Büroetage wird Kapselhotel
Die Veranstaltung “Open House” in Zürich bietet Einheimischen und Fremden die Gelegenheit, die Architektur der Stadt ganz neu zu erleben: unter sachkundiger Führung – nicht selten durch die jeweiligen Architekten selbst. Claudia Fuchs hat dieses Jahr für uns teilgenommen.
Am letzten Wochenende im September öffneten sich auch in diesem Jahr für die „Open House“ in Zürich die Türensind eine Art von beweglichen Barrieren, die verwendet werden, um Räume und Bereiche voneinander zu trennen oder zu schützen. Sie bestehen in der Regel aus Holz, Metall, Glas oder Kunststoff und können in verschiedenen Größen, Formen und Stilen hergestellt werden. Als Türen bezeichnet man in der Architektur Bauteile, die Öffnungen… von rund 80 Gebäuden – historische Bauten ebenso wie Ikonen der Moderne und aktuelle Wohn- und Bürogebäude, Museen, Schulen und Hotels, überwiegend erläutert von den Architekten selbst. Zudem gab es zahlreiche Führungen durch Parks und Stadtquartiere. Zwar unter Corona-Auflagen, mit Anmeldung und begrenzter Teilnehmerzahl, dennoch entspannt konnte man Architektur vor Ort erleben und diskutieren. Die beiden sehr gut organisierten Tage sind insbesondere auch für das breite Publikum gedacht, sie vermitteln Architektur und Baukultur als Teil der Stadt – und sind zugleich ein Update des Architekturgeschehens in Zürich. Die Projekte auf der Open House-Website geben einen guten Überblick über die breitgefächerte Architekturszene. Als virtueller Cicerone sind sie zudem ein informativer und nutzerfreundlicher Architekturführer, mit dem sich individuelle Touren auch im Nachgang zusammenstellen lassen: viele Gebäude sind öffentlich und halböffentlich – wie der Anbau des Landesmuseums von Christ & Gantenbein oder das Tanzhaus Zürich von Barozzi / Veiga das in der Baumeister-Ausgabe 02/2019 detailliert vorgestellt wurde. Nach wie vor unbedingt sehenswert sind die baugenossenschaftlichen Projekte wie der Wohn- und Gewerbebau Kalkbreite von Müller Sigrist Architekten mit einer Vielzahl von Wohntypologien über einem Tram-Depot ebenso die großen Umnutzungsprojekte wie das Toni-Areal, eine ehemaligen Molkerei, die EM2N zum Hochschulcampus transformierten, sowie derzeit im Entstehen begriffene Stadtquartiere wie Schlieren, eines der größten Entwicklungsgebiete der Region, mit den beiden Baugebieten Am Rietpark und Reitmen.
Sehr aufschlussreich war die Führung im Kapselhotel Green Marmot, ein Prototyp in der Zürich Hotellandschaft. Es gibt ähnliche Konzepte in anderen europäischen Großstädten, doch hier haben Weyell Berner Architekten auch hinterfragt, wie man die im japanischen Kulturraum entstandene Typologie und ihre Nutzung in die Schweiz transformieren kann. In der früheren Büroetage gibt es nun 54 Kapseln, jeweils zwei übereinandergestapelt und in drei separaten Bereichen angeordnet, im minimiertem Raumkonzept. Die Schlafboxen mit Klapptischchen sind wie der gesamte schön detaillierte Innenausbau aus heller Birke. Gepäck wie Kleidung wird in den Schließfächern im Eingangsbereich verstaut; die Gäste sollten wie in Japan nicht mit den Straßenschuhen ins Innere, doch das hat sich noch nicht ganz durchgesetzt. Könnte man sich vorstellen, in der gerade einmal Bett-breiten und knapp 1,10 Meter hohen Raumzelle – die „Doppelkapseln“ sind etwas größer – zu übernachten, die sich, aus Genehmigungsgründen, nur mit einem VorhangVorhang: Ein textiles Material, das zum Abdecken von Fenstern, Türen oder als Raumteiler verwendet wird. anstelle einer Tür abschirmen lässt? Für Hostel- und Liegewagen-erprobte Traveller sicher eine interessante und kostengünstige Alternative direkt in der Altstadt mit ihren Restaurants und Bars.