19.10.2020

Hotel

Axel Vervoordt renoviert für den Bayerischen Hof das Palais Montgelas

Ohne Budget für Kunst musste sich Inneneinrichter Axel Vervoordt anders zu helfen wissen.


Bayerischer Hof: Symbiose zwischen Modernität und Klassik

Das Hotel Bayerischer Hof in München lässt seit Jahren Axel Vervoordt seine Räumlichkeiten umgestalten – vom Atelier über die Cinema Lounge bis zur Penthouse Garden Suite. Auch im Krisenjahr 2020 starteten das Hotel und der bekannte Inneneinrichter gemeinsam ein neues Projekt: Insgesamt 14 Veranstaltungsräumlichkeiten im Palais Montgelas, einem Seitenflügel des Hotels, galt es zu renovieren. Das Projekt fand trotz Corona statt. Aber der Bayerische Hof machte klar: Für Kunst ist dieses Mal kein Budget übrig. Also disponierte Vervoordt kurzerhand um.

 

Der renommierte Inneneinrichter, Kunstsammler und Antiquitätenhändler Axel Vervoordt hat eigentlich einen Grundsatz: Er richtet nur private Wohnhäuser neu ein, kommerzielle Aufträge nimmt er nicht an. Es ist schon über zehn Jahre her, als er dieses Prinzip für Innegrit Volkhardt, Inhaberin des Bayerischen Hofs, über Bord warf. Dieses Jahr realisierte er das mittlerweile siebte Bauprojekt für das Münchner Traditionshotel: Nach den Restaurants Garden und Atelier, der Cinema Lounge, der Palaishalle, 28 Zimmern im Süd- und Nordflügel und der Penthouse Garden Suite widmete er sich den 14 Veranstaltungsräumen im Palais Montgelas.

 

Innegrit Volkhardt, die den Bayerischen Hof in vierter Generation führt, schätzt an der Zusammenarbeit mit Vervoordt besonders dessen Fähigkeit, das Neue mit dem Alten zu verbinden sowie sein Feingefühl für historische Bausubstanzen und seine Intuition für Farben und Materialien. Denn das Palais Montgelas ist mehr als nur ein Seitenflügel des Bayerischen Hofs. Von 1825 bis 1918 waren hier die Räumlichkeiten des Königlich Bayerischen Außenministeriums untergebracht. Nach einigen Jahren als Bürogebäude diente es dann im Nationalsozialismus als Sitz der Bayerischen Staatskanzlei. Während des Zweiten Weltkriegs erlitt das Palais zwar Brandbombenschäden, blieb jedoch relativ gut erhalten. Nach dem Krieg zog das Erzbischöfliche Ordinariat ein, verließ das Gebäude allerdings 1962. Es stand leer, bis Falk Volkhardt es 1969 erwarb und für den Hotelbetrieb ausbauen ließ. Das Palais Montgelas begrüßte 1972 seine ersten Gäste. Ein geschichtsträchtiger Ort also.

Das bräunliche Rot in und die Landschaftsmalereien im roten Salon sind von der Flämischen Region inspiriert.
Der Scottish Salon ist leicht erkennbar an dem üppigen Grün, den Tartan-Vorhängen und den Jagdstilleben.

Neues Parkett, neue Farbe – alte Kunst

Das war auch Axel Vervoordt bewusst: „Das Palais existiert seit Jahrhunderten und vermittelt ein klassisches und historisches Gefühl. Bei der Renovierung haben wir versucht, die Individualität jedes einzelnen Raums hervorzuheben und sie zeitgleich auf kunstvolle Weise mit dem Charakter des Palais Montgelas zu verbinden.“

Um diese Symbiose zwischen Modernität und Klassik zu schaffen, arbeitete Vervoordt, der auch schon für Kanye West und Kim Kardashian tätig war, mit neuen Böden, einem Farbkonzept und Kunstwerken.

Mit der Kunst war das aber so eine Sache. Das Investitionsvolumen für das Projekt betrug 1,7 Millionen Euro – aber im Budget war dafür kein Posten vorgesehen. „Zu Beginn dieses Projektes sagte ich zu Axel: ‚Dieses Mal haben wir kein Geld für Kunst‘“, erzählt Innegrit Volkhardt. Davon ließ sich der belgische Kunstsammler und Antiquitätenhändler aber nicht aufhalten: An einem einzigen Tag spazierte er durch das gesamte Hotel – durch alle Zimmer, Flure und Treppenaufgänge – um eine Bestandsaufnahme durchzuführen. Kurzerhand suchte er sich die Kunstwerke und historischen Möbel für den Palais Montgelas einfach im Bayerischen Hof selber zusammen – das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Gemälde in den Veranstaltungsräumen wirken nicht bunt zusammengewürfelt, sondern sorgfältig kuratiert.

 

Die Kunst an den Wänden unterstreicht den jeweils individuellen Charakter, den Vervoordt für jedes einzelne Zimmer herausgearbeitet hat. Dafür entfernte er zunächst den Teppich im gesamten ersten und zweiten Stockwerk des Palais und ließ ihn durch Tafelparkett aus Eiche ersetzen. Das Besondere daran: Wo immer möglich, bemühte er sich um Dielen, die sich über die gesamte Länge, beziehungsweise Breite des Raums ziehen. Jedes Zimmer erhielt zudem seine eigene Farbe und darauf abgestimmte Stoffe, ausgesucht von Vervoordts Frau May.

 

Ebenfalls renoviert wurde der Treppenaufgang, der einen passenden Anstrich zum Natursteinboden „Rosso di Verona“ erhielt. Der Kronleuchter entstammt dem Fundus des Palais Montgelas und ist einer der längsten Europas.

Die Projektleitung und örtliche Planung übernahm der Münchner Innenarchitekt Gregor Baur, der bereits mehrfach mit Axel Vervoordt und dem Bayerischen Hof zusammengearbeitet hatte.

Alle Fotos: Daniel Schvarcz

 

Anlässlich der Aktion „Tapetenwechsel“ blickten wir von Axel Vervoordt zwischen 2016 und 2018 umgestalteten Räume im Münchner Grand Hotel Bayerischer Hof und trafen Innegrit Volkhardt, Inhaberin des Bayerischen Hofs, zum Gespräch. Augenmerk in den Räumen: Macken und Brüche.

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