25.04.2022

Architektur Öffentlich

Konservatorium an der Côte d’Azur

Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet

Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet

Im südfranzösischen Küstendorf Le Pradet haben 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes ein neues Konservatorium errichtet. Der Neubau schafft nicht nur optimale Voraussetzung für die jungen Musiker, er fügt sich auch sensibel in das mediterrane Ortsbild ein.

 

Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard

 

Der Neuzugang übt sich in Zurückhaltung: Von den Hügeln aus gesehen fügt er sich nahtlos in das Ortsbild ein. Mit seiner Steinfassade und dem Ziegeldach ist der Bau kaum von den Nachbarhäusern zu unterscheiden. Erst im Hof gibt er sich klar als zeitgenössische Architektur zu erkennen. Das Konservatorium von Toulon Provence Méditerranée in Frankreich ist eine öffentliche Ausbildungsstätte für Musik und Tanz. Neben dem Hauptsitz in Toulon gibt es insgesamt elf weitere Standorte. 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes haben nun die Zweigstelle im Küstendorf Le Pradet errichtet. Nahe Toulon am Meer gelegen, ist die Gemeinde ein beliebtes Touristenziel. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebte sie außerdem einen starken Zuzug von Ruheständlern. Mit dem Konservatorium kehrt nun studentisches Leben in die 10.000-Einwohner-Gemeinde ein.

 

Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard

Neues Konservatorium auf einem alten Schulgrundstück

 

Wie auch andere Küstenstriche an der Côte d‘Azur ist Le Pradet einer zunehmenden Verstädterung unterworfen. Ein freies Grundstück zu finden, das nicht direkt an Wohngebiete grenzt, ist eine herausfordernde Aufgabe. Im Zuge eines Revitalisierungsprojektes der öffentlichen Hand konnte das Projekt schließlich auf dem Grundstück einer ehemaligen Schule umgesetzt werden. Die stark verkehrsbelastete Gemeinde erhielt dadurch zudem einen ruhigen Park sowie eine städtische Multimediabibliothek. Eine malerische Gasse, die ins Stadtzentrum führt, wurde wiederhergestellt.

 

Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard

 

Im Mittelpunkt der Revitalisierung steht aber das Konservatorium. Über einen Innenhof wird der Eingang zum Gebäude erschlossen. Während die alte Schule ausschließlich aus niedrigen Baukörpern bestand, besitzt der Neubau drei Etagen. Durch diese Entscheidung konnten die großen alten Bäume erhalten bleiben. Außerdem stand so ausreichend Fläche für den Vorplatz mit seinen Stufen zur Verfügung. Hier können Studenten, Besucher und Einheimische zusammenkommen. Die zwei Kiefern und sechs Platanen verleihen dem Patio seine besondere Atmosphäre. Zugleich entstand so öffentlicher Raum, der ansonsten in Le Pradet fast völlig fehlt.

 

Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard

Holz und Stein prägen den Bau

 

Zum Vorplatz hin öffnet sich der Eingangsbereich, der die Besucher des Konservatoriums mit einer großzügigen und hellen Eingangshalle empfängt. Empfangspult als auch Wände und Decke sind mit maßgefertigten Tischlerarbeiten gestaltet. Das Holz schafft klare Strukturen und eine warme Atmosphäre. Vom Eingangsbereich gelangt man nicht nur zum Lehrerzimmer, das sich dem ruhigen Hof zuwendet, sondern auch zum Orchesterraum. Er ist das Herzstück des Konservatoriums. Durch seine Größe und den direkten Zugang zum Außenbereich ist er ein äußerst funktionaler Aufführungssaal. Sich bis unter die Decke erstreckende Fenster mit Holzrahmen verbinden ihn auch optisch mit dem Außenraum. Seine akustischen Qualitäten werden durch die spezielle Struktur der Wand an der Rückseite des Raums unterstützt. Einblick in den Orchestersaal bietet das Zwischengeschoss, das zugleich als Aufenthaltsbereich konzipiert ist. Natürliches Tageslicht macht es zu einem angenehmen Verweilort – als Treffpunkt oder zum Ausruhen, bis der nächste Kurs beginnt.

 

Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard

 

Steinwände und Lamellenwände und Möbel aus Holz bilden einen spannenden Kontrast im Konservatorium.  Die Lamellenwände schaffen notwendigen Stauraum, um die Haustechnik elegant zu verstecken. Das sorgt für optische Ruhe in den Räumen und erlaubt freie Sicht in die Umgebung. Die Wände des Konservatoriums bestehen aus Estaillade-Stein. Er wird in Steinbrüchen im nur wenige Dutzend Kilometer entfernten Oppède abgebaut. Die Entscheidung für den Steinbau erfolgte in Hinblick auf die historische Bebauung des Ortes. Auch die gegenüberliegende Kirche Saint-Raymond Nonnat wurde im 19. Jahrhundert mit Steinen aus Oppède erbaut. Die Nähe zu den Steinbrüchen beeinflusst auch die ökologische Bilanz des Neubaus positiv.

 

Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Foto: Benoît Alazard

Ein Gebäude für das mediterrane Klima

 

Im mediterranen Klima trägt eine Konstruktion aus massivem Stein zudem durch seine thermische Trägheit dazu bei, da sich das Gebäude nur langsam aufheizt. Der Stein hat jedoch noch einen anderen entscheidenden Vorteil: Um auf die Nachbarn der umliegenden Wohnhäuser Rücksicht zu nehmen, bedarf es einer effizienten akustischen Isolierung. Die 35 Zentimeter dicken Außenmauern schirmen das Konservatorium gegenüber der Umgebung wirkungsvoll ab. Im Inneren hingegen wurde darauf geachtet, die akustische Qualität höchstes Niveau besitzt. Jeder Raum ist ein nicht-rechtwinkliges Trapez. Zusammen mit den der Innenverkleidung aus Holz wird so der Nachhall auf ein Minimum reduziert.

Noch mehr Übungsräume für Musiker: Das neue Probenhaus des Luzerner Sinfonieorchesters von Enzmann Fischer.

 

Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Zeichnung: 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Zeichnung: 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, EG (1. Eingangshalle, 2. Orchesterraum, 3. Lehrerzimmer, 4. Verwaltung, 5. Patio), Zeichnung: 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, 1. OG (1. Unterrichtsraum, 2. Terrasse), Zeichnung: 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, 2. OG (1. Unterrichtsraum, 2. Instrumentenlager), Zeichnung: 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Schnitt 1 (1. Verwaltung, 2. Orchesterraum, 3. Unterrichtsraum, 4. Instrumentenlager, 5. Patio), Zeichnung: 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Schnitt 2 (1. Eingangshalle, 2. Orchesterraum, 3. Unterrichtsraum, 4. Schnitt 1 (1. Verwaltung, 2. Orchesterraum, 3. Unterrichtsraum, 4. Instrumentenlager), Zeichnung: 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes
Conservatoire National à Rayonnement Régional Le Pradet, 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes, Schnitt 3 (1. Lehrerzimmer,2. Patio, 3. Terrasse), Zeichnung: 1984 Architectes und Boris Bouchet Architectes

 

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