21.07.2021

Öffentlich

Alte Steine, neue Mauern

Fort l’Écluse

Über Jahrhunderte hat die Festung l‘Écluse viele Perioden von Krieg und Frieden gesehen. Dabei hat sie ihre Erscheinung immer wieder verändert. Nun hat das französische Architekturbüro Atelier PNG dort eine neue Ära eingeläutet. Diesmal entstand der Erweiterungsbau aus vorhandenen Steinen.

 

Foto: atelier png
Foto: atelier png

 

Etwa 30 Kilometer südwestlich vom Genfer See hängt Fort l’Écluse an den Hängen des Rhonetals. Hier thront die steinerne Festungsanlage hoch über dem Flussbett. Gleichzeitig schmiegt sich ein oberer Teil so an die Felswand, dass er erst bei genauem Hinsehen zu erkennen ist. Insbesondere dieses Fort Haut verschmilzt regelrecht mit dem Bergmassiv. Das Fort Bas hingegen hat eine klare Geometrie, die deutlich von Menschenhand stammt. Über Jahrhunderte haben Baumeister hier gewirkt. Nun waren die Architektinnen und Architekten von Atelier PNG am Werk. Sie haben Umgestaltungen im Innern vorgenommen und einen neuen Erschließungsturm ergänzt.

 

Foto: atelier png

Die Region und die Berge

 

Das Fort l’Écluse liegt im Pays de Gex im Osten von Frankreich und damit in unmittelbarer Nähe zur Schweiz. Über Jahrhunderte wechselten die Zuständigkeiten und Machtverhältnisse an diesem Ort. Obwohl der zum Fort gehörende Ort Léaz heute im französischen Département Ain liegt, sind die Beziehungen zu den benachbarten Schweizer Kantonen eng. Die Gemeinden des Pays de Gex zählen zum Genfer Agglomerationsraum. Das wird zu Füßen des Forts deutlich. Einige Meter unterhalb der Festungsanlage liegt die Bahnstrecke von Genf nach Lyon. Die Schnellstraße, die Route de Genève, hingegen läuft direkt unter dem Fort hindurch. Die Ballung von Infrastrukturen geht auf die Enge des Rhonetals zurück. Hinter dem Fort rücken die Bergrücken des Jura bis an den Fluss. Und auf der anderen Uferseite ragt der Höhenrücken des Bergs Vuache bis fast auf 1000 Meter auf. Über diese Engstelle wacht das Fort l’Écluse schon seit Jahrhunderten.

 

Foto: atelier png
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Geschichte des Fort l’Écluse

 

Schon seit dem 12. Jahrhundert gab es Baustrukturen an der Engstelle zwischen Jura und Vuache. Zunächst wohl als Klosteranlagen errichtet, dienten sie später Befestigungszwecken. Im 17. Jahrhundert wurde die Anlage massiv erweitert und wuchs zu einem militärischen Fort. 1815 brannten es bei Kampfhandlungen zwischen französischen und österreichischen Truppen nieder. Mit dem Wiederaufbau entstand über dem unteren Teil der Festungsanlage auch das obere Fort Haut. Es ist über 1165, in einem Tunnel versteckte Stufen mit dem unteren Fort Bas verbunden.1995 erwarben 19 Gemeinden des Pays de Gex die Anlage gemeinsam und verwandelten sie in ein Museum und Ort für kulturelle Veranstaltungen.

 

Foto: atelier png
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Fort l’Écluse heute

 

Die denkmalgeschützte Ansammlung von Wachtürmen, Schießscharten, Kasematten und Munitionskammern des Fort l’Écluse zeugt noch heute von vielen Jahrhunderten militärischer Funktion. Nun hat Atelier PNG den alten Strukturen neue hinzugefügt. Die Architekten haben einen Ausstellungsraum neugestaltet und einen vertikalen Erschließungsturm angefügt. Dabei war ihnen wichtig, behutsam vorzugehen. Deshalb hat Atelier PNG hauptsächlich mit vorhandenem Material gearbeitet. Ihr Ziel sei es gewesen, den alten Steinen ein zweites Leben einzuhauchen, erläutern die Architekten in ihrer Projektbeschreibung. Die Umbauten und die neue Nutzung sollen nun einen Tourismus fördern, der in Einklang mit dem Fels, dem Ort und der Baustruktur steht.

