25.05.2023

Öffentlich

Arnhem Centraal von UNStudio

Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Central, Foto © Hufton+Crow
Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Central, Foto © Hufton+Crow

Im niederländischen Arnhem hat UNStudio das größte städtebauliche Projekt der Nachkriegszeit in Form eines wichtigen Verkehrsknotenpunktes verwirklicht: „Arnhem Centraal“ überzeugt durch Funktion und anspruchsvolle Gestaltung.


Arnhem Centraal: Wichtigster Verkehrsknotenpunkt

Bei Arnhem Centraal handelt es sich um das größte städtebauliche Projekt der Nachkriegszeit in Arnhem. Verschiedene Komponenten bilden dabei einen dynamischen Verkehrsknotenpunkt, in Form eines Bahnhofs bzw. Umsteigeplatzes. Das Projekt wurde von der Stadt in Auftrag gegeben und bildet für diese einen der wichtigsten Eingänge. Seine Infrastruktur stellt die Stadt als wichtigen Punkt an der Hochgeschwindigkeitsstrecke heraus.

Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Central, Foto © Siebe Swart
Fotos © Siebe Swart
Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Central, Foto © Siebe Swart

Ein Ort mit vielen Facetten

Den Auftrag für den Bahnhofsbereich erhielt dabei UNStudio. Im Rahmen eines ehrgeizigen, 20-jährigen Projekts entwickelte das Büro einen Gesamtmasterplan und dessen einzelne Komponenten, wie zum Beispiel eine Umsteigehalle, neue Bahnsteige, zwei Bürotürme und einen Tunnel. Um den ganzen Tag über einen lebendigen und vielfältigen Bahnhofsbereich zu garantieren, gibt es auch zahlreiche andere Angebote: Geschäfte, Büros, Wohnungen und sogar einen Kinokomplex. Arnhem Centraal ermöglicht außerdem Verbindungen zum Stadtzentrum, zu einer Tiefgarage und zum benachbarten Park Sonsbeek.

Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Central, Foto © Hufton+Crow
Fotos © Hufton+Crow
Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Central, Foto © Hufton+Crow

Die Komponenten von Arnhem Centraal

Die für Arnheim charakteristische, natürlich abfallende Landschaft spiegelt sich auch in der Gestaltung des Arnhem Centraal: In einer fließenden, zweckmäßigen Anordnung sind auf mehreren Stockwerken die Komponenten des Ortes übereinander gestapelt. Durch den Einbezug von Fahrgastströmen und der Nutzung verschiedener Verkehrsmittel sollen sie eine vielfältige und reibungslose Nutzung garantieren.

  • Transfer-/Umstiegshalle: Die Umstiegshalle bildet den zentralen Raum des Bahnhofs. Sie ist von einer geschwungenen, dynamischen Dachform gekrönt, die stützenfreie Spannweiten von bis zu 60 Metern aufweist. Große, verglaste Fronten lassen viel Tageslicht ins Innere und sorgen für ein offenes, helles Ambiente. Die Offenheit des Raumes ermöglicht klare Sichtlinien, weshalb für die Halle insgesamt wenig wegweisende Beschilderung notwendig war.
  • Bahnsteigdächer und -tunnel: An den Bahnsteigen wurden alle bisherigen Dächer ersetzt. Zudem wurde ein vierter Bahnsteig hinzugefügt, um den steigenden Fahrgastzahlen in Arnheim entgegenzukommen. Das Tageslicht von den Bahnsteigen fällt in den Bahnsteigtunnel und dient dort als Orientierungshilfe.
  • Busbahnhof: Auf dem Busbahnhof gibt es Terminals für Regional- und Lokalbusse. Somit bildet Arnhem Centraal einen wichtigen Haupteingang zur Stadt und berücksichtigt gleichzeitig deren regionale Bedeutung.
  • Parkhaus: Transitorische Räume sollen im Arnhem Centraal ebenso berücksichtigt werden, wie Räume für längere Aufenthalte. Deswegen gibt es hier auch ein Parkhaus, eine stützenfreie Struktur mit farbigen Wegmarkierungen und tiefen, V-förmigen Treppenhäusern. Durch die besondere Form der Treppenhäuser kann auch hier viel Tageslicht in den Untergrund fallen.
  • Park- und Rijn-Türme: Zwei Bürotürme nehmen öffentliche Aufgaben der Umsteigehalle auf. Sie befinden sich zwar etwas weiter von Arnhem Centraal entfernt, sind aber schon von Weitem deutlich erkennbar.
  • Willhelms-Tunnel: Der Willhelms-Tunnel leitet Autos und Busse an den Arnhem Centraal heran oder von dort weg. Je nach Fahrtrichtung führt er entweder in das Parkhaus oder an den Rand des Stadtzentrums.
Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Central, Foto © Hufton+Crow
Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Central, Foto © Hufton+Crow
Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Central, Foto © Hufton+Crow
Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Central, Foto © Hufton+Crow
Der Verkehrsknotenpunkt Arnhem Centraal, Fotos © Hufton+Crow

Konzeption und Struktur

In ihrem Entwurf zum Arnhem Centraal verwendete UNStudio einige konzeptionelle und strukturelle Werkzeuge. Mit ihrer Hilfe sollte die Geometrie des Ortes so gestaltet werden, dass sie allen Funktionen und Möglichkeiten des Bahnhofs gerecht wird.

