I R: Welche grundlegende Idee verfolgen Sie mit diesem Projekt?
W V: „Rhome for denCity“ wurde konkret für eine Stadtteilsanierung in Rom geplant und als Wohnmodell für „smart cities“ konzipiert: ein „mitdenkendes“ Haus, das dabei hilft, mehr EnergieEnergie: die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten oder Wärme zu erzeugen. zu erzeugen als verbraucht wird und die Lebensqualität der Einwohner zu verbessern. Denn nachhaltiges BauenNachhaltiges Bauen bezeichnet eine Bauweise, die ökologische, soziale und ökonomische Aspekte bei der Planung, Errichtung und Nutzung von Gebäuden berücksichtigt. Ziel ist es, die Umwelt zu schonen, Ressourcen zu sparen und die Lebensqualität der Bewohner und Nutzer zu verbessern. steht vor der großen Herausforderung der städtischen Verdichtung. Im Prinzip einfache, jedoch durchdachte Gebäudekonzepte sind hier gefragt, zugleich innovative Wege bei der Nutzung regenerativer Energiequellen wie etwa der Sonne sowie konstruktive Besonderheiten. Unser Prototyp demonstriert eine modulare, flexibel einsetzbare Lösung: Das Haus kann als einzelne Wohnebene für Dachaufstockungen verwendet werden, ist aber auch erweiterbar als mehrgeschossiges Wohnhaus. Die Energieversorgung wird durch die Kombination von solarer und eigener Energie bewerkstelligt. Wir wollen Impulse für „smart cities“ geben, gleichzeitig einen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emission leisten und den Wald als Kraftfabrik im urbanen Raum etablieren.
I R: Gibt es bereits konkrete Umsetzungspläne in Rom? Und welche Herausforderungen sehen Sie dabei?
W V: Der Rektor der Universität Roma Tre hat angefragt, ob wir ein zweites Haus für den Campus nachbauen können. Das ist ein sehr gutes Zeichen und lässt hoffen, dass dieses Projekt nicht in der Forschung stehenbleibt. Doch natürlich ist auch die Politik gefragt, zum Beispiel bewusst in den Holzhausbau zu investieren oder Strukturen zu schaffen, um öffentliche Auftraggeber zu gewinnen. Hier kann man sicher auch von Deutschland lernen. Dort sehen wir, dass öffentliche Bauten ganz gezielt in HolzHolz: Ein natürlicher Werkstoff, der zur Herstellung von Schalungen und Gerüsten genutzt werden kann. Es wird oft für Bauvorhaben im Bereich des Holzbaus verwendet. ausgeschrieben werden. Sicherlich ist es aufgrund des insgesamt noch geringen Marktanteils schwieriger, öffentliche Auftraggeber oder Gemeinden zu gewinnen. Doch wir glauben an eine Entwicklung, die wir als Branchenführer fördern und vorantreiben, indem wir Entscheider davon überzeugen, dass der Baustoff Holz anderen Materialien zumindest ebenbürtig ist und auch zahlreiche Vorteile mit sich bringt.
I R: In welchen Kategorien holten Sie beim Wettbewerb die meisten Punkte?
