesellschaftlich vernetzte und anregende Umfeld in den dokumentierten Werken zu spüren?
M F: Die Werke spiegeln die verschiedensten Strömungen und Einflüsse wider, sei es aus Literatur, Film oder bildender Kunst und zeigen auch einen neuen Umgang mit der Architekturgeschichte: So zeugt zum Beispiel Aldo Rossis Erstlingsbau – ein Ferienhaus in Marina di Massa von 1960 – vom direkten Einfluss von Adolf Loos, mit dessen Werk er sich in jenen Jahren intensiv auseinandergesetzt hatte. Auch der Neorealismus, der im Film eine besondere Ausprägung erfuhr, hatte einen Einfluss auf eine Reihe von Architekten, etwa Mario Ridolfi, für den besonders die solide handwerkliche Ausführung eine wichtige Rolle spielte. Daneben gibt es auch viele Architekten, die sich nicht eindeutig einer Bewegung zuordnen lassen wie Gino Valle – der interessanterweise das Grabmal von Pier Paolo Pasolini in Casarsa entworfen hat. Ettore Sottsass wiederum spiegelte als internationaler Designguru das Lebensgefühl gleich mehrerer Jahrzehnte wider – wir zeigen im Buch aber seine kaum bekannten Anfänge als Architekt: ein Wohnhaus in Pont-Saint-Martin von 1954-55 und eine Schule in Predazzo, die er 1951-52 zusammen mit seinem Vater geplant hat.

B: Wie beurteilen Sie den derzeitigen Stand der italienischen Architektur?
M F: Die Vielseitigkeit, Unbeschwertheit, Originalität, Experimentierfreudigkeit und vor allem Gleichzeitigkeit vieler verschiedener Strömungen wie in den Boom-Jahren kann ich in der gegenwärtigen Architekturszene nicht erkennen. Einerseits vielleicht weil mein Auge auf die Nachkriegsentwicklungen fokussiert ist, andererseits weil mir dazu auch die nötige Distanz fehlt, da ich selbst ein planender Architekt und kein Kritiker bin.
Die italienische Architektur der 50er bis 70er Jahre hingegen ist, metaphorisch gesprochen, so etwas wie ein offenes Buch mit unzähligen Kapiteln, wo man aus dem Vollen schöpfen und viel lernen kann.

Die Ausstellung „Italo Modern 2“ ist bis 20. Februar im Aut – Architektur und Tirol in Innsbruck zu sehen. www.aut.cc

Dazu ist das zweite Band der Publikation „Italo Modern 2 – Architektur in Oberitalien 1946-1976“ erschienen. Von Martin und Werner Feiersinger, hrsg. von Arno Ritter, aut. architektur und tirol in Zusammenarbeit mit dem vai Vorarlberger Architektur Institut, Park Books, Zürich Oktober 2015. Das erste Band „Italo Modern 1“ würde 2011 als „Schönstes Buch Österreichs“ gekürt.

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