01.04.2020

Event

Unterwegs im Hotel Fisher’s Loft

Auf den drei Stockwerken wurden insgesamt nur zehn großzügige Gästezimmer untergebracht. Foto: Nina Struve

Über 250 Jahre alt ist der Speicher in Lübecks historischem Seefahrerviertel. Ein Architekt und ein Innenarchitekt haben ihn nun in ein kleines, zeitlos modernes Hotel verwandelt – ganz ohne Matrosenkitsch.

Nach 50 Jahren als Schrotthandel dient der Speicher nun als würdige Unterkunft für Besucher der Stadt. Foto: Nina Struve
Auf den drei Stockwerken wurden insgesamt nur zehn großzügige Gästezimmer untergebracht. Foto: Nina Struve
Eine reduzierte Materialwahl und zurückhaltende Farbgebung, viel Holz, Leder und Stahl schaffen ein zeitloses Ambiente. Foto: Nina Struve
Viele Ausstattungsgegenstände wie die Leinenbettwäsche und Leuchten sind eigens gefertigt. Foto: Nina Struve

Mit Messgeräten, die etwas über das eigene Gewicht aussagen, hat Bernhard Jacobsohn kein Problem. Das liegt vermutlich daran, dass der Immobilienexperte, der 20 Jahre lang Geschäftsführer eines Architekturbüros war, zur sportlichen Sorte Mensch zählt. Seine beiden mannshohen Schrott-Waagen, die „Dame“ und der „Herr“ genannt, sind jedoch nicht nur authentisch in einem ehemaligen Lübecker Speicher, sondern auch höchst dekorativ und somit genau richtig im „Fisher’s Loft“.

2015 hatte Jacobsohn gemeinsam mit dem befreundeten Hamburger Innenarchitekten Ralf Krause den 1754 errichteten Rokoko-Speicher gekauft; er liegt in Lübecks Marien-Magdalenen-Quartier, dem historischen Seefahrerviertel nahe des Travehafens. Der Straßenname „Fischergrube“ gibt noch heute – wie schon seit Mitte des 13. Jahrhunderts – Auskunft über die ehemaligen Bewohner und ihr Geschäft. Gut zehn Jahre lang, erinnert sich Jacobsohn, während er Frühstück für die Gäste zubereitet,
„sind wir um das Haus herumgeschlichen“. Die Lage ist großartig: Vom Frühstücksraum aus hat man die Trave direkt im Blick. Und schließlich ist es mit seiner Fassade, die statt nach Speicher eher nach Wohnhaus aussieht, und seiner ungewöhnlichen Traufständigkeit etwas ganz Besonderes: „…ein Lebenstraum, ein Architekturprojekt nicht nur abzuschließen, sondern es auch im Betrieb zu betreuen“. So springt Jacobsohn, wann immer es nötig ist, auch mal an der Rezeption und in der Küche ein.

Mit Fischern oder Fischen haben die Waagen, 20 sind es insgesamt im Haus, übrigens nichts zu tun: Das Gebäude wurde vor seiner Verwandlung in ein kleines Stadthotel garni die letzten 50 Jahre als Schrottlager genutzt. Gut ein Jahr lang haben Ralf Krause und Bernhard Jacobsohn in Abstimmung mit dem Denkmalschutz die Sanierung und Umgestaltung geplant, ehe sie mit insgesamt zehn Zimmern im Herbst 2018 eröffneten. Den Industriecharakter des Ensembles aus Vorderhaus, Seitenflügel und Quergebäude haben die Bauherren und Self-Made-Hoteliers beibehalten: Filigrane Stahlrahmen schützen und dichten die alten Fenster, die neu eingebauten Stahltreppen erhielten Stufen aus dem Holz, das einst im Haus verbaut war, die Böden sind aus Eichenholz, im Erdgeschoss wurde Estrich vergossen. Die historischen Holzbalken liegen frei, die Wände sind mit diffusionsoffenem Muschelkalk verputzt. Der Innenhof, der zuletzt überdacht war und viel Licht wegnahm, wurde freigelegt, so wie es im Originalzustand war. Und Bernhard Jacobsohn ist heute noch froh, dass Ralf Krause und er sich gegen „Vintage-Look“ und für ein eher klassisch-minimalistisches Mobiliar entschieden haben.

Die Bar ist übrigens die ganze Nacht geöffnet. Wer Durst hat, kann zwischen Wasser, Wein, Bier, Obstbränden, Portwein, Sherry oder Whisky wählen und macht Striche auf der ausliegenden Getränkeliste. Dazu passt – ganz dem Genius loci entsprechend – eine Dose Thunfisch, für 4,50 Euro.

Die Rezension lesen Sie im B4: Spielräume – Architektur für Kinder.

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