27.12.2022

Event

Christos Vermächtnis im Museum Kunstpalast in Düsseldorf

Kultur
Christo und Jeanne-Claude, Verhüllter Reichstag, Berlin, 1971 – 95 © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022. Foto: Wolfgang Volz
Christo und Jeanne-Claude, Verhüllter Reichstag, Berlin, 1971 – 95 © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022. Foto: Wolfgang Volz

Das Museum Kunstpalast in Düsseldorf zeigt derzeit die erste posthume Retrospektive des Verpackungskünstlers Christo und seiner Frau Jeanne-Claude.

Der Reichstag in Berlin, der Triumphbogen und die Pont Neuf in Paris, schwimmende Stege in Italien, Schirme in Kalifornien und Japan. Die Projekte des Verpackungskünstlers Christo (1935–2020 und seiner Frau Jeanne-Claude (1935–2009) haben weltweit für Aufsehen gesorgt. Zusammen hat das Paar dabei Millionen Menschen fasziniert. Nach dem Tod der beiden zeugen auch heute noch zahlreiche Zeichnungen und Collagen von den Visionen des Künstlerpaares. Das Düsseldorfer Museum Kunstpalast widmet seine große Herbstausstellung deshalb den beiden.

„Diese Werkschau ist die letzte Ausstellung, der Christo kurz vor seinem Tod im Mai 2020 noch zugestimmt hat“, betont Felix Krämer, der Generaldirektor des Museums. Ich freue mich, dass wir diese Präsentation 60 Jahre nach Christos und Jeanne-Claudes ersten Aufenthalten in Düsseldorf und im Rheinland hier realisieren können.“ Seit Ende der 1950er Jahre pflegte Christo Kontakte zu Künstlern und Galerien im Rheinland. Er freundete sich zudem mit Joseph Beuys und den ZERO-Künstlern Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker an.

Christo und Jeanne-Claude, Verhüllter Triumphbogen, Paris, 1961-2021 © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022, Foto: Wolfgang Volz
Verhüllter Triumphbogen, Paris, 1961-2021 © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022, Foto: Wolfgang Volz
Christo und Jeanne-Claude, Verhüllter Reichstag, Berlin, 1971 – 95 © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022. Foto: Wolfgang Volz
Verhüllter Reichstag, Berlin, 1971 – 95 © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022. Foto: Wolfgang Volz

Das Mastaba-Projekt: das einzige von Christo und Jeanne-Claude auf Dauer angelegte Großprojekt

Zum ersten Mal erfolgt damit die Präsentation des in Frankreich entstandenen Frühwerks im Kontext mit Arbeiten von internationalen WeggefährtInnen. Dazu gehören Arman, Jean Dubuffet, Lucio Fontana, Yves Klein, Niki de Saint Phalle und andere. Neben Zeichnungen von realisierten Projekten zeigt das Museum Kunstpalast aber auch Studien und Entwürfe für das nicht mehr verwirklichte sogenannte Mastaba-Projekt in Abu Dhabi. Dies bildet das einzige von Christo und Jeanne-Claude auf Dauer angelegte Großprojekt. Ausgangspunkt für die Ausstellung ist die außergewöhnliche Sammlung des in Recklinghausen und Berlin lebenden Ehepaares Ingrid und Thomas Jochheim. Sie stellt einen der weltweit umfangsreichsten Bestände der Kunst von Christo und Jeanne-Claude dar. Die Düsseldorfer Schau mit dem Untertitel „Paris. New York. Grenzenlos“ ist dabei die erste posthume Retrospektive des Künstlerpaares.

Christo und Jeanne-Claude während ihrer Aktion Verhüllter VW-Käfer, Düsseldorf 1963 © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022 Foto: bpk/ Charles Wilp
Christo und Jeanne-Claude während ihrer Aktion Verhüllter VW-Käfer, Düsseldorf 1963 © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022 Foto: bpk/ Charles Wilp

Wie Christo und Jeanne-Claude auf die Architektur kamen

Im lesenswerten, knapp 200 Seiten starken Katalog (Kettler Verlag, Dortmund) beschreibt Kurator Kay Heimer (Leiter Moderne Kunst im Kunstpalast), dass Christo und Jeanne-Claude erst mit dem Umzug nach New York 1964 auf die Architektur kamen. Sie arbeiteten nun nicht mehr nur (wie vorher in Paris und im Rheinland) mit die Verpackung von Gegenständen:

„Die ,Ladenfronten’ waren Christos erste Werkgruppe, die nach Christo und Jeanne-Claudes Umzug in New York entstand. Inspiriert wurden sie vornehmlich von den historischen Fassaden der kleinen Geschäfte im Greenwich Village. Da in den Straßen von Manhattan regelmäßig Sperrmüll abgestellt wurde, war es für Christo leicht, an Material zu kommen, und so baute er aus alten Holzlatten und Plexiglasscheiben die realen Schaufenster nach, um anschließend ihre Fenster und Türen mit weißen Laken zu verhängen, wodurch den Betrachtenden der Blick ins Innere verwehrt wurde. Die Ladenfronten waren die ersten Arbeiten, die Christo mithilfe von Zeichnungen und Collagen vorbereitete – eine Arbeitsweise, die für die späteren Großprojekte in Hinblick auf Planung und Finanzierung eine zunehmend wichtige Rolle spielen sollte.“

