22.10.2014

Hotel

Heidelberg, Art Hotel

Als überraschende Intervention zeigt sich das vor einigen Jahren in der Heidelberger Altstadt ent­standene Art Hotel. Provozierend modern, dennoch als sensibler Begleiter der vorgefundenen Architektur.

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine strapaziöse Bahnreise hinter sich. Ihr Zug hatte die üblichen 120 Minuten Verspätung, das Abteil mit defekter Klimatisierung war voll quengelnder Schulkinder, und zu essen gab es nur Verschmurgeltes aus der Mikrowelle. Endlich in Heidelberg angekommen, wollen Sie nur noch ins Bett, den Tag aus dem Kalender streichen. Und dann das: das Arthotel.

Den Eingang erreicht man durch einen intimen Innenhof, in dem Gäste gerade das Abendessen ausklingen lassen. Die Rezeption ist nur ein unauffälliges Pult neben der Bar, daneben verteilen sich rote und schwarze Lederpolster auf dem glänzenden Zementestrichboden der Lounge, eine gefaltete Stahlblechtreppe verbindet mit den anderen Ebenen. Damit sind wir schon beim Thema: eine Balance aus neutraler Funktionalität, reichlich Bewegungsraum und bequemer Wohnumgebung.

Was sofort gefällt: Hier kann man herumlaufen, auf dunklem Eichenparkett, wenige Farben, einladende Ordnung, nichts mufft. Man fühlt sich vom Zimmer verstanden, nimmt einen aufrechten Gang an und schüttelt die Zumutungen der Bahnreise ab. Das Bett hat eine hohe Rückwand mit niedlichen Leseleuchten, die übrigen Möbel, ein Schreibtisch, ein Sideboard, zwei Sessel und ergänzende Leuchten, kennt man aus dem zeitlosen Programm guter Einrichtungshäuser.

Vor dem Bad, eine große, matt verglaste Nische, stehen zwei offene Stellagen mit Schubladen, wie man sie in einer Werkstatt für Nobellimousinen erwarten würde. Natürlich geht man nicht schlafen, man ist neugierig, mischt sich unter die Gäste im Hof und bestellt sich erst einmal einen Weißburgunder von Bassermann-Jordan. Ja, es gibt sie noch, die guten Hotels.

Das barocke Anwesen mit wechselvoller Geschichte, zuletzt als Möbelhaus genutzt, wurde um einen winkelförmigen zweigeschossigen Anbau ergänzt. Diese Erweiterung mitten in der Heidelberger Altstadt schert sich nicht um das historische Gewusel in der Nachbarschaft. Der Neubau steht selbstbewusst mit einer geklebten, in Felder geteilten Glasfassade, sie reicht vom Gehsteig bis zum flachen Dach.

Auf dem Dach finden die Gäste eine zauberhafte, rundum begrünte Terrasse, hier ist man auf Augenhöhe mit den umliegenden Turmgebirgen aus allen Epochen (auf jeden Fall die großartig renovierte Jesuitenkirche besuchen!). Erwartungsgemäß unterscheiden sich die Zimmer in dem labyrinthisch verschlungenen Ensemble, aber ausnahmslos sind die geräumigen Natursteinbäder sowohl mit Badewanne als auch Dusche ausgestattet.

Die Flure führen über Laubengänge, historische Stufen, vorbei an Sitzgruppen und Bücherregalen – irgendwann über eine Glasbrücke auf diese einmalige Dachterrasse. Von hier möchte man gar nicht mehr zurück. Gar nichts auszusetzen? Auf die Leuchtgirlanden am Eingang und im Konferenzraum könnte man verzichten, außerdem sollten die Kofferablagen mit der Zimmerausstattung harmonieren. Alles nur Petitessen!

Adresse

Arthotel Heidelberg
Grabenstrasse 7
89117 Heidelberg
Deutschland
www.arthotel.com

 

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