Politisch umstrittene Garantien
Wie soll ich in der Corona-Pandemie mit meiner Finanz- und Vorsorgeplanung umgehen? Wie wirkt sich die Krise auf die private Altersvorsorge aus? Und welche Veränderungen ergeben sich auf meine Ansprüche aus der Sozialversicherung? Diese und weitere Fragen stellen viele Mandanten derzeit ihren Finanzberatern. Und weil das Fragen sind, die uns alle betreffen, haben wir vom Baumeister die Berater der Formaxx AG gebeten, diese für unsere Leser zu sammeln und in unserer neuen Baumeister-Serie zu klären. Heute antwortet FORMAXX-Geschäftsstellenleiter Günther Thievessen.
Günther Thievessen, wie wirken sich die Folgen der Corona-Pandemie auf meine private Altersvorsorge aus?
Die private Vorsorge bleibt unerlässlich. Die Auswirkungen sind – wie bei Finanzen generell – abhängig von der individuellen Situation. Privatpersonen und Kleinanleger müssen sich keine großen Sorgen um ihre Altersversorgung oder ihren Vermögensaufbau machen. Im Gegenteil: Die Schwankungen an den Aktienmärkten bieten meiner Meinung nach sogar Chancen und sollten (im Idealfall) aktiv genutzt werden. Zudem ist die Altersvorsorge ein langfristiges Investment. Bislang haben sich die Börsen immer von Rückschlägen erholt, auch wenn dies mehrere Jahre dauern kann.
Ältere Anleger, die aktuell befürchten einen Teil ihres angesparten Geldes zu verlieren, können wir beruhigen. Investieren Anleger zur Altersvorsorge über aktienbasierte Fonds in Rentenversicherungen sollte diese ein automatisches Ablaufmanagement beinhalten. Ich empfehle dies in den Vertragsunterlagen entsprechend zu prüfen. Ziel des Ablaufmanagements ist es, vor dem geplanten Sparziel – zu einem definierten Zeitpunkt – das Kapital Schritt für Schritt von risikoreicheren Aktienfonds in sichere Rentenfonds umzuschichten. Die meisten Gesellschaften berechnen für diese Dienstleistung keine zusätzlichen Gebühren, mögliche entstandenen Gewinne müssen während der Ansparphase im Policenmantel nicht versteuert werden. Kursverluste zum Ende des Sparplans werden dadurch reduziert und das Portfolio stabilisiert.
Außerdem müssen die eingezahlten Beiträge zu Rentenbeginn doch zu 100 Prozent garantiert sein, oder?
Bei Altersvorsorgeverträgen in der Schicht 2 (betriebliche Altersvorsorge und Riester) trifft dies zu. Abhängig in welcher Schicht wir uns gemäß Alterseinkünftegesetz (‚AltEinkG‘) steuerlich bewegen, kann außerdem das Garantieniveau individuell festgelegt werden.
Allerdings sind Garantien in Altersvorsorgeprodukten wirtschaftlich nur bedingt sinnvoll und sogar politisch umstritten. Die Lebensversicherer und gesetzliche Versorgungssysteme können sich den absinkenden Kapitalmarktzinsen in Kombination mit einer steigenden Lebenserwartung nicht entziehen. Um die gesetzlich geltenden Garantien abzubilden, sind die Versicherungsgesellschaften verpflichtet, diese mit z.B. zehnjährigen Bundesanleihen mit einer Verzinsung von unter 0,1 Prozent abzubilden. Abzüglich der Inflation folglich ein reales Minus. Eine grobe Faustregel ist: Jeweniger Garantien, desto mehr des Sparbetrags kann ich in den Kapitalmarktinvestieren. Bei langen Laufzeiten führt dies – mit einer hohen Wahrscheinlichkeit – zu einer höheren Ablaufleistung.
Cost-Average-Effekt
Einige sagen, dass es sich jetzt lohnt, zu investieren. Stimmt das?
