Noch bis zum 31. Oktober 2021 ist die Ausstellung „Architektur als Experiment“ zu Ludwig Leo in Halle 9 / Techne Sphere in Leipzig zu sehen. Die Schau vermittelt die Architektur und Arbeitsweisen des legendären Nachkriegsarchitekten.
Er gehört zu den ungewöhnlichsten Architekten der Nachkriegszeit: Ludwig Leo (2. September 1924 in Rostock – 1. November 2012 in Berlin). „Gebaut hat er wenig, doch seine Entwürfe machten ihn im West-Berlin des Kalten Krieges zu einer Art ,Architektur-Mythos’“, liest man gleich zu Beginn seiner aktuellen Retrospektive in Leipzig (Halle 9 / Techne Sphere) auf einer Schautafel. Die Schau „Architektur als Experiment“ vermittelt die Arbeitsweisen und die Architektur Ludwig Leos, darunter die denkmalgerechte InstandsetzungInstandsetzung: Die Instandsetzung umfasst alle Maßnahmen zur Wiederherstellung von Funktionsfähigkeit, Sicherheit und Aussehen von technischen Anlagen, die beschädigt oder defekt sind. des Berliner Umlauftanks 2 (UT 2) – eine Ikone der Stadt am Rand des Tiergartens – sowie fünf experimentelle Projekte, auf Basis intensiver Recherchen.
Neben weitgehend unbekanntem Archivmaterial wird außerdem der 45-minütige Animationsfilm „Ludwig Leo Werkfilm“ gezeigt. Kuratiert ist die Ausstellung von BARarchitekten und Gregor Harbusch. Das Team hat bereits gemeinsam die Wander-Ausstellung „Ludwig Leo Ausschnitt“ (2013/2015) erarbeitet, die in Berlin, Stuttgart und London zu sehen war. Diese ist nun – im Gegensatz zur ersten Station der Schau in Berlin – in Leipzig integriert.
Zeichnen als Instrument
Das insulare West-Berlin des Kalten Krieges war Arbeitsfeld des Architekten, der vor dem Hintergrund von Wirtschaftswunder und Planungsglaube arbeitete, von dem Sparsamkeitsethos der Nachkriegszeit geprägt und von eigenen Kriegserfahrungen traumatisiert war. Als seine produktivsten Jahre gelten die 1960er und frühen 1970er Jahre. In dieser Zeit entwickelte er wegweisende Projekte. „Leo verfolgte einen eigenwilligen und konzeptionellen Entwurfsansatz. Architektur begriff er als komplexes Zusammenspiel von Funktionen und Formen, Räumen und Nutzeransprüchen, Gesellschaft und Geschichte. Konsequent hinterfragte er planerische Paradigmen, dachte Bauaufgaben neu und arbeitete alle Projekte bis zu vermeintlich nebensächlichen Entwurfdetails selbst durch. So konnte er immer wieder mit ungewöhnlichen Entwürfen überraschen,“ erfährt man in der Schau.
Außergewöhnlich sind Zeichnungen von Ludwig Leo. Sie zeigen, wie er dachte und wie er Zeichnen als Instrument des architektonischen Denkens und Vermittels verstand. Einen Großteil davon fertigte er selbst an oder er arbeitete intensiv an ihnen mit. An entscheidenden Stellen fügte er Figuren in die Pläne ein, um sich der Maße und Nutzungspotenziale seiner Entwürfe sicher zu sein. Die grafische Ordnung, die Ebene der Informationen, die knappe Beschriftung und das Nichtdargestellte spiegeln seine detaillierte Auseinandersetzung mit den einzelnen Projekten wider. Kompakte Innenräume und mechanische Elemente gepaart mit spielerischen Interventionen sind dabei charakteristisch für die Entwürfe von Ludwig Leo.
Rosa-blau: Der UT 2 von Ludwig Leo
2017 wurde die denkmalgerechte InstandsetzungInstandsetzung: Die Instandsetzung umfasst alle Maßnahmen zur Wiederherstellung von Funktionsfähigkeit, Sicherheit und Aussehen von technischen Anlagen, die beschädigt oder defekt sind. seines rosa-blauen Umlauftanks an der Straße des 17. Juni in Berlin durch die Wüstenrot Stiftung abgeschlossen. Seit 1974 sticht dieser aus dem Stadtbild hervor. Das junge Denkmalist ein Bauwerk, eine Anlage, ein Kunstwerk oder ein technisches Kulturgut, welches aufgrund seiner geschichtlichen, künstlerischen, kulturellen oder wissenschaftlichen Bedeutung unter Denkmalschutz steht. – es liegt im Grenzbereich zwischen Architektur, Industriebau, Maschine und wissenschaftlichem Gerät – wird seit seiner Gesamtinstandsetzung seiner ursprünglichen Funktion folgend von der Technischen Universität Berlin wieder für Versuche mit Schiffsmodellen, für Widerstands-, Freifahr-, Propulsions-, Manövrier- und Kavitationsversuche sowie zur Strömungsbeobachtung genutzt. Mit einer Machbarkeitsstudie lotete die Wüstenrot Stiftung ab 2012 die grundsätzlichen Instandsetzungsmöglichkeiten des Umlauftanks aus.
Der UT 2 steht exemplarisch für die zum Teil schlechten Alterungseigenschaften seiner Materialien. Neben umfangreichen Archivrecherchen zur Sicherung und Auswertung von zeitgeschichtlichem und bauhistorischem Material sowie der Veränderungsgeschichte, einer baulichen Bestandsaufnahmeist ein Prozess, bei dem der Zustand eines vorhandenen Gebäudes oder einer vorhandenen Struktur dokumentiert wird. Dies kann zur Planung von Renovierungs- oder Sanierungsmaßnahmen oder zur Beurteilung des Wertes einer Immobilie dienen. und der Einschätzung des Bestands hinsichtlich seiner Originalität lag ein Schwerpunkt der Arbeiten deshalb auf dem Untersuchen und Bewerten von Bausubstanz, Tragwerk, Haustechnik, Bauphysik, BrandschutzBrandschutz: Der Brandschutz beinhaltet alle Maßnahmen und Vorkehrungen, die dazu dienen, Brände zu vermeiden, zu erkennen und zu bekämpfen. Hierzu gehören unter anderem der Einsatz von Brandmeldern, Rauchwarnern, Feuerlöschern und Brandschutzeinrichtungen wie Brandschutztüren oder Brandschutzverglasungen. und Schadstoffen und dem Abwägen des besten denkmalpflegerischen Umgangs mit dem UT 2.
2014 begannen die Planungsarbeiten durch die Architekten und Architektinnen von HG Merz aus Stuttgart und adb aus Berlin. Bei der Instandsetzung wurden umfangreiche materialtechnische Forschungsarbeiten geleistet, um trotz großflächiger Schäden die Gebäudesubstanz in maximaler Authentizität innen und außen zu erhalten.
Ein Video zum UT 2 von Ludwig Leo:
Noch bis zum 31. Oktober 2021 ist die Ausstellung „Architektur als Experiment. Ludwig Leo“ in Halle 9 / Techne Sphere in Leipzig zu sehen. Weitere Informationen finden Sie hier. Außerdem lohnt sich ein Blick auf den weiterführenden Blog des Projekts, den gibt es hier.
Literatur zu Ludwig Leo:
Von Architektur als Experiment zu Fotokunst: Bis 26. September 2021 zeigt die Kunsthalle München die erste große Retrospektive in Deutschland zu Fotograf Erwin Olaf. Mehr zur Ausstellung „Unheimlich schön“ haben wir für Sie hier zusammengefasst.