24.06.2022

Wohnen

Belvedere und Präriegebäude – Hoch und flach

Blick auf zwei mehrstöckige, blockartige Wohngebäude, das hintere höher, davor ein Fußballplatz. CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, Foto: Cédric Colin
Foto: Cédric Colin

Im heißen Klima der südfranzösischen Stadt Toulouse sind zwei neue, weiße Wohngebäude mit großzügigen Freiräumen entstanden. In den großen Bauvolumen finden über 100 Wohnungen Platz, deren lange Balkone geschickt verschattet wurden.

Im Süden der südfranzösischen Stadt Toulouse liegt der Bezirk Empalot, ein Viertel mit einem großen Bestand an in die Jahre gekommenem Wohnungsbau. Die Gebäude – darunter viele Hochhäuser sowie sogenannte Wohnmaschinen – werden nun nach und nach saniert, das Quartier nachverdichtet. Jetzt sind zwei außergewöhnliche Häuser dazu gekommen. Sie stammen vom Pariser Architekturbüros CoBe (nicht zu verwechseln mit dem dänischen Architekturbüro Cobe). Insgesamt beherbergen sie 90 Wohneinheiten, die zum Verkauf stehen. Weitere 20 zählen zum sozialen Wohnungsbau. Das strahlend weiße Duo besteht aus einem hohen Bauteil mit zwölf Geschossen, dem „Belvedere“, und seinem niedrigeren Nachbarn, dem fünfgeschossigen „Präriegebäude“. Beide sind räumlich miteinander verbunden und von einer hellen, lichten Fassade umhüllt, die sowohl vor der Sonne schützt, als auch großzügige Balkone aufnimmt.

Blick auf zwei weiße Wohnblöcke, einer davon höher, im Vordergrund ein Fluss, in dem sich die Gebäude verschwommen spiegeln. CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, Foto: Cédric Colin
Fotos: Cédric Colin
Details der rückwärtigen Fassade zweier mehrstöckiger, weißer Wohngebäude. Detail der Fassade eines weißen, mehrstöckigen Wohngebäudes. CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, Foto: Cédric Colin

Stadteingang und -ausgang zugleich

Der Stadtbezirk Empalot liegt nur wenige U-Bahnstationen von der Innenstadt von Toulouse entfernt. Die U-Bahnlinie führt entlang des Flusses Garonne vom Zentrum in das im Umbruch begriffene Quartier. Die dominierenden Wohnkomplexe stammen vorwiegend aus den 1950er-Jahren und sind, wie zu dieser Zeit üblich, von großzügigen Freiräumen umgeben. Empalot sollte wieder Aushängeschild werden, als Stadteingang und -ausgang zugleich. Das Grundstück der beiden Neubauten liegt zwischen dem Ufer der Garonne und einem Fußballplatz. Entsprechend ist es von Offenheit und Weite geprägt.

Detail der Fassade eines weißen, mehrstöckigen Wohngebäudes. CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, Foto: Cédric Colin
Fotos: Cédric Colin
Detail der Fassade eines weißen, mehrstöckigen Wohngebäudes. CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, Foto: Cédric Colin

Wohnen im Belvedere und Präriegebäude

Die beiden Teile des neuen Wohnkomplexes schmiegen sich eng aneinander. Während der höhere in die Ferne wirkt, bleibt der andere bodennah und dem Grundstück verwurzelt – die Planer sprechen von einem „Landschaftsgebäude“. Die Wohnungsgrößen in beiden Bauteilen reichen von Einzimmerapartments bis zu Fünfzimmerwohnungen. Im Erdgeschoss konnte zudem das Clubhaus zum benachbarten Fussballplatz untergebracht werden. Zu diesem gehören sowohl Umkleiden als auch ein Gemeinschaftsraum, welche beide vom Spielfeld aus zugänglich sind. Darüber hinaus befinden sich hier die Räumlichkeiten von „Resilience Occitanie“, einer Organisation, die Kinder mit Einschränkungen betreut. Des Weiteren beherbergen zwei Untergeschosse die Parkplätze, die von der Rückseite des Gebäudes erreichbar sind.