W V: Beim Solar Decathlon haben wir bei der Bewertung von Gebäudefunktion, Innovation und Architektur die meisten Punkte geholt. In der KategorieKategorie: Die Kategorie beschreibt die Gefahrenklasse von Stoffen und Materialien, z.B. entzündbare Flüssigkeiten, Gas oder Staub, und hat Einfluss auf die Brandschutzanforderungen. Architektur haben wir natürlich von unserem italienischen Team profitiert. Italien gilt nach wie vor als Design-Hochburg, die Architektur ist sehr elegant und ästhetisch ansprechend. Beim Thema Gebäudefunktion haben wir versucht, die Komponenten Klima und Wandaufbau effektiv einzubinden. Um die WärmespeicherfähigkeitWärmespeicherfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit eines Stoffes, Wärme zu speichern. der Außenwände zu erhöhen – für ein sowohl im Sommer als auch im Winter ausgeglichenes RaumklimaRaumklima: Das Raumklima beschreibt die Eigenschaften der Luft in einem Raum und umfasst insbesondere Faktoren wie Feuchtigkeit, Temperatur und Luftqualität. Ein gutes Raumklima ist wichtig für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohner. – wurden z.B. mit Sand gefüllte Aluminiumprofile eingebracht. So haben wir zwei elementare Funktionen abgedeckt: die DämmungDämmung: Materialien, die verwendet werden, um Wärme oder Schall in oder aus einer bestimmten Zone einer Konstruktion zu halten. und die Kühlung. Unser Wandaufbau sorgt dafür, dass das Holzhaus dem Bewohner unabhängig von schwankender SonneneinstrahlungSonneneinstrahlung: Die Menge der von der Sonne abgegebenen Energie in Form von elektromagnetischen Wellen, die auf die Erde treffen. und saisonalen Wetterperioden ein sehr gesundes und konstantes Raumklima über das gesamte Jahr bietet. Kosten für Heizung und Kühlung können durch die optimierten Regelsysteme auf ein Minimum reduziert werden.
I R: Welche konstruktiven Eigenschaften machen Holz zum idealen Baumaterial im urbanen Umfeld?
W V: Holz setzt sich als Baumaterial immer mehr auch im urbanen Raum durch. Als Holzbauunternehmen haben wir kontinuierliche Wachstumsraten zu verzeichnen. Wir sehen also, dass sich die Menschen verstärkt diesem Material zuwenden. Hierbei helfen uns technologische und konstruktive Fortschritte: Mittlerweile ist es möglich, ohne statische Probleme zehngeschossige Gebäude zu errichten. Desweiteren haben wir Fortschritte bei der Erdbebensicherheit erzielt, sodass Holz anderen Baustoffen, wie StahlStahl: Ein Werkstoff, der aufgrund seiner hohen Belastbarkeit und Stabilität oft bei Gerüstkonstruktionen eingesetzt wird. oder Beton in nichts nachsteht. Vorteile ergeben sich auch bei Sicherheitsfragen im Brandfall. Während Stahl und Beton unter großer Hitze plötzlich in sich zusammenfallen können, garantieren unsere Widerstandsklassen, dass die Stabilität der Grundstruktur berechenbar bleibt und Zeit für eine EvakuierungEvakuierung: Evakuierung bezieht sich auf den Prozess der umgehenden und sicheren Verlegung von Menschen aus einer gefährdeten Umgebung wie zum Beispiel einem brennenden Gebäude oder einem Überschwemmungsgebiet. lässt. Generell bestärken uns solche Siegerprojekte darin, uns weiter mit der Verdichtung des urbanen Raumes zu beschäftigen. Das Pilotprojekt ist Motivation, auch zukünftig Ästhetik, Funktion und Preis so zu gestalten, dass wir attraktiv am Markt bleiben. Unsere große Stärke dabei ist, dass wir modular bauen und für uns der Schritt vom individuellen Entwurf zur Serienproduktion leicht fällt.
I R: Was geschieht nun mit dem Prototypen des Siegerprojekts „Rhome for denCity“?
W V: Der Prototyp steht nun bei uns in Kiens als Anschauungsobjekt für Architekten, Planer und Entscheider aus Wirtschaft und Politik, aber auch für alle am Holzbau interessierten Menschen. Generell beschäftigt uns das Aktivhaus auch über den Wettbewerb als Konzept für Standardlösungen. Es geht darum, die Solarthematik stärker in fertige Industrielösungen einzubinden. Wir werden versuchen, alle Funktionen, die Haustechnik und das Energiemanagement in unsere praktischen Häuserkonzepte zu integrieren. Denn Forschung und Entwicklung ist nur die eine Seite. Nun geht es darum, diese herunter zu brechen und für die Häuser des täglichen Bedarfs anzupassen.