Die Serie „Archipedia“ ist eine Kooperation des Baumeister und der Hochschule Bochum, Fachbereich Architektur. Studierende des Master-Studienganges „Architecture Media Management“ schreiben virtuelle Briefe an die Crème der Architekturwelt, hier an das japanische Duo Sanaa.
Liebe Kazuyo Sejima, lieber Ryue Nishizawa,
seit einigen Monaten belegt Ihr im Ranking des deutschen Online Portals Baunetz den ersten Platz in der KategorieKategorie: Die Kategorie beschreibt die Gefahrenklasse von Stoffen und Materialien, z.B. entzündbare Flüssigkeiten, Gas oder Staub, und hat Einfluss auf die Brandschutzanforderungen. der internationalen Architekten. Herzlichen Glückwunsch! Grundlage für die Platzierung ist die Anzahl an Veröffentlichungen in ausgewählten Architekturzeitschriften. Und es scheint tatsächlich so zu sein: Was immer Ihr baut, wird weltweit in großformatigen Bildern publiziert. Das ist eine regelmäßige Bestätigung für Eure ganz eigenständige Architektur, für die Ihr auch mit einer Reihe von Preisen und Ehrungen ausgezeichnet wurdet. An erster Stelle ist hier der Pritzker Preis zu nennen, den Du Ryue, im Jahr 2010 als jüngster Laureat der Geschichte des Preises, mit grade einmal 44 Jahren, erhalten hast, während Du, Kazuyo, Dich zu den wenigen Frauen zählen darfst, die bisher mit diesem bedeutendsten Architekturpreis geehrt wurden.
Ihr habt mit poetischen Häusern in Japan begonnen und seid längst zu Global Playern geworden. Was ist das Geheimnis Eures Erfolgs? Eure Lebensläufe sind gradlinig und konstant. Bevor Ihr Euch 1995 als Partnerschaft SANAA (Sejima And Nishizawa And Associates) zusammengeschlossen habt, hat Ryue in Kazuyos Büro schon seit Beginn der neunziger Jahre mitgearbeitet. Daneben hat er 1997 sein eigenes Büro gegründet. Du, Kazuyo, warst nach dem Studium bei Toyo Ito tätig, der mit Sicherheit eine große Inspiration für Dich darstellte. Gleichzeitig sagst Du im Interview mit dem Biennale Channel, dass Du Dich gar nicht mehr an diese Zeit erinnerst. In einem frühen Interview mit dem Blog „designboom“ verratet Ihr, dass Kazuyo als Kind niemals Architektin, sondern Großmutter werden wollte, um das selbe Maß an Fröhlichkeit und Ruhe zu erlangen, das damals von ihrer eigenen Großmutter ausgestrahlt wurde.
Es ist zu lesen, dass Ihr mehr oder weniger zufällig zur Architektur gekommen seid. Ryue befolgte bei der Wahl des Studienfaches den Rat seines Lehrers, während sich Kazuyo nach Ausschluss anderer Optionen dafür entschied. Auch darin unterscheidet Ihr Euch von manch großem Namen in der Architektur, der suggeriert, dass er schon als Architekt und Entwerfer auf die Welt gekommen sei. Das ist wundervoll, denn es macht Euch menschlich, nahbar und echt.
Vielleicht ist es genau diese Gradlinigkeit, Ruhe und Leichtigkeit, die auch Eure Entwürfe ausmachen, welche oft federleicht und spielerisch und gleichzeitig stark und präsent in ihrer Umgebung platziert sind. Sie stehen immer in Wechselbeziehung mit ihrer Umgebung und eröffnen eine Interaktion mit den Menschen, die das Gebäude nutzen. So erschafft Ihr zum Beispiel in einer monotonen New Yorker Hochhausreihe ein Museum aus gestapelten, fast tanzenden weißen Boxen und durchbrecht damit die grauen Blocks Lower Manhattans. In Weil am Rhein habt Ihr einen klassischen rechteckigen Lagerhallen-Typus einfach mal rund, elegant und unaufdringlich gebaut. Und im Rolex Learning Centre Lausanne verschmelzen Wände, Decken und Böden zu einem fließenden, interaktiven Parcours.
Diese ebenso einprägsamen wie einfühlsamen Interpretationen von Aufgaben und Orten führen zu neuen Typologien und atmosphärischen Räumen. Ob von innen oder außen betrachtet: Eure Architektur ist Titelseiten würdig. In Deutschland erwarten wir mit Spannung Eure Erweiterung des Bauhaus Archivs in Berlin. Und auch auf der internationalen Bühne sind weiter Highlights aus Eurem Büro geplant, wie das Kulturzentrum in Taiwan und ein Campusgebäude in Israel.
Ich freue mich drauf! Herzlichst,
Barbara Muschol