12.01.2016

Öffentlich

Geflecht der Geschichte

Granada ist geprägt von zwei Polen: Die Architektur trägt Stuck aus der muslimisch-maurischen Dynastie, das Leben der Einwohner ist aber typisch spanisch. In den schmalen Gassen riecht es nach billigem Leder und orientalischen Gewürzen – dazwischen konsumiert man Tapas, andalusischen Wein und die Laute verschluckter Konsonanten.

Alle Fotos: Lluís Casals

Auch städtebaulich entwickelte sich Granada aus zwei Kernen. Albaicín, das maurische Viertel, schlängelt sich den Hügel nördlich der Alhambra hinauf. Hier bauten sich Zigeuner ab dem 19. Jahrhundert Höhlenwohnungen und brachten den Flamenco in die Stadt. Der zweite historische Kern ist der Stadtteil Realejo, ursprünglich das jüdische Viertel.

Bildungsstadt Granada

Heute ist Granada vor allem auch eine Universitätsstadt – mit 60.000 Studenten eine der größten Bildungsstätten Spaniens. 1994 wurde die Architekturfakultät Escuela Técnica Superior Arquitectura, kurz ETS, gegründet. Dafür erwarb die Universität von Granada den Gebäudekomplex eines ehemaligen Militärkrankenhauses, der sich am Fuß der Alhambra befindet – im Stadtteil Realejo.

Vor dem Campus liegt der überdimensional große Platz „Campo del Principe“, der mit den drastischen städtebaulichen Veränderungen in der Renaissance entstand. Von hier aus erblickt man die langgestreckte Fassade der ETS, die mit ihrem weißen Anstrich ein homogenes Bild ergibt. Tatsächlich befindet sich dahinter ein knapp 14.000 Quadratmeter großes, historisch gewachsenes Gebäudegeflecht. Ende der 1990er sollte dieses für angehende Architekten studientauglich gemacht werden. Ein internationaler Wettbewerb wurde ausgeschrieben, den der spanische Architekt Víctor López Cotelo für sich entschied.

Das wichtigste Merkmal des Ensembles sind drei Innenhöfe: Zwei davon sind direkt aneinander geschaltet und stammen aus der Renaissance, der dritte und größte Hof befindet sich im Südwesten der Anlage und ist neu gestaltet. Diese Außenräume geben Orientierung, nicht zuletzt weil López Cotelo immer wieder Blickbeziehungen zu ihnen und auch zu den umliegenden Gassen herstellt. Trotz der Komplexität des Baus kann man sich also nicht verlaufen. Um ein Wegesystem ohne Sackgassen zu schaffen, waren unter anderem Durchbrüche nötig – zum Beispiel zum eigenständigen Gebäude einer ehemaligen Offiziersklinik, die 1909 in den Komplex integriert wurde – ablesbar noch heute an der niedrigeren Gebäudehöhe zum Campo del Principe.

Mehr dazu finden Sie im Baumeister 1/2016

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