23.08.2022

Porträt

Haus der ungarischen Musik

Im Rahmen des Liget-Budapest-Projekts hat Sou Fujimoto das Haus der ungarischen Musik entworfen - und auch dessen besondere Architektur. Foto: Palkó György
Im Rahmen des Liget-Budapest-Projekts hat Sou Fujimoto das Haus der ungarischen Musik entworfen - und auch dessen besondere Architektur. Foto: Palkó György

In Budapest soll der berühmteste, alte Stadtpark erneuert werden. Dazu beigetragen hat der Architekt Sou Fujimoto: Er entwarf das sogenannte Haus der ungarischen Musik – und dessen besondere Architektur.

Als Teil des ambitionierten Liget-Budapest-Projekts, das den großen zentralen, in den letzten Jahrzehnten stark verfallenen Stadtpark mit seinen vielen Kultureinrichtungen revitalisieren und zu einem Besuchermagnet wandeln soll, ist das Haus der Musik gebaut worden. Entworfen hat es der japanische Architekt Sou Fujimoto. Konzertsäle, Ausstellungsräume und ein Fortbildungszentrum sind hier unter einem Dach vereint. Das Konzept ist dabei auf immersive Musikerlebnisse zugeschnitten. Die Architektur wirkt wie eine überdimensional große Skulptur in einer Landschaft.

Im Rahmen des Liget-Budapest-Projekts hat Sou Fujimoto das Haus der ungarischen Musik entworfen - und auch dessen besondere Architektur. Foto: Palkó György
Foto: Palkó György

Haus der ungarischen Musik: Innovation trifft auf Tradition

Durch das Liget-Budapest-Projekt wird seit Jahren die Erneuerung des berühmtesten Parks von Budapest vorangetrieben. Er ist schon 200 Jahre alt. Seine Naturdenkmale sollten also erhalten bleiben. Dennoch soll das 21. Jahrhundert die Maßstäbe in puncto technischer Standard und ästhetische Kommunikation setzen. Der Park ist mehr als nur eine grüne Oase inmitten der Stadt. Er bietet Budapestern und vielen Touristen heute Freizeit- und Kulturerlebnisse auf internationalem Standard. Zu den bereits vollendeten Projekten des Liget-Budapest-Projekts gehört die Renovierung des Museum der Schönen Künste in 2018. Dazu kommt auch der Neubau des Nationalen Konservierungszentrum und Storage Centre sowie die Renovierung des Olof-Palme-Haus im Jahr 2019. Die Neugestaltung des Museum für Völkerkunde wurde schließlich in 2022 abgeschlossen. Das neugebaute Haus der Musik konnte ebenfalls in diesem Jahr eröffnet werden.

Im Rahmen des Liget-Budapest-Projekts hat Sou Fujimoto das Haus der ungarischen Musik entworfen - und auch dessen besondere Architektur. Foto: Palkó György
Foto: Palkó György

Entgrenzung im Haus der Musik: Innen wie Außen

Sou Fujimoto entwarf eine multifunktionale Architektur auf unregelmäßigem Grundriss mit 9.000 m² Fläche. Die Höhe des dreigeschossigen Baus reicht dabei bis zu zwölf Metern. Das riesige, gewellte, perforierte und organisch ausgeformte Dach beherrscht die optische Erscheinung der Architektur. Die Fassade ist komplett aus Glas. Ihre Transparenz löst den Übergang zwischen Innen und Außen auf, es gibt somit keine Grenze zwischen Architektur, Innenraum und Landschaft. Das ist ein Grundsatz des japanischen Raumverständnisses und ebenso typisch für das Werk von Sou Fujimoto.

