18.03.2024

Event

„Es geht also doch!“ – Werksviertelausstellung München

München
Werk 12 Foto: Ivana Bilz
Werk 12 Foto: Ivana Bilz

Städtebau in Deutschland heute – da fällt einem nicht viel Positives ein. Jüngere Stadtentwicklungsprojekte werden zwar mit Stichworten wie urban, dicht und lebendig beworben, erweisen sich in der Realität aber als weitläufige, monofunktionale Einöden mit toten Erdgeschosszonen. Schnell muss geplant, investiert und verkauft werden. Zu diesen Missständen gibt es zahlreiche Beispiele, nicht zuletzt die ehemaligen Gleisanlagen der Deutschen Bahn in Städten wie München oder Stuttgart oder das Europaviertel in Berlin.


Die Werksviertel-Ausstellung

Doch es gibt sie, die positiven Beispiele. Zwar wenige, aber sie sind der Jury des Deutschen Städtebaupreises aufgefallen. Zu sehen in einer Ausstellung mit dem Titel „Es geht also doch!“ im Werksviertel München. Anlass ist die Ankunft der Wanderausstellung des Deutschen Städtebaupreises 2023 in München, der im letzten Mai in Berlin verliehen wurde. Präsentiert werden Preisträger, Auszeichnungen und Belobigungen auf Schautafeln. Erster Preisträger ist das Münchner Werksviertel selbst. Und so ist die Ausstellung vor allem auch deshalb sehenswert, weil zusätzlich ein Eindruck von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des preisgekrönten Quartiers mit Fotos und mehreren Modellen vermittelt wird. Dazu gibt es Fundstücke aus dem Viertel zu entdecken wie alte Leuchtreklame, eine Discokugel oder ein Kartoffelsortierer. Und das alles mittendrin im Areal, im „Werk12“ von MVRDV am „Knödelplatz“.

Foto: Ivana Bilz
Foto: Ivana Bilz
Platznutzung Werksviertel, Foto: Ivana Bilz
Foto: Ivana Bilz
Platznutzung Werksviertel

Stetiger Wandel als eines der Erfolgsgeheimnisse

Begonnen hat alles auf dem 40 Hektar großen ehemaligen Werksgelände von Pfanni, Zündapp und Optimol, setzte sich fort als „Kunstpark Ost“, angeblich der größten Clubmeile Europas, und nun ist aus der ehemaligen Münchner Schmuddelecke sogar ein Modell für andere Stadtentwicklungen geworden.

Johannes Ernst von Steidle Architekten, die den Masterplan bereitstellten, führt durch die Ausstellung und erklärt die Gründe für den Erfolg: Es sei die schrittweise Planung gewesen, die ausnahmsweise möglich war und die bis heute auch noch Spielräume bietet. Es gelang unter anderem, die Eigentümer der Bestandsgebäude wie auch die bestehenden Einrichtungen zu begeistern – ohne dogmatisch vorzugehen – sowie auf maximale Nutzungsmischung zu setzen. Johannes Ernst meint, wichtig sei, das Neue zwischen dem Bestehenden „Stück für Stück wachsen zu lassen, von innen heraus“. Am besten sei es, hybride Gebäude für möglichst unterschiedliche Nutzer zu schaffen.  Als beredtes, von Steidle Architekten umgebautes Anschauungsmaterial für das Rezept kann die erweiterte, ehemalige Knödelfabrik, das „Werk3“, dienen, transformiert in Büros, Geschäfte und Ateliers. Das große Vordach lenkt die Blicke auf die bunte Mischung in der Erdgeschosszone, keine einzige Handelskette ist dabei. Im ganzen Gebäude gibt es an die 60 verschiedene Mieter.

Ebenso beispielhaft ist das Kartoffelsilo „Werk4“, heute ein Hostel, Hotel und ein Kletterzentrum mit beeindruckenden Höhen. Auf die Initiative von Steidle Architekten hin kamen dann aber auch MVRDV, Snøhetta, Hild + K, Nieto Sobejano, Graft und Nuyken von Oefele zum Zuge.

Die Ausstellung lässt nachzuvollziehen, wie sich das Quartier weiterhin wandelt. Hotels sind inzwischen hinzugekommen, ein Business-Areal und zwei Wohnhöfe werden entstehen, dazu soll ja auch bald das Konzerthaus von den Vorarlbergern Cukrowicz Nachbaur gebaut werden. Hier treffen die Adjektive urban, dicht und lebendig tatsächlich einmal zu – durch die wunderbare Mischung von Menschen, ihren Aktivitäten und den Bauten entsteht tatsächlich ein Großstadt-Gefühl. Hier ist Platz für vielfältige Formen des Arbeitens und demnächst auch Wohnens. Dass man sich bei der Belegung des Areals Zeit lässt, ist auch daran zu erkennen, dass eines der wertvollsten Grundstücke zwischen Knödelplatz und Ostbahnhof noch gar nicht bebaut ist.

Foto: Ivana Bilz
Foto: Ivana Bilz
Foto: Ivana Bilz
Foto: Ivana Bilz

Städtebaupreis

Warum der Städtebaupreis an das Werksviertel ging, beurteilt die Juryvorsitzende Marie-Theres Okresek so: „Das Werksviertel […] steht für einen beispiellosen Ansatz, wie auf Grundlage des Bestands ein buntes Nebeneinander unterschiedlicher Nutzungen generiert werden kann […], die den Ort zu allen Tages- und Nachtzeiten beleben. Der Ort ist ständig in Bewegung, entwickelt sich weiter. Der öffentliche Raum verbindet und trägt diese unterschiedlichen Strukturen in seinem ebenso experimentellen Charakter. Viele liebevolle Details machen das Werksviertel zu einem der außergewöhnlichsten Projekte der jüngeren Vergangenheit.“

In der Ausstellung werden auch 14 weitere Preisträger, Auszeichnungen und Belobigungen gezeigt, darunter „Lebenswertes Weingarten – Wohnen für alle“ in Freiburg im Breisgau, „Holstenfleet – Kleiner Kiel Kanal“ in Kiel und das Mehrgenerationenhaus im ländlichen Kranzberg. Dazu der Sonderpreis „Klimaanpassung gestalten“, der dem Projekt

 „Umgestaltung Mittleres Paderquellgebiet“ in Paderborn verliehen wurde.

Der Deutsche Städtebaupreis wurde, wie erwähnt, im Mai 2023 in Berlin verliehen und wird auch 2025 wieder ausgeschrieben – von der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung e. V., Berlin, zusammen mit der Wüstenrot-Stiftung.

 

„Es geht also doch!“ – Ausstellung über das Werksviertel im Werksviertel München
12. bis 28. März 2024 , Werk12 – direkt am Knödelplatz

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