Christo , Die schwimmenden Stege. Projekt für den Iseo-See, Italien, 2014 Bleistift, Wachskreide, Emailfarbe, Fotografie von Wolfgang Volz, Karte, Stoffmuster und Klebeband 43,2 x 55 cm, Sammlung Ingrid & Thomas Jochheim © Christo and Jeanne-Claude Foundation/ VG Bild-Kunst, Bonn, 2022. Foto: André Grossmann
Die schwimmenden Stege. Projekt für den Iseo-See, Italien, 2014 Bleistift, Wachskreide, Emailfarbe, Fotografie von Wolfgang Volz, Karte, Stoffmuster und Klebeband 43,2 x 55 cm, Sammlung Ingrid & Thomas Jochheim © Christo and Jeanne-Claude Foundation/ VG Bild-Kunst, Bonn, 2022. Foto: André Grossmann
Christo , Die Tore. Projekt für den Central Park, New York City, 2004 Bleistift, Stoff, Wachskreide, Kohle, Emailfarbe, von Hand gezeichnete Karte, Klebeband und Stoffmuster Zweiteilig, 77,5 x 66,7 cm und 77,5 x 30,5 cm Sammlung Ingrid & Thomas Jochheim © Christo and Jeanne-Claude Foundation/ VG Bild-Kunst, Bonn, 2022. Foto: Hanna Neander
Die Tore. Projekt für den Central Park, New York City, 2004 Bleistift, Stoff, Wachskreide, Kohle, Emailfarbe, von Hand gezeichnete Karte, Klebeband und Stoffmuster Zweiteilig, 77,5 x 66,7 cm und 77,5 x 30,5 cm Sammlung Ingrid & Thomas Jochheim © Christo and Jeanne-Claude Foundation/ VG Bild-Kunst, Bonn, 2022. Foto: Hanna Neander

Nachhaltigkeit im Fokus

Neben urbanen Projekten fokussierten Christo und Jeanne-Claude bereits in den späten 1960er-Jahren die Landschaft. „Wir sind fasziniert von der Begegnung zwischen der Unbändigkeit des Wassers und der Beständigkeit der Erde“, erklärte Christo. Das Thema Nachhaltigkeit hatten die beiden auch schon früh im Blick. „Das Paar stellte bei jedem Projekt sicher, dass alle Materialien für eine Wiederverwendbarkeit produziert wurden und die Landschaft nach dem Abbau unversehrt zurückblieb,“ unterstreicht Kurator Kay Heimer.

Auch Sammlerin Ingrid Jochheim bestätigt in einem Interview mit Co-Kuratorin Sophie-Marie Sümmermann , dass Christo und Jeanne-Claude der Nachhaltigkeitsaspekt sehr wichtig war. „Für das Projekt ,Gates‘ musste nicht ein einziges Loch in den Boden gebohrt werden. Das ist bei jedem Projekt so gewesen. Alles ist mit Ingenieur:innen ausgetüftelt und berechnet worden, sodass möglichst nichts zurückbleibt. Es wurde immer alles recycelt. Als die Reichstagsverhüllung abgebaut wurde, hatte eine große deutsche Automarke angefragt, einen Teil des Stoffes zu kaufen, um damit eine Sonderserie auszustatten. Jeanne-Claude und Christo haben abgelehnt. Obwohl es Geld in die Kasse gespült, Recycling-Kosten gespart und Geld für das nächste Projekt generiert hätte.“

Christo , Mein Kölner Dom, verhüllt (Projekt für Köln), 1992, Lithographie mit Collage aus Stoff, Bindfaden, Heftklammern und Stadtplan mit Kohle-, Blei- und Buntstift überarbeitet 56 x 71 cm, Sammlung Ingrid & Thomas Jochheim © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022. Foto: Archiv Christo and Jeanne-Claude Foundation
Mein Kölner Dom, verhüllt (Projekt für Köln), 1992, Lithographie mit Collage aus Stoff, Bindfaden, Heftklammern und Stadtplan mit Kohle-, Blei- und Buntstift überarbeitet 56 x 71 cm, Sammlung Ingrid & Thomas Jochheim © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022.
Christo , Verhüllte Pont Neuf (Projekt für Paris – Länge 270 m), 1980 , Bleistift, Stoff, Bindfaden, , astell, Wachsmalstift, technische Angaben und Luftaufnahme, Zweiteilig: 71 x 28 cm und 71 x 56 cm, Sammlung Ingrid & Thomas Jochheim, © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022. Foto: Archiv Christo and Jeanne-Claude Foundation
Verhüllte Pont Neuf (Projekt für Paris – Länge 270 m), 1980 , Bleistift, Stoff, Bindfaden, , astell, Wachsmalstift, technische Angaben und Luftaufnahme, Zweiteilig: 71 x 28 cm und 71 x 56 cm, Sammlung Ingrid & Thomas Jochheim, © Christo and Jeanne-Claude Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn, 2022.
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