09.09.2022

Wohnen

Kleine Stadtvilla in Maastricht – Alleinstehend in der Reihe

Die kleine Stadtvilla von Martens Willems & Humblé Foto: Philip Driessen
Die kleine Stadtvilla von Martens Willems & Humblé. Foto: Philip Driessen

In Maastricht haben die Architekten Martens Willems & Humblé eine kleine Stadtvilla erschaffen, die sich von ihrer Umgebung abhebt.

Innerhalb der Stadtmauern Maastrichts befand sich ein alter Klostergarten. Dieser wurde nach und nach bebaut und der Bestand schließlich als Pflegeheim genutzt. Im Jahr 1962 kam ein markantes modernes Hochhaus des Architekten W. Schellinckx dazu. Und inzwischen finden sich hier auch die für Maastricht typischen kleinen weißen Reihenwohnhäuser wieder.

Die Reihenhäuser umschließen das verbleibende Stück Klostergarten mit seinen schönen alten Bäumen und bilden so einen grünen Hof. In der letzten Lücke dieser Blockrandbebauung ist nun ein neues separates Einfamilienhaus entstanden. Es fügt sich in die Sichtachse der umgebenden Bebauung ein. Allerdings tanzt es beim genaueren Hinsehen gestalterisch doch aus der Reihe.

In Maastricht haben die Architekten Martens Willems & Humblé eine kleine Stadtvilla erschaffen, die sich von ihrer Umgebung abhebt. Foto: Philip Driessen
Foto: Philip Driessen

Einfamilienhaus in der Reihe

Die Erdgeschossgrundfläche dieser neuen Stadtvilla ist knapp bemessen: Sie ist auf sechs mal neun Meter begrenzt. Dies ist einerseits das Ergebnis des Bebauungsplans, andererseits nimmt sie damit aber auch Rücksicht auf einen besonderen uralten Baum. Es handelt sich um einen großen Ginkgobaum aus dem Klostergarten, der Überrest des allerersten „Ginkgo Biloba“ in den Niederlanden. Ein Franziskanermönch hatte ihn Ende des 18. Jahrhunderts aus China mitgebracht. Die Ableger davon sind heute überall in den Niederlanden zu finden.

Die Maastrichter Architekten Martens Willems & Humblé haben den letzten Baustein in der Blockreihe als skulpturales Objekt und als Gegenstück zum streng-modernen Hochhaus aufgefasst. So erweiterten sie die Wohnfläche im ersten Obergeschoss auf neun mal neun Meter und verhalfen dem Haus damit zu seinem besonderen Profil. Dennoch stellt sich trotz dieser vergrößerten Wohnfläche die Frage, warum die Architekten einem so kleinen Häuschen den Namen Polyphemos nach dem griechischen, einäugigen Riesen gaben.

In Maastricht haben die Architekten Martens Willems & Humblé eine kleine Stadtvilla erschaffen, die sich von ihrer Umgebung abhebt. Foto: Philip Driessen
Foto: Philip Driessen

Kleine Villa, innere Weite

Die Antwort findet sich beim Betreten der Villa. Eine Sichtbeton-Wendeltreppe zieht sich hinauf durch alle vier Stockwerke. Im Dach wurde ein rundes Fenster eingebaut, welches die Stufen mit Tageslicht flutet. Dieses runde Oberlicht ist auch der Ursprung für den Zyklopennamen für das Haus.

Durch die geringe Grundfläche müssen alle Funktionen übereinandergestapelt werden, anstatt dass sie nebeneinander liegen und zueinander in Beziehung treten. Dies stellt eine Herausforderung für die Architekten dar, und so kommt der Treppe als verbindendem Element eine noch größere Bedeutung zu. Im Erdgeschoss befinden sich Kochen sowie Essen in einem gemeinsamen Raum. Bodentiefe Türen und Fenster sorgen für reichlich Tageslicht und öffnen das Zimmer zum Garten. Die graugrüne Arbeitsplatte aus Marmor kontrastiert hier mit dem warmen Ton der hölzernen Eingangstür. Die Fronten der Kücheneinbauelemente sind ebenfalls in diesem Holzton gehalten.

