27.03.2015

Öffentlich

Lob der Sprödigkeit

29.08.2011 Kirchmšser / Brandenburg DREHARBEITEN Barbara ein Film von Christian Petzold mit Nina Hoss ( Model release No ) © Christian Schulz Mobil 01723917694 Finanzamt Kreuzberg St.Nr. 14/524/60768 Honorarpflichtig 7% Mwst Bankverbindung Sparkasse Berlin Blz 10050000 Kto 640188842

„Architektur muss …“ was eigentlich?

Wir müssen reden. Nicht zwingend über Wolfi, Peter und Reinhold. Nein, über die Sache selbst. Versuchen wir es zu diesem Zwecke aber mal mit einer – zugegebener Maßen laienhaften – Betrachtung über Film, bevor wir gleich wieder direkt über Architektur sprechen.

Wir sehen eine Frau aus dem Bus steigen, wir sehen einen Arzt, der aus dem Fenster einer Klinik schaut, wir beobachten die Frau mit seinen Augen. Später sehen wir die Frau immer wieder mit ihrem Fahrrad durch die Landschaft, durch den Wald fahren. Wir hören die Geräusche der Umgebung, das Rauschen der Blätter fast überlaut und tauchen dabei ganz direkt, ja fast physisch ein in die jeweilige Szenerie. Die Szenen lassen sich Zeit, es ist alles mit großer Ruhe erzählt, die Zusammenhänge werden wie beim Häuten einer Zwiebel langsam freigelegt. Die Geschichte entwickelt sich, die Dinge sind noch nicht nach wenigen Minuten vorhersehbar, die Dramaturgie ist nicht zwingend komplex, aber anspruchsvoll, leise – keine „Fast-Food“- oder Soßen-Manöver à la ARD-Degeto, keine Sepia-Filter, und immer nur wohldosierte und höchst präzise gesetzte Filmmusik. Aber es geht auch nicht um eine Art Antigeschichte – die Erzählung ist von höchster Qualität und Raffinesse. Nichts versteckt sich hinter falsch verstandenen Avantgarde-Gedanken, wie man sie vielleicht einigen Exponenten des Neuen Deutschen Films der 1970er unterstellen konnte. Und auch die Bilder sind natürlich stilisiert, filmisch überhöht – sie reihen sich ein in eine Art referenzierende Betrachtung der Filmgeschichte. Nichts ist naiv. Alles ist gewollt und gekonnt.

Ja und was passiert mit uns am Ende eines solchen Filmes von Christian Petzold oder anderen Vertretern der so genannten “Berliner Schule” wie etwa Christoph Hochhäusler oder auch etwa den Brüdern Dardenne aus Belgien? Wir sind ergriffen oder auch verstört. Die Bilder werden nachwirken – oftmals ganz unerwartet, vielleicht wenn wir irgendwo durch einen Wald laufen, oder uns bei einem Gedanken ertappen. Wir haben uns auf etwas eingelassen eineinhalb, zwei Stunden lang, haben ihm Raum zur Entwicklung gegeben. Und ja – es hat uns nicht mit einer billigen Pointe enttäuscht, oder eine solche Pointe hat dann nicht alles wieder ins einfache rechte Licht gerückt. Nein, es bleiben Fragen, es bleiben Bilder, Eindrücke, am Ende: „Erlebnisse“, die nicht restlos erklärbar, aber doch im wunderbaren Mischbereich von Emotion und Ratio liegen und unsere Wahrmehmung der Wirklichkeit schärfen!

Kurz und gut, es muss gesagt werden: Architektur darf genauso wie Film nicht auf den allerersten Blick völlig durchschaubar sein. Sie darf uns vom ersten Moment an gerne berühren, aber bitte auch verstören, sich erst mal ein bisschen entziehen, um uns und unseren Alltag dann schlussendlich und viel länger anhaltend zu bereichern.

Sorry, aber das wären dann schöne schlechte Zeiten für gläserne Keile durch alte Großmarkthallen, aber genauso für allzuliebliches Herumromantisieren – und ganz bestimmt für parametrische Fassadensoßen, wo fehlender Intellekt durch Herumgekreische übertönt werden soll!

„Architektur muss also …? Entsprechend spröde sein!“

Fortsetzung folgt …

Foto: Christian Schulz/Piffl Medien

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