Seit 2020 setzt sich die Spore Initiative mit Kultur- und Lernprogrammen für biokulturelle Vielfalt an. Mit einem neuen Gebäude in der Berliner Hermannstraße verankert sich die Initiative nun auch im Stadtraum. Mehr über den Entwurf von AFF Architekten hier.
Ein Neubau für mehr ökologische Gerechtigkeit
Die gemeinnützige Stiftung Spore Initiative setzt sich seit ihrer Gründung im Jahr 2020 für biokulturelle Vielfalt ein. Sie arbeitet mit Kultur- und Lernprogrammen und stellt Gemeinschaften in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Das Ziel ist es, das Gemeinschaftsleben in einen respektvollen Umgang mit der Natur einzubetten. Spore unterstützt Gruppen dabei, kulturelle Werkzeuge zu entwickeln, um spezifisches und mündlich weitergegebenes Wissen zu erhalten und zu teilen.
Für dieses vielfältige Vermittlungsangebot wollte die Initiative gemeinsam mit AFF Architekten ein Gebäude schaffen, das anpassungsfähige Räume bietet und zugleich der Inspiration dient. Es sollte ein geschützter, einladender Aneignungsraum entstehen, um Experimente und Zusammenarbeit zu fördern. Über die Architektur des Neubaus der Spore Initiative sollen die fundamentalen Themen der Stiftungsarbeit zum Ausdruck kommen. Im April 2023 eröffnete der Backsteinbau.
Der Neubau an der Neuköllner Hermannstraße ermöglicht es Spore, sich in einer urbanen Nachbarschaft zu verankern. Gemeinsam mit dem nebenan entstehenden Haus für gemeinnützigen Journalismus – „Publix“ – liegt das Neubau-Ensemble im Kontext großer Friedhöfe, urbaner Altbauquartiere und in der Nähe des ehemaligen Flugfelds Tempelhof. Beide Baukörper haben eine gestaffelte Höhenentwicklung mit bis zu sechs Geschossen. Publix soll 2024 eröffnen. Der doppelte Neubau wird von der in Lörrach ansässigen „Schöpflin Stiftung“ als unabhängige und gemeinnützige Stiftung getragen.
Eine offene Interaktionslandschaft
Der Leitgedanke des Neubaus der Spore Initiative durch AFF Architekten aus Berlin ist „Ort des Treffens“. Er wird durch differenzierte Freiräume und Raumfunktionen ausgedrückt. Die beiden Baukörper sind zueinander versetzt, sodass eine Erweiterung des öffentlichen Straßenraums entsteht, der einem Vorplatz ähnelt. Dieser besondere Aktionsraum bietet die gemeinsame Adresse von Spore und Publix.
Die Architekten legten besonderen Wert auf eine sensible städtebauliche Einpassung des Ensembles. Dazu gehörte etwa die Integration einer historischen Friedhofsmauer in die betonierte Außenwand. Die FassadeFassade: Die äußere Hülle eines Gebäudes, die als Witterungsschutz dient und das Erscheinungsbild des Gebäudes prägt. besteht aus monolithisch ausgeführten, fein abgestimmten Materialien. Große Glasfassaden öffnen das Gebäude im Erdgeschoss für die Öffentlichkeit. Neben einem Auditorium und Ausstellungsflächen gibt es auch interne Bereiche wie Büros, eine Bibliothek, Ateliers, Gemeinschaftsräume und Künstlerapartments.
Der stützenfreie Erdgeschossraum weist eine wabenartige Deckenstruktur aus SichtbetonSichtbeton: Ein Beton, der von außen sichtbar bleibt und dessen Oberfläche eine ästhetische Wirkung erzielt. auf. Mit diesem minimalen Materialeinsatz zeigen AFF Architekten, wie eine offene Interaktionslandschaft mit identitätsstiftendem Charakter aussehen kann. Dabei kommen die Materialien als „Rohware“ zum Einsatz, um ihre konstruktiven Eigenschaften zu zeigen und maximale Dauerhaftigkeit zu erreichen. Das Haus wird mit seinem öffentlichen Nutzungskonzept zur Gesellschaft beitragen und auch in der Zukunft viele Nutzungsarten initiieren.