In Maastricht haben die Architekten Martens Willems & Humblé eine kleine Stadtvilla erschaffen, die sich von ihrer Umgebung abhebt. Foto: Philip Driessen
Fotos: Philip Driessen
In Maastricht haben die Architekten Martens Willems & Humblé eine kleine Stadtvilla erschaffen, die sich von ihrer Umgebung abhebt. Foto: Philip Driessen

Vertikales Raumgefüge

Gerade weil sich alle Funktionen auf den Etagen verteilen, war es den Architekten von Martens Willems & Humblé wichtig, wo es ging, eine Blickbeziehung zwischen den Stockwerken herzustellen. So ist das Erdgeschoss, wo gekocht und gegessen wird, durch eine Galerie mit dem darüber liegenden Wohnbereich verbunden.

Dieser strahlt durch ein hochwertiges Fischgrätparkett Wohnlichkeit aus. Auf dieser Etage finden sich ebenfalls beinahe bodentiefe Fenster und eine große Schiebetür, die auf eine schmale Loggia hinaus führen. Sie geben Ausblick auf die alten Bäume, die auf dem Gelände stehen. Die Galerie im Wohnzimmer der Stadtvilla wird durch ein Metallgeländer mit rautenförmigem Muster begrenzt. Es ist dasselbe Geländer, welches als Brüstung der Loggia draußen verwendet wird. In diesem Stockwerk bildet die Loggia das verbindende Element. Sie setzt sich nach oben in das zweite Geschoss fort, so dass auf sich auf dieser Nordseite ein großer quadratischer Einschnitt in der Fassade markant abzeichnet. Das oberste Stockwerk ist durch das große Oberlicht mit dem Himmel verbunden. Von hier aus kann man direkt auf das benachbarte Hochhaus aus den 1960ern blicken.

Herzstück der Stadtvilla ist und bleibt allerdings das Treppenhaus, das sich wie ein Korkenzieher nach oben windet. Die Treppe bleibt durch ihren Schwung und die zurückhaltende graue Farbe trotz des Materials Sichtbeton filigran. Ein feines Stahlgeländer unterstützt diese Wirkung ebenso wie die Beleuchtung mit kleinen, in die Wand eingelassenen Leuchten.

In Maastricht haben die Architekten Martens Willems & Humblé eine kleine Stadtvilla erschaffen, die sich von ihrer Umgebung abhebt. Foto: Philip Driessen
Fotos: Philip Driessen
In Maastricht haben die Architekten Martens Willems & Humblé eine kleine Stadtvilla erschaffen, die sich von ihrer Umgebung abhebt. Foto: Philip Driessen

Eine Villa mit Profil

Um die aus der Reihe tanzende Seitenansicht der Stadtvilla mit ihren auskragenden Obergeschossen zu betonen, haben die Architekten den Sockel in leicht abgetöntem Weiß streichen lassen. Der Kratzputz darüber gleicht sich dagegen in strahlendem Weiß den Nachhäusern an. So bildet das Haus dennoch ein verbindendes Element in der Nachbarschaft. Es ist aber trotz all dieser Rücksichtnahme eigensinnig geblieben.

In Sempach bei Luzern ist ebenfalls ein neues Haus entstanden, das sich in seine Umgebung einfügt und trotzdem durch Besonderheiten hervorsticht. Lesen Sie hier mehr zu dem Neubau von Roman Hutter.

Querschnitt Villa © Martens Willems & Humblé
Zeichnungen: © Martens Willems & Humblé
Querschnitt II Villa © Martens Willems & Humblé
Geschosspläne Villa © Martens Willems & Humblé
Fassade Nord und Süd Villa © Martens Willems & Humblé
Lageisometrie Villa © Martens Willems & Humblé
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