Da die beiden Baukörper Belvedere und Präriegebäude auf dem Grundstück eng beieinanderliegen, konnten rundum zwei große, begrünte Freiflächen entstehen. Die eine gehört zur zentralen Eingangssituation des Wohnkomplexes: Hier weicht die Fassade zurück und empfängt die Bewohner als großzügiger Freiraum unter dem Gebäude, der von Stützen gerahmt wird. Währenddessen gelangt man vom zweiten Freiraum aus in die Treppenanlage, die auf der Rückseite der Gebäude liegt.

Blick vom Dach eines niedrigeren Wohnblocks auf einen höheres, weißes Gebäude. CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, Foto: Cédric Colin
CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, Foto: Cédric Colin
Fotos: Cédric Colin

Eine weiße Hülle

Vor allem die Hauptfassade der Wohnungen nach Süden stellte hohe Anforderungen an den Sonnenschutz. Denn nur durch eine gute Verschattung bleiben die Wohnungen in den heißen Sommern Südfrankreichs bewohnbar. Daher entwickelten die Architekten von CoBe eine doppelt wirksame Idee: Zum einen sahen sie große, horizontal weit auskragende Sonnenschutzelemente aus Streckmetall vor, die eine starke waagrechte Zäsur in der Außenhaut bilden und dem Komplex eine gewisse Leichtigkeit geben. Zum anderen erhielten die Wohnungen des Belvedere und des Präriegebäudes an der Süd- und Westfassade zwei Meter tiefe, lange Balkone als große, vielseitig nutzbare Freiräume für die Bewohner.

Die netzartige Struktur des Streckmetalls bietet – ähnlich wie das Laubwerk eines Baums – einen sanften Schatten und ermöglicht selbst an Sommernachmittagen einen komfortablen Aufenthalt im Freien. Die Nordseite des Belvedere verfügt ebenfalls über einfache Balkone. Somit erhalten selbst die kleinsten Wohneinheiten in diesem Neubaukomplex einen nutzbaren Freiraum.

CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, Schnitt, Plan: CoBe
Schnitt (Zeichnung: CoBe)
CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, Lageplan, Plan: CoBe
Lageplan (Zeichnung: CoBe)
CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, 3. OG, Plan: CoBe
Grundriss 3. OG (Zeichnung: CoBe)
CoBe, Belvedere und Präriegebäude, Toulouse, 6. OG, Plan: CoBe
Grundriss 6. OG (Zeichnung: CoBe)

Wohnen für alle im Belvedere und Präriegebäude

Im höheren Belvedere liegen die größten Wohnungen. Sie alle profitieren von den langen Balkonen mit Sonnenschutz auf der Süd- und der Westseite. Der benachbarte, niedrige Prärie-Teil weist auf seinen fünf Geschossen dieselben Grundrisstypologien auf. Auch hier öffnen sich alle Wohneinheiten zu zwei Himmelsrichtungen und sind ebenfalls mit langen Balkonen ausgestattet. Lediglich das oberste Geschoss sieht auf diesem Bauteil anders aus: Hier breitet sich eine grüne, landschaftlich gestaltete Terrasse über die gesamte Gebäudelänge aus. Sie ist für alle Bewohner des Wohnkomplexes zugänglich und bietet ihnen einen riesigen, halböffentlichen Außenraum. Hier ist zudem ein Solarium für die Bewohner und ein Plantschbecken für die Kinder zu finden.

Das Projekt sagt viel über die Haltung der über 80 Angestellten des Pariser Architekturbüros CoBe aus. Als interdisziplinäres Team setzen sie sich mit ihrer Gestaltung dafür ein, für eine Balance zwischen den vielen Anforderungen, für Schutz der Schwächsten und für eine Stärkung der (Wohn-)Gemeinschaft zu sorgen.

Auch interessant: Ein weiteres Gebäude ganz in Weiß ist das Wohnhaus Norm von Alain Carle.

Scroll to Top