Verfolgt man den Weg des Holzes auf dem Weg zum Bauwerk weiter, schließt sich nach dem Wald und dem Einschlagen der Bäume das Sägewerk an. Mehrere große und einige mittelgroße Sägewerke gibt es in Thüringen, die aus den rohen Baumstämmen Bretter und Balken fertigen, die dann zu Produkten weiterverarbeitet werden können. Doch an ebenjenen Unternehmen, die solche Verarbeitungs- und Veredelungsstufen leisten können, mangelt es hierzulande bislang. Die Folge ist, dass der Freistaat gleichsam Rohstofflieferant ist und einen Großteil des Holzes in andere Bundesländer oder auch andere Länder exportiert.
Die Firma Rettenmeier mit Hauptsitz im mittelfränkischen Wilburgstetten gehört zu den wenigen holzverarbeitenden Unternehmen, die an ihrem Standort in Hirschberg im südlichen Thüringen auch Produkte für die Bauindustrie, insbesondere Konstruktionsvollholz, herstellen. Dr. Stephan Lang, Geschäftsführer von Rettenmeier, stellt bei der Verbreitung des Holzbaus in Deutschland ein Nord-Süd-Gefälle fest: „Wir haben im Süden einen relativ starken Holzbau, der zum Norden hin abnimmt. Das hat weniger etwas mit dem Holzvorkommen zu tun, sondern eher mit der Prägung der Menschen. Es ist ja nicht allzu lange her, da galten Holzhäuser noch als etwas Minderwertiges.“ Für ihn liegt der Schlüssel daher darin, durch besonders gute Beispiele Vorurteile abzubauen: „Wenn man die Leute an einem tollen neuen Holzbau vorbeilaufen sieht, habe ich selten erlebt, dass jemand davon nicht begeistert war. Ich halte es für sehr wichtig, dass wir beginnen, den Holzbau in Thüringen auch mit Leuchtturmprojekten zu etablieren.“
Bündnisse der Holzakteure
Doch nicht nur gesellschaftlich, auch politisch sieht Lang Nachholbedarf: „Wir haben in ganz Deutschland noch Landesbauordnungen, die den Holzbau benachteiligen. Holz sollte zwar nicht bevorzugt werden, zumindest aber gleichrangig neben Stein und Ziegel stehen.“ Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer ist Lang Vorstandsvorsitzender des Landesbeirats Wald und Holz. Dies ist ein Zusammenschluss verschiedener Akteure aus der Holzwirtschaft, der sich für die Stärkung der regionalen Wertschöpfungskette in Thüringen einsetzt und mit seinen Forderungen an die Politik herantritt.
In dem Landesbeirat Wald und Holz sind nicht nur die Industrie und Waldbesitzer organisiert, sondern auch Vertreter aus Forstwirtschaft und Wissenschaft. So etwa Prof. Erik Findeisen, Dekan der Fakultät Landschaftsarchitektur, Gartenbau und Forst an der FH Erfurt. Findeisen gehört durch die Hochschultätigkeit sowie seinen langjährigen Kontakt zu Waldbesitzern, Unternehmern und holzverarbeitenden Betrieben zu den wichtigsten Vernetzern im Bereich Wald und Holz in Thüringen. „Es ist wichtig, dass man ein gesamtheitliches Betrachten übt. Wenn wir nur an einzelnen Stellschrauben herumlaborieren, können wir am Ende keine Erfolge erzielen“, so Findeisen. Tatsächlich hat er einen Blick auf den Werkstoff Holz, der über Fragen von Ökologie und Wirtschaft hinausgeht: „In diesen strukturschwachen Regionen, wo das Holz wächst — vor allem im Thüringer Wald — haben wir eine massive Abwanderung von jungen Leuten, von Familien. Es fehlen Arbeitsplätze. Damit geht natürlich eine immer uninteressanter werdende Struktur an Dörfern einher. Ich bin überzeugt, dass man das umkehren kann, indem man genau diese Wertschöpfung wieder in den Thüringer Wald zurückholt.“