02.08.2016

Gewerbe

Architektur des Kapitals

Dead Mall

Diese Ausstellung war mal nötig. Das Architekturmuseum München präsentiert noch bis Oktober einen Bautypus, der bisher den Diskursgranden von Architekturdeutschland der eingehenderen Betrachtung nicht würdig schien: Shopping Malls. Den kapitalistischsten aller Bautypen also. Sinnbild all dessen, was der gemeine Kommerzkritiker in gut Adornoscher Manier verabscheut: Räume für das Geldausgeben. Markenpräsenz.

Main-Taunus-Zentrum, © ECE Projektmanagement GmbH&Co.KG
Dead Mall, © Seph Lawless
Zorlu Center, © Thomas Mayer
CentrO, Rhode Kellermann Wawrowsky (RKW), © Thomas Meyer
Schloss-Arkaden Braunschweig, Grazioli und Muthesius Architekten, © Thomas Meyer
Southdale Center, Victor Gruen, © Gruen and Associates
Horton Plaza, Jon Jerde, © The Jerde Partnership
El Helicoide, Jorge Romero Gutiérrez, Pedto Neuberger, Dirk Bornhorst, © Pietro Paolini/TerraProject

„World of Malls – Architekturen des Konsums“ nimmt sich dieser Welt an. Und zwar auf eine spannende, bemerkenswert leichte, spielerische, undogmatische Weise. Im Kern werden die Klassiker des Genres präsentiert, von Victor Gruens Southdale Center aus 1956, die als Urtypus der überdachten Mall gesehen wird, über Jon Jerdes Großprojekte in Kalifornien, das Centro in Oberhausen und die Braunschweiger Schlosssimulation bis zu einem aktuellen Großprojekt Jürgen Mayer H.s in Berlin. Jeden Bau begleiten kurze, kritische, aber nicht überdidaktische Infotexte. Das Ganze wird flankiert von kleinen Ausstellungsschmankerln wie einem Blick auf die Rolle von Malls in Kinofilmen (inklusive Kinosessel) bis hin zu einer kleinen Geschichte des Konsums.

Und dann sind Malls natürlich auch immer Laufstege für Normalsterbliche. In ihnen findet der globale Konsummensch zu sich selbst. Wir zeigen uns dort einander. Wir zeigen uns aber auch den omnipräsenten Sicherheitskameras. An kaum einem Ort werden Menschen bei einer ja eigentlich ziemlich banalen Tätigkeit so viel medial reproduziert. Dieser Charakter der Mall wird durch eine Videoübertragung innerhalb der Ausstellung reflektiert: Besucher observieren Besucher. Foucault würde sich freuen.

Kurzum: Die Münchner Ausstellung lohnt sich, weil sie zeigt, dass eine kritische Auseinandersetzung mit kapitalistischen Bauphänomenen auch anders möglich ist als durch pikiertes Ignorieren. Auch die Sinnlichkeit geht dabei nicht verloren – obgleich der Popcorn-Automat im simulierten Kinosaal nur eine Replik ist.

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