26.01.2023

Gewerbe

Remi Berlin von Ester Bruzkus Architekten

Berlin Innenarchitektur
Der Gastraum mit Blick in Richtung des Eingangs, Foto: Robert Rieger
Der Gastraum mit Blick in Richtung des Eingangs, Foto: Robert Rieger

Das Remi Berlin ist das von Ester Bruzkus Architekten gestaltete neue Restaurant im Suhrkamp-Haus. Es tritt in einen spannenden Dialog mit Roger Bundschuh’s Architektur – und der Küche von Lode van Zuylen und Stijn Remi.

Die offene Küche und die davorliegende Bar bilden den Mittelpunkt des Restaurants Remi. Foto: Robert Rieger
Die offene Küche und die davorliegende Bar bilden den Mittelpunkt des Remi Berlin. Foto: Robert Rieger

Remi Berlin: formstrenge Designsprache und warme Farbigkeit von Ester Bruzkus

Wenn die Rede auf die meistbeachteten Berliner Bauten der letzten Zeit kommt, muss zwingend vom neuen Suhrkamp-Verlagshaus gesprochen werden. Kaum ein Architekturjournalist ist in den letzten Monaten an Roger Bundschuhs hellem Betonbau am Rosa-Luxemburg-Platz vorbeigekommen. Auf viel Interesse ist auch die Inneneinrichtung seiner Verlagsräume gestoßen, die von Kinzo Architekten in Berlin gestaltet wurde. Nun haben Ester Bruzkus Architekten im Erdgeschoss des Gebäudes das Restaurant Remi in Berlin eingerichtet und damit das Suhrkamp-Haus um eine weitere Facette bereichert.

Die Räumlichkeiten waren herausfordernd, sagt Ester Bruzkus, denn es galt die baulichen Gegebenheiten – beide Längsseiten des Lokals bestehen aus bodentiefen Fensterflächen – und die Farbigkeit – Fußboden, Wände und Decken sind zementgrau – miteinzubeziehen. Wie konnte das neue Restaurant ein Maß an Wohnlichkeit vermitteln, ohne dass die Einrichtung gegen die Architektur anarbeitet? Ester Bruzkus Architekten fanden die Lösung in einer formstrengen Designsprache, die sie mit einer zurückhaltenden, aber warmen Farbigkeit kombinierten.

Der Gastraum mit Blick in Richtung des Eingangs, Foto: Robert Rieger
Der Gastraum mit Blick in Richtung des Eingangs, Foto: Robert Rieger

Die Küche steht im Zentrum

Zunächst galt es, den großen Raum zu gliedern, ohne ihm seine Großzügigkeit und Luftigkeit zu nehmen. Zu Hilfe kam den Architekten dabei, dass sich die beiden Gastronomen Lode van Zuylen und Stijn Remi eine offene Küche wünschten, die das Zentrum ihres Restaurants bilden sollte. Die Planer entwarfen deshalb einen großen Raumeinbau, in dem sie die Küche, eine Bar und einen geschlossenen Wirtschafts- und Lagerbereich zusammengefasst haben. Dieser Block zoniert die Gesamtfläche des Remi Berlin in verschiedene Areale: Vor der Stirnseite des Küchen- und Barblocks befindet sich der Hauptgastraum. Er wird zu den Fensterseiten von zwei langen Sitzbänken aus hellem Schichtholz umgrenzt. Die geschlossenen hohen Rückenlehnen der Bänke schirmen den Gastbereich vor Blicken von der Straße ab und schaffen so Intimität im Innern.

Seitlich des Küchenblocks sind weitere Tische aufgestellt: Zur Torstraße hin ziehen sich knapp ein Dutzend Tische die Fensterfront entlang. Diese Tischreihe endet im Eingangsbereich, den ein kleiner Empfangstresen markiert. Bei dieser Konzeption spielte die Überlegung eine Rolle, diesen seitlichen Gastbereich auch dann betreiben zu können, wenn der Hauptgastraum geschlossen ist – etwa zu den Randzeiten zwischen den Hauptmahlzeiten. Auf der anderen Seite des Küchenblocks, die dem Garten zugewandt ist, befindet sich der Chef’s Table – ein großer Einzeltisch, der direkt neben dem Servicezugang zur Küche liegt. Hier können Freunde des Hauses sitzen und hautnah das Geschehen hinter den Töpfen erleben. Im Garten selbst können weitere Tische aufgestellt werden. An der Rückseite des Küchenblocks sind die Garderobe und der Sanitärraum platziert

Im Remi bilden die charakteristischen Suhrkamp-Einbände einen Blickfang im Weinregal. Foto: Robert Rieger
Im Remi bilden die charakteristischen Suhrkamp-Einbände einen Blickfang im Weinregal. Foto: Robert Rieger

Rot für den Service

Um das Raumkonzept und seine Umgangslösung mit der Küche im Zentrum zu unterstreichen, haben Ester Bruzkus Architekten eigens für das Remi ein Lichtobjekt entworfen, das den Mittelblock in weiten Schlaufen umkreist. Drei sich immer wieder überschneidende Lichtschienen erhellen den gesamten Raum und bringen zudem ein dynamisches Element in die Einrichtung.

