B: Du planst die Veranstaltungen des Salon Suisse aber nicht nur als Theoriedebatte?
Evelyn Steiner: Auf keinen Fall! Mir war es sehr wichtig, dass der Salon auch eine poetische Dimension hat. Wir wollten keine Veranstaltungsreihe organisieren, die auch ein SIA- oder BDA-Kongress sein könnte. Deshalb ist mir das „verrückte“ Element, die Brechung durch das Mittel der Kunst, beim diesjährigen Salon so wichtig. Ich finde es sehr interessant, die Schnittstellen und Grenzen zwischen Raum und Kunst auszuloten. Gerade Performances, bei der der Körper zentrales Mittel der Kunsterzeugung ist, drängten sich da als Ergänzung auf.
B: Die „Salonière“ ist ja historisch die Gastgeberin eines literarischen Salons. Wie interpretierst Du diese Rolle für Dich?
Evelyn Steiner: Den Salon Suisse prägt natürlich ganz wesentlich unser „Salon“, der herrliche Saal im Palazzo Trevisan degli Ulivi, dem Sitz der Stiftung Pro Helvetia in Venedig. Dieser tolle Raum schafft den informellen Charakter der Veranstaltungen. Man kann sich dort fast wie in seinem eigenen Wohnzimmer fühlen. Ich habe den Eindruck, dass manche unserer Gäste kurz davor sind, die Schuhe auszuziehen. Was zu diesem intimen Charakter ebenfalls beiträgt, ist die Tatsache, dass viele Besucher nicht nur an einer, sondern an mehreren oder allen Veranstaltungen eines Wochenendes teilnehmen. So entsteht eine geradezu familiäre Atmosphäre. Ich sehe dabei meine Rolle auch darin, die Gäste zusammenzuführen und sie zum Austausch miteinander anzuregen – und zwar nicht nur über Architektur.
B: Das Programm beschränkt sich dieses Jahr nicht nur auf die abendlichen „Salons“, sondern es finden auch Veranstaltungen über Tag statt. Was ist die Idee dahinter?
Evelyn Steiner: Mir war es sehr wichtig, den Stadtraum miteinzubeziehen. Wir wollten mit dem Salon Suisse in die Stadt hinausgehen. Wenn man sich die Biennale anschaut, wirken viele Beiträge wie UFOs – Fremdkörper, die nichts mit Venedig zu tun haben. Das wollte ich unbedingt vermeiden. Stattdessen wollte ich das Thema „Bodily Encounters“ direkt auf die Stadt beziehen. Wir haben am ersten Salon Suisse-Wochenende eine Exkursion in eine Reihe typisch venezianischer Wohnungen unternommen – vom Ein-Zimmer-Apartment bis zum Palazzo. Dieser Einblick in aktuelle Lebenswelten der Stadtbewohner war hochspannend. Beim Oktober-Salon wird es dann eine Exkursion in die Lagune geben.