14.12.2016

Gewerbe

Pfad der Dämmerung #13 / A Weaving Generation

Neulich fuhren wir in Frankfurt den Main auf und ab. Mit 39 anderen jungen Architekten aus Belgien, Holland und Deutschland. „A weaving generation“ nannten Marius  Grootveld und Jantje Engels das Motto für die samstägliche Zusammenkunft im Rahmen der aktuellen DAM-Ausstellung Maatwerk. Wir diskutierten über unsere ziemlich romantischen Vorstellungen von der Welt im Allgemeinen und der Architektur im Besonderen. Am Ende der Bootsfahrt fuhren wir dann noch Richtung EZB-Hochhaus. Klar für 97% der Teilnehmer ein grässliches Projekt – so sehr, dass wir so weit ich mich erinnere überhaupt nicht darüber gesprochen, geschweige denn diskutiert haben, sondern es einfach totgeschwiegen haben.

 

Für mich aber eigentlich doch ein faszinierendes Ding. Ich habe nämlich nur einen Fehler entdeckt – außer der guten alten Erkenntnis, dass Glas nicht immer transparent ist und dass das eigentlich als zwei Türme geplante Haus durch den verglasten Luftraum in Kombination mit seiner schrägen Verglasung unter den meisten möglichen Blickwinkeln zu einem einzigen geworden ist. Wobei – der Fehler basiert genau darauf: Es scheint dadurch als ob das Haus nicht zu Ende gebaut wurde – vermutlich hat Prix aber leider auch vergessen, es zu Ende zu planen. Das jetzt ausgeführte Hochhaus wirkt nur wie die untere Hälfte eines Hochhauses. Es hat so etwas von keinen Abschluss wie etwas nur keinen Abschluss haben kann. Wenn es als Irritation von Prix so gedacht war – dann wär’s genial – nur sprechen alle Computer-Animationen und Architekturfotos eine andere Sprache! Der Altmeister wollte auf seine alten Tage nochmals Zwillinge – ein etwas zu dicker Bursche ist es aber nur geworden. Ich würde mich also hiermit und gerne anbieten, das Haus zu Ende zu planen und zu bauen. Bei der Geldmengenpolitik der EZB ist sicher eh bald ein größeres Haus notwendig. Darüber hinaus plädiere ich für die Einführung der Proportionspolizei. Diese rügt Häuser, deren Proportionen falsch sind. Sie müssen dann innerhalb einer bestimmten Frist korrigiert werden und sei es, dass man sie doppelt so hoch bauen müsste. Das wäre mal ein Taschenspielertrick für Investoren.

 

Apropos Taschenspielertrick für Investoren. Wir wollten ja schon längst über den nun schon seit fast einem Jahr beschlossenen Abriss des Münchner Osram-Hauses – dieser kleinen Ikone des Bürohausbaus – sprechen: Der Grund für den beschlossenen Abriss des denkmalgeschützten Osram Gebäudes ist nämlich die wirklich lustige Feststellung oder Erkenntnis, dass man in der vorhandenen Struktur keine (konventionellen) Wohnungen unterbringen kann. Ja, denkt man sich, ist ja auch ein Bürohaus – ein fantastisches und prototypisches aus den 60er Jahren sogar. Daher ja auch der Denkmalschutz. Oder hat schon mal jemand einer Kirche zum Vorwurf gemacht, dass sie sich so schlecht als Autowaschstraße eignet? Wobei das wäre evtl. sogar die leichtere (Umbau-)Aufgabe. Religiöse Akte sind ja beides. Und strukturell – lange Räume, große Tore etc. – würde es auch passen. Aber sei es drum. Auch innerhalb der bestehenden Struktur des Osram Hauses könnte doch etwas möglich sein. Vielleicht armer Investor – nichts Konventionelles! Aber zumindest zum „Schlafen“ eignet sich das Projekt hervorragend, nicht nur für Flüchtlinge. Gell liebe Stadt, wer hat da wieder einmal so wunderschön gepennt, bis es dann wieder mal wieder schon zu spät war? Oder tue ich hier jemandem Unrecht? Dann bitte melden. Dann werde ich mich entschuldigen.

Ein denkmalgeschütztes Bürohaus, das sich angeblich nicht zum Wohnen eignet: Böses, böses Bürohaus – das tut man nicht! Das solltest Du doch wissen, Bürohaus, in Zeiten der Wohnungsnot.

Wobei warum ist es eigentlich schon zu spät? Das Haus steht doch noch! Auf geht’s!

Beim nächsten Mal sprechen wir aber über Bescheidenheit – versprochen. Fortsetzung folgt…

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