Ein Haus für alle
Der rostbraune Ziegelbau ist Berlins neuestes philanthropisches Projekt. Im April 2023 öffnete der Bau, der freien Zugang für alle bietet. Das Thema Ökologie steht hier nicht nur im großen Garten im Vordergrund. Auch die Eichenholzküche, die bunten Möbel aus aller Welt und vor allem die Gäste bei der Eröffnung sind ein Zeugnis für den Fokus der Spore Initiative. So stellten unter anderem mexikanische Künstler indigenes Maya-Wissen zur Schau. Sie erklärten, dass es auf viele Probleme in der Welt bereits Antworten gibt, wenn man sich auf indigenes Wissen besinnt. Die Künstlerin Cecilia Moo gehört zu den ersten, die das Künstlerapartment im Neubau nutzen darf.
Das Haus von AFF Architekten ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Dort, wo sie sich treffen, weicht das Gebäude ein paar Quadratmeter zurück. Das war nötig, um die denkmalgeschützten „Anflugbefeuerungsmasten“ zu erhalten, hohe Lichtmasten, die während der Luftbrücke den Weg zum Tempelhofer Flughafen wiesen. Die Verbindung von Natur und Kultur ist für die Spore Initiative besonders wichtig. Während der DenkmalschutzDenkmalschutz: Der Denkmalschutz dient dem Schutz und der Erhaltung von historischen Bauten und Bauwerken. natürlich respektiert wird, ist das Haus für die Nutzung da: Der rustikale Holzboden darf Schrammen erhalten, der KlinkerKlinker: Klinker ist ein besonders widerstandsfähiger und langlebiger Baustoff, der durch das Brennen von Ton hergestellt wird und oft in der Fassade von Gebäuden oder als Bodenbelag Verwendung findet. soll Wind und Sonne trotzen, und der Garten sowie der neue öffentliche Raum ist für alle Nachbarn und Besucher gedacht. Übrigens: Die recycelten Klinker sind von BacksteinKontor und die Neubrandziegel von der Firma Ziegelwerk Klaus Huber in Sachsen.
Enge Zusammenarbeit mit indigenen Völkern
Die Mischung im Spore Haus aus Ausstellungshaus, Forschungsstätte, Lernlabor, Atelier, Gemeinschaftsgarten, Kultur- und Stadtteilzentrum ist einzigartig. Indigenes Wissen soll hier gespeichert und verbreitet werden und zudem in einen fruchtbaren Austausch mit der westlichen Forschung treten. Als neuartige Institution bietet die Spore Initiative in ihrem Gebäude ein komplexes Angebot an Ausstellungen, pädagogischen Workshops, Vorträgen, Diskussionen und Filmvorführungen. Los geht es seit April 2023 mit einem großen Programm zu den Lebensweisen, Erzählungen und ökologischen Praktiken der Maya Südmexikos.
Spore Initiative hat die Mission, die biokulturelle Vielfalt zu fördern. Dabei steht der Dialog mit indigenen Gemeinschaften im Vordergrund. Denn sie stellen zwar nur 6 Prozent der Weltbevölkerung dar, schützen aber rund 80 Prozent der verbleibenden Biodiversität. Sie sind überproportional von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen und vor allem von er Agrar- und Rohstoffindustrie bedroht. Ihre Kenntnisse der Pflanzen- und Tierwelt bieten ein unschätzbares Potential für Klima- und Naturschutz. Spore möchte das zumeist mündlich übermittelte Wissen bewahren, zugänglich machen und mit der Welt teilen.
Bereits in den Jahren vor dem Neubau arbeitete Spore mit indigenen Völkern, um kulturelle Werkzeuge zur Vermittlung wichtiger Inhalte zu entwickeln. Die Initiative bot finanzielle Unterstützung und professionelles Know-how an. So entstanden etwa Hörspiele mit alten Maya-Geschichten, Infobroschüren sowie Animations- und Dokumentarfilme zur landwirtschaftlichen Praxis der Maya. Sie sind im Spore Haus zu finden, wurden aber auch in Yucatán verteilt.