Insbesondere bei Fonds-Sparplänen mit konstanten monatlichen Sparraten wirken sich Schwankungen positiv aus. Denn sind die Einkaufspreise am Aktienmarkt hoch, kann der Sparer nur wenige Anteile für seinen Sparbeitrag erwerben. Sind die Preise jedoch niedriger – wie jetzt während der Corona-Krise – können über den Sparplan für denselben monatlichen Sparbetrag mehr Aktienanteile erworben werden. Dieser Effekt wird der Cost-Average-Effekt genannt.
Haben Sie ein Beispiel hierzu für uns?
Man kann den Cost-Average-Effekt an folgendem Beispiel verdeutlichen: Anleger A kauft fünf Monate in Folge für jeweils 100 Euro und Anleger B investiert einmalig 500 Euro. Das Beispiel von der Formaxx AG könnten Sie sich hier als PDF runterladen.
Liquiditätsreserve von sechs Gehältern
Dann wirken sich die aktuellen Kursschwankungen positiv aus?
Ja, da bei einer langfristigen Betrachtung der Aktienmärkte in der Vergangenheit eine stetige Aufwärtsbewegung feststellbar war. Für Anleger mit einem Anlagehorizont von mindestens zehn Jahren besteht deshalb kein Grund zur Panik, zumal vermeintlich sichere, aber aktuell kaum verzinste, Sparformen (zum Beispiel Sparbuch) keine echte Alternative darstellen. Die Notenbanken haben ihre Geldpolitik noch weiter gelockert. Es spricht derzeit so gut wie nichts für steigende Zinsen. Sparbuchsparer werden also weiterhin real Vermögen verlieren, wenn die Zinsen unterhalb der Inflationsrate bleiben.
Wer jetzt Vermögen frei zur Verfügung hat, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem Investment in globale Aktienmärkte – gerade während der Corona-Krise – langfristig belohnt. Hierbei ist die richtige Risikostreuung über verschiedene Assetklassen und Anlageinstrumente entscheidend. Das heißt nicht das gesamte Kapital in eine Anlage zu investieren, sondern auf mehrere zu verteilen. Die eigene Vermögensstruktur sollte außerdem jährlich überprüft und an sich ändernde Lebensverhältnisse angepasst werden.
Zudem empfiehlt die DIN-Norm 77230 eine Liquiditätsreserve von sechs Nettomonatsgehältern oder mindestens 3534 Euro vorzuhalten. Damit können weitestgehend Liquiditätsengpässe verhindert werden, Anlagen müssen seltener in schlechten Marktphasen mit Verlust verkauft werden.
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Es gab in den vergangenen Wochen Hinweise, dass jetzt die Zeit wäre in vermeintlich sichere Anlagen wie Gold zu investieren. Wie stehen Sie dazu?
Viele Anleger schichten in Krisenzeiten einen Teil ihres Vermögens in Gold um. In diesem Zusammenhang muss vor sogenannten Geheimtipps gewarnt werden, wie man jetzt sein Geld „in sichere Häfen“ retten kann. Eine Investition in Gold kommt allenfalls als Beimischung infrage. Hier lautet eine grobe Empfehlung fünf bis zehn Prozent des Vermögens anzulegen. Wie bereits erwähnt, ist eine Diversifikation der Anlagen wichtig. Multi Asset Fonds können hierzu ein interessantes Anlageinstrument sein.
Haben Sie Fragen an die Formaxx AG, die auch für andere Leser von Interesse sein könnten? Dann schicken Sie uns diese mit Betreff „FORMAXX“ an: info@baumeister.de
Die Formaxx AG ist eine der ersten Finanzberatungen, die auf Basis der Finanzanalyse nach DIN-Norm berät. Die DIN-Norm 77230 “Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte” wurde von Experten aus Wissenschaft, Finanzwelt und Verbraucherschutz erarbeitet. Mehr Infos finden Sie auf defino.de.