Beim Mobiliar und den Einbauten dominiert ein warmes Weinrot, das i zu dem hellen Grau der Architektur gut harmoniert. „Wir haben diese Farbe überall dort verwendet, wo das Restaurantpersonal arbeitet“, erläutert Ester Bruzkus. So ist die Küche ebenso in Rot gehalten, wie die Bar, der Empfangstresen, die Servicestationen und ein großes Weinregal, das am Ende des Gastraumes aufgestellt ist. Die Bereiche der Gäste kennzeichnen dagegen helles Holz und Akzente in Curry. Diesen Farbton brachten Lode van Zuylen und Stijn Remi selbst ins Spiel, wie Ester Bruzkus berichtet: „Sie kamen in unser sehr minimalistisch gestaltetes Büro, in dem als einziger Schmuck ein Strauß Sonnenblumen stand. Sofort waren sie begeistert von der Stimmung, die diese Kombination hervorrief.“ Die Architekten ließen daraufhin die Polster der beiden Bänke mit curryfarbenem Cordstoff von Kvadrat beziehen und auch ein Teil der Stühle wurde in diesem Farbton lackiert.

Die Küche von Lode van Zuylen und Stijn Remi konzentriert sich wie die Architektur ihres Restaurants auf das Wesentliche: hier ein Kabeljau mit Tomate und gegrillter Paprika. Foto: Robert Rieger
Die Küche von Lode van Zuylen und Stijn Remi konzentriert sich wie die Architektur ihres Restaurants in Berlin auf das Wesentliche: hier ein Kabeljau mit Tomate und gegrillter Paprika. Foto: Robert Rieger

Ester Bruzkus: Lernen von Louis Kahn

Bei der Materialauswahl für das Remi in Berlin ließen sich Bruzkus, Greenberg und das Team von zwei Konstanten leiten. Zum einen war dies das Gebäude selbst. Mit seiner Materialsichtigkeit, seinem wohlkalkulierten Minimalismus und seinem kompromisslosen Bekenntnis zur Moderne gab der Bau von Roger Bundschuh bereits die Tonlage für das Interieur vor – wollte man nicht einen kompletten Fremdkörper implantieren.

Zum anderen war es aber auch der klare, schnörkellose Kochstil von Lode van Zuylen und Stijn Remi, der das jeweilige Ausgangsprodukt in den Mittelpunkt stellt, der nach einer ebenso perfekt reduzierten Einrichtung verlangte. Peter Greenberg fand dafür Inspiration bei dem großen amerikanischen Architekten Louis Kahn. „Das Material soll im Innern aussehen wie an seine Oberfläche – als sei es ein Stück Butter“, paraphrasiert Ester Bruzkus eine Aussage John Hejduks über Kahns Architektur. Deshalb wurden die Kanten der Möbel und Einbauten im Remi nicht mit Umleimern verklebt. Das MDF, aus dem die roten Teile der Einrichtung gefertigt wurden, wurde hingegen vollständig durchgefärbt. Das Ausgangsprodukt sollte, wie in der Küche von Remi und van Zuylen, schließlich klar erkennbar bleiben.

Ester Bruzkus (r.) und ihr Büropartner Peter Greenberg (l.) gemeinsam mit Lode van Zuylen und Stijn Remi (m.), Foto: Robert Rieger
Ester Bruzkus (r.) und ihr Büropartner Peter Greenberg (l.) gemeinsam mit Lode van Zuylen und Stijn Remi (m.), Foto: Robert Rieger

Gegenpol zur Villa Kellermann: Remi Berlin

Fast das komplette Interieur wurde von Ester Bruzkus, Peter Greenberg und ihrem Team selbst entworfen. Eine Ausnahme machen einerseits der „Bondi chair“ des australischen Designers Fräg Woodall (für Please wait to be seated), andererseits die „Hanging lamp“ von Muller van Severen (für Valerie Objects). Den Bondi-Stuhl entdeckte Bruzkus auf dem Salone del Mobile und war begeistert von seiner Bequemlichkeit. Die Leuchte wählte sie aufgrund der grafischen Anmutung ihres Designs. Sie schafft nun dort Licht, wo die Deckenbeleuchtung nicht hinreicht.

Der Entwurf und die Umsetzung des Remis sei für sie eine besonders spannende Phase ihres Berufslebens gewesen, sagt Ester Bruzkus. Nicht zuletzt, weil fast parallel zum Restaurant im Suhrkamp-Haus der Umbau der Villa Kellermann erfolgt sei. Denn für Tim Raues neues Restaurant in der historischen Villa in Potsdam, übernahm Bruzkus ebenso die Gestaltung. Dort spielen Materialvielfalt, Farben, Muster und Formen zentrale Rollen im Gestaltungkonzept. Trotz des vollkommen anderen Erscheinungsbildes sei ihre Architektursprache in beiden Restaurants dennoch eigentlich die gleiche, sagt Ester Bruzkus. Es seien schlicht die zwei Pole der selben Welt.

Ganz in blau und nur 10 Gehminuten entfernt: die Aera Brotmanufaktur am Rosenthaler Platz, in der Handwerk und Design aufeinander treffen.

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