Die Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf ist marode. Statt Sanierung könnte ein Neubau in Frage kommen – RKW Architektur + und JLL haben die Idee für eine Green Bridge entwickelt, die einen Landschaftspark für Fußgänger und Radfahrer bietet.
Brücken sind mehr als monofunktionale Bauwerke
Die Theodor-Heuss-Brücke ist die zweitälteste der sieben Brücken von Düsseldorf. Sie ist marode und muss dringend saniert oder neu gebaut werden. Daher hat die Stadt Düsseldorf zum Dialog über die Zukunft der Brücke aufgerufen. RKW Architektur + und Marcel Abel von JLL Düsseldorf haben in diesem Rahmen ein spannendes Gedankenspiel vorgeschlagen: Was, wenn der motorisierte Verkehr künftig in eine vierspurige, unterirdische Röhre verbannt wird und eine Green Bridge als Landschaftspark mit Radschnellweg über den Rhein führt?
Die angefertigten Visualisierungen zeigen ein spektakuläres und nachhaltiges Bauwerk, das sich insbesondere an den Fußverkehr richtet. Außerdem soll es Wohnraum, ein Hotel und Büroflächen geben. Die Green Bridge würde neue Blickwinkel auf die Stadt bieten. „Die Brücke muss ohnehin neu gebaut werden, doch heute lässt sich deutlich mehr daraus machen als nur ein Verkehrsweg – ein nachhaltiges Bauwerk, dass den Menschen qualitative Fläche in optimaler Lage schenkt“, so Marcel Abel.
Das design.lab von RKW Architektur+ hat den visionären Vorschlag entwickelt. Die Idee dahinter ist, sich von der Idee der Brücke als monofunktionalem Bauwerk zu befreien. Stattdessen soll die Green Bridge eine Vielzahl an Angeboten miteinander verbinden. Sie ist Radfahrenden, Fußgängern und dem Grün vorbehalten.
Luftiges Leben in der Stadt
Die neue Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf könnte dazu führen, dass der motorisierte Verkehr künftig in einer Röhre durch den Rhein fährt. Die heute hochaufragenden Pylone der Brücke würden laut dem Vorschlag durch nutzbare Architekturen ersetzt. Die statische Kettenlinie würde die Form und Höhe des Bauwerks vorgeben, wobei es an beiden Uferseiten einen Hochpunkt gibt. Die über 1,5 Kilometer lange Brücke hätte eine geschwungene Form und würde an ihrem breitesten Punkt etwa 65 Meter messen. Der höchste Punkt läge etwa 47 Meter über dem Straßenniveau der Cecilienallee. Dabei bliebe die Durchfahrtshöhe für den Schiffsverkehr uneingeschränkt.
Die Bauzeit für diese Vision von RKW Architektur + wird auf etwa drei bis vier Jahre geschätzt. Kosten könnten um die 700 Millionen Euro betragen. Dazu gehören auch die Kosten für eine temporäre Behelfsbrücke, die während des Baus die beiden Rheinufer an dieser Stelle miteinander verbindet.
„Brücken sind heute viel mehr als funktionale Verbindungen. Sie können neuen Lebensraum mit attraktiven Nutzungen schaffen – sie sind Orte der Begegnung. Denn in den Städten leben wir künftig luftiger“, so Dieter Schmoll, Geschäftsführender Gesellschafter bei RKW Architektur +.
Langfristige Belebung der Theodor-Heuss-Brücke mit nachhaltigen Elementen
Die wohl wichtigste Funktion der vorgeschlagenen Green Bridge ist die als grünes Band. Denn die neue Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf wäre zugleich auch ein Landschaftspark, der Golzheim mit den Niederkasseler Rheinwiesen verbindet. Ein Radschnellweg soll durch das Grün führen. Spiel- und Grillplätze sollen Aussicht auf die Silhouette der Stadt geben. Und mit Kiosks, Cafés und Angeboten wie Urban Gardening und Farming-Projekten wäre auch die Aufenthaltsqualität sehr hoch.
Für RKW Architektur + ist die Idee einer langfristigen Belebung der Brücke mit vielen Nutzungsmöglichkeiten sehr wichtig. 400 Wohneinheiten, vom Mini-Apartment bis zu Maisonette-Wohnung, gehören dazu. Laut Vorschlag sollen sich öffentlich geförderter und frei finanzierter Wohnraum abwechseln. Dadurch würde eine lebhafte, generationenübergreifende Nachbarschaft ganz nah am Wasser entstehen.
Aber auch ein Hotel mit 350 Zimmern, Spaist ein Ort der Entspannung und Erholung, der vor allem in der Wellness-Branche weit verbreitet ist. Der Begriff „Spa“ steht dabei für „Sanus per Aquam“ und bedeutet „Gesundheit durch Wasser“. Ein Spa kann verschiedene Einrichtungen umfassen, wie zum Beispiel Saunen, Whirlpools, Dampfbäder oder Massageräume. Es ist ein Ort der Ruhe… und Panoramarestaurant, ungewöhnliche Büroräume in den Pylon-Bauwerken und Mobility Hubs in den Brückenfüßen gehören zum Konzept. Dank Ladestationen für E-Autos und -Fahrräder, Carsharing-Angeboten und Fahrradverleih ist eine nachhaltige Gestaltung der Green Bridge möglich. Und Windturbinen, Photovoltaikanlagen und effiziente Stahlfertigteile sollen Düsseldorfs ambitionierte Klimaziele zusätzlich unterstützen.
Entscheidung gegen Jahresende erwartet
„Wir geben der Stadt Impulse, indem wir Verkehr und NachhaltigkeitNachhaltigkeit: die Fähigkeit, natürliche Ressourcen so zu nutzen, dass sie langfristig erhalten bleiben und keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt haben. Nachhaltigkeit in der Architektur – Gebäude, die die Umwelt schützen und gleichzeitig Ästhetik und Funktionalität bieten Nachhaltigkeit und Architektur sind zwei Begriffe, die heute mehr denn je miteinander verbunden…, Erholung und Strahlkraft miteinander verbinden. Die Green Bridge kann Maßstäbe weiter über Deutschland hinaussetzen, was wiederum auf Düsseldorf zurückstrahlt. Deshalb werden wir unsere Ressourcen und Netzwerke nutzen, um dieses Projekt zu realisieren“, so Marcel Abel von JLL.
Noch ist unklar, ob die Stadt Düsseldorf dem Initiativentwurf zustimmt. Fest steht aber, dass sich die über 60 Jahre alte Theodor-Heuss-Brücke im letzten Drittel ihres Lebenszyklus befindet. Schon heute ist es nötig, den LKW-Verkehr einzuschränken. Die Stadt Düsseldorf stellte die Schrägseilbrücke im Jahr 2016 unter DenkmalschutzDenkmalschutz: Der Denkmalschutz dient dem Schutz und der Erhaltung von historischen Bauten und Bauwerken..
Das ausführende Amt für Brücken-, Tunnel- und Stadtbahnbau steht derzeit noch vor der Aufnahme der Planungstätigkeiten. Im Juni 2023 fand ein öffentliches Beteiligungsverfahren statt, bei dem auch der Vorschlag von RKW Architektur + diskutiert wurde. Für den Herbst sind zwei weitere Dialogforen geplant. Und Ende 2023 oder Anfang 2024 soll eine Beschlussvorlage entwickelt werden, die eine Vorzugsvariante für die Zukunft der Rheinquerung beschreibt.