Bekanntlich gibt es viel Wald in Kanada. Allerdings breiten sich um die Großstadt Montréal herum wie überall die üblichen Vorstädte mit Fertighäusern aus. In diese Umgebung fügt sich das Wohnhaus „Norm“ mit seinem SatteldachSatteldach: Eine Art von Dach, das aus zwei geneigten Flächen besteht, die an der höchsten Stelle zusammentreffen. ein. Zugleich aber setzt es sich von seinen Nachbarn deutlich ab. Außen weiß, innen weiß tanzt der monochrome Bau aus der Reihe.
Die Stadt Montréal ist geprägt durch ihre Insellage im Sankt-Lorenz-Strom. Am südwestlichen Ende der größten Insel liegt die kleine Stadt Baie-D’Urfé. Sie wurde im 17. Jahrhundert dort gegründet, um die Einwohner vor Angriffen aus südlicher Richtung zu schützen. Die ersten Farmer lebten zunächst an den Flussufern, bis die Stadt expandierte und die Menschen sich weiter landeinwärts niederließen. Nach dem Zweiten Weltkrieg machten sich hier typische suburbane Bauformen breit, Fertighäuser reihten sich auf kleinen Parzellen aneinander. Ansonsten orientiert sich die Struktur der kleinen Stadt zur Hauptstraße. Davon gehen die meisten Straßen im rechten Winkel ab oder verlaufen parallel dazu und bilden ein orthogonales Raster. Kleinere Straßen mäandrieren durch dieses Raster und folgen der bewegten Topografie. Die VegetationVegetation: Pflanzen oder Gräser, die auf dem Dach wachsen. ist dicht, im Sommer reich und grün und verleiht der suburbanen Ansiedlung eine naturnahe Anmutung.
Inmitten eines typischen Suburbs
An einer solchen gewundenen Straße liegt auch das „Norm“-Haus. In dieser Situation sind die Gebäude aus verschiedenen Blickrichtungen und Perspektiven zu sehen, was natürlich die Privatsphäre der Bewohner stören kann. Denn diese Besonderheit unterscheidet Baie-D’Urfé von typischen nordamerikanischen Vororten, in denen dominante Häuserfronten das orthogonale Straßenraster säumen. Hier dagegen konnte und wollte der Architekt Alain Carle keine vorgefertigte Vorstellung vom Wohnen anbieten, sondern ergriff die Chance, aus den Qualitäten des Orts und seiner Umgebung ein ungewöhnliches Haus zu entwickeln.
Ein Altbau, renoviert und erweitert
Die Geschichte des Norm-Hauses beginnt mit der Renovierung und Erweiterung eines bestehenden Einfamilienhauses. Es stand auf dem leicht nach Süden geneigten Grundstück, behielt aber leider den sonnigsten Teil der Parzelle der Garage vor, während sich die Wohnräume nach Norden orientierten. Von der Straße aus betrachtet, war zuerst das Garagentor zu sehen, während sich der Hauseingang versteckte. Das änderte der Architekt.
Etwas mehr Privatsphäre
Die neue Ausrichtung des Gebäudes und seiner Räume reagiert auf die Umgebung. Indem er das Raumprogramm komplett umkrempelte, schuf der Architekt verschiedene Bauvolumen, die sich jeweils zu besonderen Elementen des Freiraums öffnen. Große Fensterist eine Öffnung in der Wand eines Gebäudes, die Licht, Luft und Blick nach draußen ermöglicht. Es gibt verschiedene Arten von Fenstern, die sich in Größe, Form und Material unterscheiden können. Das Fenster ist ein wesentlicher Bestandteil der Gebäudearchitektur und hat sowohl funktionale als auch ästhetische Bedeutung. Es ist eine… sind etwa auf einen Baum, eine Rasenfläche oder in den Himmel gerichtet, weg von den Nachhäusern. So ergibt sich im Haus selbst eine wesentlich privatere Atmosphäre, obwohl es inmitten einer dicht bebauten Vorstadt liegt.
Innen weiß, außen weiß
Das bewusst ruhige Innere, die Monochromie und Homogenität der Oberflächen im Haus, stehen im Kontrast zu den abstrakten, in mehrere Richtungen weisenden Raumvolumen, die das Gebäude von außen prägen. So ergibt sich im Innenraum eine Art fließende, helle Landschaft, der sich jeder Raum unterordnet. Sie lebt vom Spiel von LichtLicht: Licht bezeichnet elektromagnetische Strahlung im sichtbaren Bereich des Spektrums. In der Architektur wird Licht zur Beleuchtung von Räumen oder als Gestaltungselement eingesetzt. und starken Konturen, die der Architekt für das VolumenVolumen: Das Volumen beschreibt das Raummaß bzw. die Größe eines Körpers oder Behälters in Kubikmetern oder Litern. komponierte. Auf den hellen Flächen drängt sich kein Material in den Vordergrund, so kam Alain Carle dem Wunsch seiner Bauherren nach, in einem minimal gestalteten Umfeld zu leben, gewissermaßen vor einer Art neutralem Hintergrund für das ohnehin bunte Leben.
Mit der Fortsetzung der einheitlichen Materialität im Inneren und auch an der Außenhaut des Gebäudes schafft der kanadische Architekt einen kontemplativen Lebensraum, der von subtilen Veränderungen im Licht, im Grün und den Jahreszeiten lebt, die von außen das schlichte, reduzierte Raumgefüge beleben. Das Norm-Haus will so eine neue Sensibilität für das Zusammenleben der Bewohner schaffen. Zudem will es einen Gegenpol zur heutigen Konsumwelt mit seiner Reizüberflutung schaffen.
Kontrastprogramm: Eine ganz andere Farbgebung hat das Berliner Wohnhaus von Bolles + Wilson.
Architekt: Alain Carle, Montréal
Projektleiter: Yann Deschesnes
Standort: Baie-D’Urfé, Quebec, Kanada
Fotos: Félix Michaud