Max, dein Großvater Helmut von Werz hat in den 60ern ein Haus gebaut, dass die gebaute Umgebung aufgreift, sich in Form, Größe und Materialsprache an die großen alten Bauernhäuser des Dorfes und des Alpenvorlandes anlehnt. Damals galt es sogar als Musterbeispiel für das Bauen auf dem Lande. Dabei besitzt das Holzhaus kein rustikales Ornament, sondern wirkt zeitlos und unverfälscht. Dein Onkel Franz Moll, ebenfalls Architekt, baute 25 Jahre später, 1989, ein Haus neben das deines Großvaters. Auch er trat in Dialog mit der gebauten Umgebung, aber insbesondere mit dem Bau deines Großvaters. Nun sind 30 Jahre vergangen und du hast eine Brechstube aus und für den Familienbesitz erweitert. Wie haben dich dabei die Bauten deines Großvaters und Onkels, die in unmittelbarer Nähe zu deinem Bau stehen, beeinflusst?
Auf ganz ähnliche Weise wollte ich bei meinem Projekt einen kreativen Dialog zwischen Alt und Neu herstellen. UmbauUmbau ist ein Begriff, der sich auf die Veränderung oder Renovierung eines bestehenden Gebäudes oder Raums bezieht. und Erweiterung der Flachsbrechstube sollten ein kohärentes Ensemble bilden und sich als eine Art Hof wahrnehmen. Bei allen drei Projekten war also die treibende Idee die gebaute Umgebung neu zu interpretieren. So wird quasi mit jeder Generation das gebaute Gewebe des Dorfes ein Stück weitergestrickt.
“Mein Großvater fand eine interessante Balance zwischen der Avantgarde und der Bewahrung.”
Was bedeutet es für dich, den „Fußstapfen“ deines Großvaters und Onkels zu folgen?
Für mich ist es etwas Besonderes, an die Geschichte der beiden anknüpfen zu dürfen. In einer Branche, die oftmals besessen ist von Neuheit und Originalität ist es erfrischend, zurückzublicken und von der Vergangenheit zu lernen. Mein Großvater ist 1990 verstorben und obwohl ich mich gut an ihn als Menschen erinnere, waren es noch zehn Jahre bevor ich mein Architekturstudium antrat. Weitere 14 Jahre später hatte ich eine besondere Gelegenheit, von ihm als Architekten zu lernen: Ich wirkte an der ersten Architektenmonographie über ihn (Verlag Birkhäuser) und einer begleitenden Ausstellung mit. Es war eine außerordentliche Chance für mich die Arbeiten seines Büros Werz, Ottow, Bachmann, Marx im Detail kennenzulernen.
Was fasziniert dich am meisten an seiner Arbeit als Architekt?
Besonders seine wichtige Rolle beim Wiederaufbau Münchens beeindruckt mich. Seine Arbeit und die Philosophie der Münchner Nachkriegsarchitektur, einen Altbau als etwas Lebendiges, das weiterwächst, sich weiterentwickelt und anpasst, zu verstehen, beeinflusst jetzt die Arbeit meines Büros und wie wir das Bauen im Bestand hier in Mexiko angehen. Mein Großvater fand eine interessante Balance zwischen der Avantgarde und der Bewahrung. Seine Tätigkeiten waren beispielhaft dafür wie Tradition und Fortschrittlichkeit sich nicht gegenseitig ausschließen müssen. Davon schneide ich mir gerne ein Stück ab.