 

Foto: atelier png
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Neuer Empfangsbereich

 

Bevor Atelier PNG in dieses Ensemble eingriff, analysierten die Architekten die Ursprünge der unterschiedlichen Gebäudestrukturen. Sie setzten sich mit der Entstehungsgeschichte der imposanten Konstruktion auseinander und identifizierten die Ursprünge unterschiedlicher Schichten. Basierend auf diesem Wissen konzipierten sie ihren Eingriff. Sie fügten einen neuen Empfangsbereich in die bestehenden Kasematten ein, ohne dabei die Strenge der kunstvoll geschnittenen Steine zu stören. In Ergänzung dazu arbeiteten sie mit Metallelementen. Die fügen sich mit ihrer galvanisierten Oberfläche und stumpfen Farbigkeit in die Gewölbe ein. Darüber hinaus hält das Metall den schwierigen klimatischen Bedingungen im Fels stand. Auch das neugestaltete Restaurant neben dem Empfangsbereich prägen einfache Metalleinbauten. Sie harmonieren mit dem rauen Bestandsgestein, das durch die indirekte Beleuchtung wirkungsvoll in Szene gesetzt ist.

Vertikale Zirkulation

Wer die Festungsanlage durch das westliche Tor, das Port de France, betritt, nimmt die Ergänzung an der Außenfassade des Forts kaum wahr. Erst wenn die Besucherinnen und Besucher in den oberen Innenhof aufsteigen, zeigt sich die neue Struktur. Zum Innenhof präsentiert sich eine Fassade aus Gabionen, die von schartenähnlichen Öffnungen unterbrochen ist. Diese ermöglichen Blicke in die Umgebung. Sie bringen aber auch Licht in die dahinter liegende Erschließung. Denn die Gabionen-Fassade ist die äußere Hülle einer vertikalen Erschließungszone. Sie liegt vor dem Altbau und beherbergt einem Aufzug und barrierefreie Zugänge in die verschiedenen Geschosse.

Foto: atelier png
Foto: atelier png

Besondere Bedingungen am Hang

Das Besondere dieser „ungeschminkten baulichen Ergänzung“, wie Atelier PNG sie nennt, liegt im Material. Denn die Steine der Gabionenfassade entstammen einer Wand, die am Eingang zum neuen Erschließungsbereich zurückgebaut wurde. Sie musste Raum für den neuen, ebenerdigen Zugang zum Erschließungsbereich schaffen. Das Material dieser Wand wurde sortiert und zerkleinert und in zwei dünne Gabionenwände verfüllt. Deren verzinkte Stahlkäfige sind ausschließlich mit diesem Abbruch gefüllt. Obwohl Gabionen heute oft mit Landschaftsbau in Verbindung gebracht werden, liegen ihre Wurzeln in der Militärarchitektur. Damit zollt die neue Gabionen-Wand nicht nur Nachhaltigkeit Respekt, sondern auch der Geschichte des Fort l’Écluse.

Nicht nur der Wunsch nach Recycling war Grund für die Arbeit mit vorhandenen Steinen und trockenem Mauerwerk. Auch die besonderen Bedingungen des Standorts im Herzen einer Bergfestung haben dazu geführt. Das Prinzip der Vorfertigung und der trockenen Montage wurde auch für die Ausführung der Böden gewählt. Die neu eingebauten Böden bestehen aus verzinkten Metallrahmen, die mit steinernem Belag gefüllt sind.

In der nordkorsischen Hafenstadt Bastia hat der Architekt Dietmar Feichtinger gemeinsam mit dem französischen Büro Buzzo Spinelli in Kontrast zu den Felsen am Meer und zur massiven Festung eine Promenade direkt am Wasser realisiert. Sehen Sie hier selbst.

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