09.02.2022

Architektur Gewerbe

Restaurierung eines Fünfzigerjahre-Hauses in Engelberg

Das Matterhaus im schweizerischen Engelberg erzählt vom Beginn des Massentourismus der Nachkriegszeit. Seine Sonderstellung bezieht es aus dem Fassadenschmuck des wegweisenden Grafikdesigners Herbert Matter. Diese wurde nun im Zuge einer Renovierung wiederhergestellt.  

Bild: Matterhaus Apartments

Das Matterhaus im schweizerischen Engelberg erzählt vom Beginn des Massentourismus der Nachkriegszeit. Seine Sonderstellung bezieht es aus dem Fassadenschmuck des wegweisenden Grafikdesigners Herbert Matter. Diese wurde nun im Zuge einer Renovierung wiederhergestellt.  

 

Das Matterhaus im schweizerischen Engelberg erzählt vom Beginn des Massentourismus der Nachkriegszeit. Seine Sonderstellung bezieht es aus dem Fassadenschmuck des wegweisenden Grafikdesigners Herbert Matter. Diese wurde nun im Zuge einer Renovierung wiederhergestellt.  
Bild: Matterhaus Apartments

 

Im Laufe des Transformationsprozesses vom Bauerndorf zum Wintersportort verloren viele Alpengemeinden einen Großteil ihres historischen Baubestandes. Mit dem einsetzenden Massentourismus in der Mitte des 20. Jahrhunderts mussten in den Ortskernen alte Bauernhäuser und Gasthöfe Platz machen für Hotels und Pensionen mit zeitgemäßem Komfort. Heute wird dieser Verlust vielfach beklagt, werden die wenigen noch erhaltenen Zeugnisse der bäuerlichen Baukultur sorgsam gepflegt.

 

Bild: Matterhaus Apartments

 

Inzwischen droht allerdings der nächste historische Entwicklungsschritt dieser Gemeinden unsichtbar zu werden. Denn mittlerweile entsprechen die Hotelbauten, die in den Fünfziger- und Sechzigerjahren entstanden, kaum mehr den Ansprüchen heutiger Feriengäste. In der Folge fallen sie reihenweise der Spitzhacke zum Opfer. Das es auch anders geht demonstriert ein Beispiel aus der Schweiz. Engelberg ist ein traditionsreicher Wintersportort im Kanton Obwalden, etwa 30 Kilometer südlich von Luzern gelegen. Im Zentrum des Ortes betrieb die Familie Matter in einem Haus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Konditorei und einen Tea Room. Dieses Gebäude brannte 1953 nieder. Die Familie ließ an gleicher Stelle einen Neubau errichten, bei dem der Fotograf und Grafikdesigner Herbert Matter, der Sohn der Betreiber, eine wesentliche Rolle spielte.

 

Bild: Matterhaus Apartments

Schüler von Ozenfant und Léger

 

Matter war bereits in seinen Studienjahren mit der französischen Avantgarde, mit Ozenfant und Léger, später mit Le Corbusier in Berührung gekommen. Ab Mitte der Dreißigerjahre arbeitete er in den USA und gestaltete und fotografierte für die wichtigsten Mode- und Architekturzeitschriften des Landes. Für das MoMA drehte er einen Film über seinen Freund, den Bildhauer Alexander Calder, zu dem John Cage die Musik komponierte. Ab den Fünfzigerjahren lehrte er in Yale Grafikdesign und Fotografie. Herbert Matter war also bereits ein bekannter Künstler als der Neubau des elterlichen Betriebes ihn zurück nach Engelberg brachte. Dort drückte er dem neuen Gebäude seinen Stempel auf, der den Bau nun wieder aus der Masse der Bauten seiner Zeit hervorhebt.

 

Bild: Matterhaus Apartments

 

Der Bau in Engelberg selbst besitzt eine zeittypische Rasterfassade. Während das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss als öffentliche Räume konzipiert waren, in denen die Gastronomie Platz fand, nahmen die oberen beiden Stockwerke Fremdenzimmer auf. Herbert Matter ließ die vertieften Felder der Rasterfassade in Terrakottarot streichen. Im zweiten und dritten Obergeschoss setzte er neben jedes Fenster ein kreisrundes Feld in hellem Blau, in das er jeweils einen fünfzackigen Stern einschrieb. Die gleichen Farben finden sich an der Unterseite des fassadenbreiten Vordachs wieder, das über der Terrasse des ersten Obergeschosses auskragt. Auf hellblauem Grund schuf Matter hier ein weißes Linienmuster in Rautenform. Die Rauten umschließen dabei entweder die Beleuchtungskörper der Terrasse oder erneut einen Kreis mit fünfzackigem Stern. Hier allerdings sind die Kreise weiß, die Sterne rot. Auch die Schriftzüge am Haus gestaltete Matter.

 

Bild: Matterhaus Apartments

Matters Arbeit wieder sichtbarer Teil von Engelberg

 

In den letzten Jahrzehnten war von der Malerei und den Schriften jedoch nicht viel übriggeblieben. Als das Haus in Engelberg schließlich vor einigen Jahren seinen Besitzer wechselte, begann eine tiefgreifende Restaurierung. Das Architekturbüro GKS aus Luzern entkernten das Haus weitgehend und schuf in den oberen Etagen neun Ferienapartments und Wohnungen. Der rückwärtige Anbau des Hauses war marode und wurde durch einen Neubau ersetzt. Dieser besitzt die Form eines schlichten Satteldachhauses mit Lochfassade in weißem Putz. Der Anbau nimmt vier Hotelzimmer und drei Maisonette-Wohnungen auf. Das Erdgeschoss des Matterhauses nimmt nun die Rezeption eines Hotels auf, dass die Besitzer im Nebenhaus betreiben.

 

Bild: Matterhaus Apartments

 

Bei der Einrichtung der neuen Ferienapartments nahmen die Architekten übrigens auf die Erbauungszeit des Hauses Bezug. Das zeigt sich bei den eigens angefertigten Teilen der Ausstattung ebenso, wie bei der Auswahl der Möbel- und Leuchtenklassiker, die hier verwendet wurden. Und nicht zuletzt wurden der Fassadenschmuck und die Schriften von Herbert Matter restauriert oder nach alten Vorlagen wiederhergestellt. Dadurch erhielt das Haus nicht nur seine Einzigartigkeit zurück. Es ist nun auch wieder ein Zeugnis des Schaffens Matters im Ortsbild seiner Heimatgemeinde Engelberg.

Noch mehr international gefeierte Künstler, noch ein Hotel, ebenfalls in den Schweizer Alpen. Viel mehr haben das Matterhaus und das Luxushotel 7132 neben Peter Zumthors berühmter Therme in Vals aber nicht gemeinsam. 

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