Eines dieser Werkzeuge sind sogenannte V-Wände. Ihre schräge, langgestreckte Struktur fängt Rasterunterschiede zwischen den gestapelten Komponenten auf. Die Wände ersetzen traditionelle Stützen und bringen dabei Tageslicht und Belüftung in die unterirdischen Ebenen.

Zwei Einschnitte in die sonst fließende Bahnhofslandschaft bilden Zugänge – einen zum Parkhaus, und den anderen zum Eingang einer Fahrradabstellanlage.

Ein weiteres wichtiges konzeptionelles Element ist die sogenannte „Kleinsche Flasche“. Inspiriert an der gleichnamigen, imaginären mathematischen Konstruktion werden Innen- und Außenelemente des Arnhem Centraal miteinander verbunden. In einer Art verdoppelten, vierdimensionalen Möbius-Schleife führen die Architekten von UNStudio die umliegende urbane Landschaft im Inneren fort und lassen Decken, Wände und Böden fließend ineinander übergehen.

Arnhem Central, Zeichnung: UNStudio
Abbildungen © UNStudio
Arnhem Central, Zeichnung: UNStudio
Arnhem Central, Zeichnung: UNStudio
Arnhem Central, Zeichnung: UNStudio
Arnhem Central, Zeichnung: UNStudio

Der Twist – Das Herzstück von Arnhem Centraal

Das wohl auffälligste Element zum Thema Konstruktion ist der „Twist“, eine große, gedrehte, skulpturale Säule in der Umsteigehalle. Als deren Herzstück leitet sie jegliche Arten von Verkehr auf seinen Weg. Ursprünglich sollte der Twist aus Beton sein, wurde stattdessen aber mithilfe von Schiffbautechniken aus Stahl und mit Betonsockel gebaut. Weil das Material nicht von vornherein fest bestimmt wurde, war das Konzept anpassungs- und widerstandsfähig gegenüber solchen Veränderungen. Laut Architekt Aaron Betsky vereint der Twist Konstruktion, Menschen und Verkehrsmittel in einem „berauschenden Fest der Bewegung, das von Licht durchdrungen ist“.

Arnhem Central, Foto © Hufton+Crow
Fotos © Hufton+Crow
Arnhem Central, Foto © Hufton+Crow

„Arnhem Centraal ist nicht mehr nur ein Bahnhof…“

Ein derartig komplexes und langwieriges Projekt ohne gestalterische Kompromisse im Rahmen des Budgets und dabei auch termingerecht zu realisieren, erforderte viel Entschlossenheit der Hauptbeteiligten: Die Bauherrn, ProRail B.V., UNStudio, das Bauunternehmen Combination Ballast Nedam – BAM, das Ministerium für Infrastruktur und die Stadt Arnheim entwickelten in enger Zusammenarbeit einen Ort, der den Geist des Reisens im 21. Jahrhundert repräsentieren soll.

Heute setzt Arnhem Centraal Maßstäbe als komplexester Bahnhof seiner Art in Europa. Sowohl auf regionaler und nationaler, als auch auf internationaler Ebene ermöglicht er es den Fahrgästen, sich unkompliziert und sinnvoll zwischen verschiedenen Städten zu bewegen. Ben van Berkel, Gründer und leitender Architekt von UNStudio fasst es zusammen: „Arnhem Centraal ist nicht mehr nur ein Bahnhof. Er ist zu einem Umsteigeknotenpunkt geworden. Wir wollten der Bahnhofsgestaltung einen neuen und vitalen Impuls geben. Anstatt den Bahnhof nur um die Aktivitäten und Menschenströme herum zu gestalten, die dort bereits stattfanden, lenkt und bestimmt die erweiterte Architektur des neuen Transferterminals, wie die Menschen das Gebäude nutzen und sich darin bewegen.“

Ebenfalls von UNStudio: Das doppelte Hochhaus STH BNK in Melbourne.

Übrigens: UNStudio hat unsere Juni-Ausgabe 2023 kuratiert. Alles dazu hier.

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