Die Glasfassade besteht aus 94 maßgefertigten, wärmegedämmten, ungeteilten Paneelen. Das Gefühl, sich dabei sowohl innen als auch außen in der Natur zu befinden, wird durch eine abgehängte Decke, die als Baldachin gestaltet ist, gesteigert: Rund 30.000 goldene Baumblätter auf schwarzem Grund nimmt sie auf. Das imposante Dach hat 100 kraterähnliche Löcher, die das Licht in die Tiefe des Gebäudes leiten. In Glasstehlen gefasst führen sie das Tageslicht in das Obergeschoss oder bis hinein in das Erdgeschoss. Treppen erschließen das Ober- und Untergeschoss vom Parterre aus.

Im Rahmen des Liget-Budapest-Projekts hat Sou Fujimoto das Haus der ungarischen Musik entworfen - und auch dessen besondere Architektur. Foto: Palkó György
Fotos Palkó György
Im Rahmen des Liget-Budapest-Projekts hat Sou Fujimoto das Haus der ungarischen Musik entworfen - und auch dessen besondere Architektur. Foto: Palkó György

Grundgedanke: Natur als Inspiration

Sou Fujimotos Sympathie für die Natur und offene Gestaltung von Räumen nach Außen hat auch seine Idee vom Haus der Musik bestimmt: „Wir waren von der Vielzahl der Bäume im Stadtpark und dem durch sie geschaffenen Raum inspiriert. Während das dichte und üppige Blätterdach den Raum bedeckt und schützt, lässt es zugleich auch die Sonnenstrahlen auf den Boden fallen. Ich habe mir den offenen Grundriss, bei dem die Grenzen zwischen Innen und Außen verschwimmen, als Fortsetzung der natürlichen Umgebung im Park vorgestellt.“

Im Rahmen des Liget-Budapest-Projekts hat Sou Fujimoto das Haus der ungarischen Musik entworfen - und auch dessen besondere Architektur. Foto: Palkó György
Foto: Palkó György

Viele Strukturen für Musik

Im Erdgeschoss befinden sich zwei überdachte Konzertsäle, ein großer mit 320 Sitzen und einer versenkbaren Bühne und ein kleinerer für Vorträge, Workshops und Aufführungen. Dazu gibt es außerhalb auf der Parkebene eine Freilichtbühne. Die technische Ausstattung der Musiksäle übernahm die japanische Firma Nagata Acoustics, die schon die akustische Gestaltung der Walt Disney Concert Hall in Los Angeles und die der Elbphilharmonie in Hamburg innehatte. Nagata und Sou Fujimoto entwickelten für das Haus der Musik zickzackförmige Wände. Damit kann sich der ankommende Schall indirekt über das Glas verteilen und so einen homogenen Klang erzeugen.

Im Rahmen des Liget-Budapest-Projekts hat Sou Fujimoto das Haus der ungarischen Musik entworfen - und auch dessen besondere Architektur. Foto: Palkó György
Fotos: Palkó György
Im Rahmen des Liget-Budapest-Projekts hat Sou Fujimoto das Haus der ungarischen Musik entworfen - und auch dessen besondere Architektur. Foto: Palkó György

Im Untergeschoss sind Galerieräume für Dauer- und Wechselausstellungen untergebracht, dazu eine halbkugelförmige Klangkuppel: Bis zu 60 Hörerinnen und Hörer können hier ganz in ein 3D-Klangerlebnis eintauchen. Dieses wird möglich durch die Bauweise mit 360-Grad-Surround-System. Mehr als 30 Lautsprecher beschallen dafür Raum und Menschen in verschiedenen Richtungen. So können „hologrammartige“ Klangwände entstehen.

Das durch eine imposante Freitreppe erreichbare Obergeschoss dient der Bildung: Übungsräume für musikalische Erziehung und eine Multimediabibliothek machen die Musik erlernbar, verständlich, nacherlebbar. Wer gleich selbst Töne und Klangmuster erzeugen möchte, geht zu den konventionellen und unkonventionellen Musikinstrumenten in der Außenanlage – man kann sie mit Händen oder Füßen aktivieren und sehr viel Klang erzeugen.

Auch interessant ist in Antwerpen die ehemalige, jetzt umgebaute Konzerthalle De Harmonie.

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