15.10.2015

Öffentlich

Wie bauen für das Bauhaus?

Entwurf Gonzalez Hinz Zabala
Entwurf Young & Ayata

Bauhaus-Museen haben Konjunktur. Noch im Oktober wird der laufende Wettbewerb zur Erweiterung des Bauhausarchivs in Berlin entschieden. In diesem Jahr soll der Bau des Neuen Bauhaus-Museums in Weimar beginnen. Fehlt noch Dessau selbst, das ebenfalls ein Bauhaus-Museum bekommen soll. Angepeilt ist das Jahr 2019, in dem das hundertjährige Jubiläum der Bauhausgründung gefeiert wird. Da mag die Frage aufkommen, ob das geneigte Publikum durch die Feierlichkeiten und drei neue Museen nicht des Themas überdrüssig wird.

In Dessau jedenfalls ist jetzt der Architektenwettbewerb abgeschlossen worden, dessen weltweite Beteiligung die Strahlkraft verdeutlicht, die der Mythos Bauhaus international nach wie vor hat. 831 Arbeiten sind eingegangen, davon 502 aus dem Ausland. Einen eindeutigen Sieger hat es nicht gegeben. Die Jury unter dem Vorsitz von Wolfgang Lorch vergab zwei erste Preise an Gonzalez Hinz Zabala aus Barcelona und an Young & Ayata aus New York. Der dritte Preis ging an Berrel Berrel Kreutler AG aus Zürich, der vierte an Ja Architecture Studio in Toronto. Mit Ankäufen wurden Raummanufaktur aus Darmstadt, Steiner Weißenberger aus Berlin und Nussmüller Architekten ZT aus Graz bedacht. Ein international bekannter Stararchitekt ist also nicht unter den Preisträgern, ja nicht einmal unter den 30 Teams, die es in die zweite Runde geschafft haben.

Es fällt auf, dass die eingereichten Entwürfe nicht die in solchen Fällen erwartbare Ideenvielfalt repräsentieren. Nur wenige runde Formen waren im Angebot, kaum ein dekonstruktivistisches Splitterwerk à la Libeskind, stattdessen viel Kubisches, vermeintlich Bauhauskonformes.

Barcelona versus New York

Dennoch bot die Entscheidung eine handfeste Überraschung, denn das Preisgericht vergab zwei erste Preise, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Die Katalanen entwarfen einen 100 Meter langen Riegel Mies‘scher Prägung mit transparenter Fassade. Über dem durchlässigen Erdgeschoss schwebt, als Haus im Haus, eine Blackbox mit den frei kuratierbaren Ausstellungsflächen. Vielleicht gewinnt der Bau durch eine engagierte, delikate Detaillierung an Format. Im gegenwärtigen Stadium wirkt er nicht gerade hinreißend.

Anders die Amerikaner. Schon der Jury kamen während der Sitzung allerlei Metaphern in den Sinn. Von umgedrehten Blumenvasen oder von Schlümpfen war die Rede. Man könnte auch an eine Sammlung von 36 Thermoskannen denken oder an eine Konferenz der Zipfelmützen. Wie auch immer, es handelt sich um ein Unikat, um „Signature architecture“, von der ein gewisser Bilbao-Effekt ausgehen würde.

Die versammelten Gefäße sollen mit Glasmosaik verkleidet werden, in Rot- und Grautönen nach außen, in flirrender Buntheit in den Innenhöfen. Sie werden von pilzförmigen Sockeln angehoben, so dass der öffentliche Raum von der Straße zum Park unter ihnen durchläuft – dies sicher ein Gewinn für die Stadt.

Nächste Schritte

So verschieden die äußere Form, so unterschiedlich auch die Ausstellungsräume. Hier der neutrale White Cube aus Barcelona, dort die vorgeprägten, vielfach runden Räume mit Eigencharakter aus New York, die es den Kuratoren nicht leicht machen werden. Die Jury begeisterte sich für die so unterschiedlichen Lösungsansätze und empfahl die weitere Diskussion und gegenseitige Abwägung der beiden Konzepte – wohl sehr neugierig, was daraus werden wird.

Nun liegt der Ball im Feld der Stiftung Bauhaus und ihrer Direktorin Claudia Perren. Sie soll mit beiden Architektenteams in Verhandlungen treten. Zu klären wird sein, ob und wie die beiden Entwürfe mit den kuratorischen und museumspädagogischen Vorstellungen in Einklang zu bringen sind, und vor allem, wie man mit dem Budget von 25 Millionen Euro auskommen kann. Letzteres wird vor allem bei dem New Yorker Entwurf Probleme aufwerfen, den Fachleute auf das doppelte schätzen. Angenommen, die Verhandlungen mit beiden verlaufen erfolgreich, dann wird die Stiftung eine Grundsatzentscheidung treffen müssen: dröges Understatement oder spaßige Harlekinade. Beides vermag man schwerlich mit dem Bauhaus in Verbindung zu bringen.

Mehr dazu finden Sie im Baumeister 10/2015

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