26.01.2023

Portrait

Arno Lederer: Architektur mit langem Atem

Arno Lederer, Foto: Gabriela Neeb
Arno Lederer, Foto: Gabriela Neeb

Die Bauten von Arno Lederer und seinem Büro LRO gehörten in den letzten Jahrzehnten zu den ausdrucksstärksten und gleichzeitig unangepasstesten in der deutschen Architekturlandschaft. Nun ist der Architekt und Hochschullehrer im Alter von 75 Jahren verstorben.

1979 hatte Arno Lederer sein Büro in Stuttgart gegründet. In den folgenden 43 Jahren fand er zu einer unverwechselbare Architektursprache. Sie folgte keinem Trend. Dafür hat sie sich auf den ersten Blick erkennbar dem Ort, seiner Geschichte und den Nutzern zugewandt. Lederer entwickelte seine Architektur im Laufe der Jahrzehnte behutsam weiter, nicht gemäß einer Mode, sondern aus sich selbst heraus.


Einzigartige Designsprache

In einem Interview mit dem Baumeister (Baumeister 1/2014) beklagte Arno Lederer einmal, die Architektur verfalle mehr und mehr einem Populismus. Das sei „ein eklatanter Wechsel zur Ideologie des 20. Jahrhunderts, als noch die Funktion die Form bestimmte. Natürlich bestimmt der Markt die Form. Die Inhalte verschwinden, die wesentlichen Inhalte …“. Ganz anders stehen dagegen die Bauten aus dem Büro LRO da: Die Form muss in dieser Architektur auf den Menschen, auf seine psychischen und physischen Bedürfnisse eingehen, taktil erfahrbar sein und deshalb aus handfesten Materialien bestehen. Bauwerke als neutrale Kisten und aseptische Gefäße waren und sind dem Büro fremd. Oft fügen sich überraschend weich geschwungene, sympathische Linien als Decken, Fensteröffnungen, Nischen und Erker in einen kantigen Ziegelbau ein – manchmal spielerisch, nicht selten auch poetisch.


Architekt und Hochschullehrer

Arno Lederer hinterlässt eine lange Werkliste besonderer Bauten, die zunächst zusammen mit Büropartner Burkhard M. Sambeth entstanden, später mit Jórunn Ragnarsdóttir und Marc Oei. Lederers Bauten bleiben stets angenehm in Erinnerung. Sie prägen ihren Entstehungsort nachhaltig, besser gesagt, sie werten ihn auf und fügen sich als jüngster „historischer“ Baustein eigenständig in ihre Umgebung ein. Beispielhaft dafür seien das Kunstmuseum in Ravensburg (Baumeister 1/2013), die Ulmer Sparkasse (Baumeister 5/2016), das Historische Museum in Frankfurt am Main (Baumeister 11/2017) und kürzlich das Volkstheater in München (Baumeister 10/2021) genannt. Letzteres ist wieder ein handwerklich wunderbar ausgeführter Ziegelbau mit einladend großem Tor in schwieriger städtebaulicher Situation.


Arno Lederer: ein Multitalent

Der Generalist Arno Lederer verfügte über viele Talente, als Lehrer in Karlsruhe und Stuttgart ebenso wie als Gastredner und Autor. Zuhörer und Leser kamen in den Genuss ebenso tiefgründiger wie ironischer und unterhaltsamer Reden und Texte. Sogar eine Zeitschrift, die Lehrstuhlzeitung „Ach, Egon“, initiierte Lederer und gab sie auch heraus. Im persönlichen Umgang bleiben vor allem sein Humor, seine spitzen Bemerkungen, vorgetragen in breitem Schwäbisch, und seine Herzlichkeit in lebhafter Erinnerung. Am 21. Januar 2023 ist Arno Lederer im Alter von 75 Jahren in Stuttgart gestorben.

In der Büronachfolge haben Arno Lederer, Jórunn Ragnarsdóttir und Marc Oei klug gehandelt und diese seit Jahren vorbereitet. Denn bereits im Januar 2021 wurden mit Katja Pütter, Klaus Hildenbrand und Heiko Müller drei langjährige Mitarbeiter als Geschäftsführer in die Gesellschaft aufgenommen. Zusammen mit Marc Oei führen sie seit Januar 2023 das Büro LRO GmbH & Co. KG weiter.

Zum Nachlesen gibt es jetzt übrigens eine Neuerscheinung im Jovis-Verlag: „Drinnen ist anders als draußen“ mit Texten von Arno Lederer, herausgegeben von seiner Frau Jórunn Ragnarsdóttir.

Arno Lederer hat gemeinsam mit seinem Büro LRO 2021 das Münchner Volkstheater neu gestaltet. Lesen Sie alles dazu hier: Volkstheater München.

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