Im Popsong „Welcome to the Machine“ singen Pink Floyd unter anderem folgende Zeile: „Welcome my son. Welcome to the machine. What did you dream? It’s alright we told you what to dream.“ Das klingt abgründig. Da träumt jemand; doch es gibt eine Macht über ihm, die offenbar seine Träume steuern kann. Eine Dualität wird deutlich. Aus Freiheit und Zwang. Aus Fremdbestimmtheit und Selbstbestimmung. Die Dualität des modernen Menschen.
Warum ich das schreibe in einem Text, von dem man natürlich erwartet, dass er Frei Ottos Relevanz für die Architekturgeschichte würdigt? Weil Pink Floyd das Lied zum ersten Mal 1977 auf ihrer „Animals“-Tour live performten – und zwar unter einem Bühnendach, das Frei Otto entworfen hatten. Es bestand aus riesigen ausfahrbaren Schirmen. Klar, dass die ehemaligen Architekturstudenten Waters, Mason und Wright angetan waren. Vielleicht faszinierte sie die elegante architektonische Geste. Vielleicht sprach sie die die Art ästhetisch an, wie sie das Architekturelement Dach neu dachte, nämlich nicht als bloße Überdeckelung, sondern auch als Geste der Befreiung. Und vielleicht sahen die englischen Popgrößen in dieser Doppelbedeutung des Daches auch ihrerseits ein Stück Dualität der Moderne. Eine Dualität, die eben auch aus Songs wie „Welcome to the Machine“ spricht.
Frei Otto war ein Visionär der architektonischen Kopfbedeckung, der wichtigste vielleicht. Man kennt die Beispiele, vom Münchner Olympiadach über den deutschen Pavillon der Weltausstellung in Montreal bis hin zum japanischen Pavillon auf der Hannoveraner Expo. Er hat uns gelehrt, wie viel Freiheit, Lässigkeit und Würde so ein Dach ausstrahlen kann. Das taten seine architektonischen Entwürfe auch insgesamt. Sie begrenzen nicht. Sie eröffnen Horizonte.
Besonders deutlich wird das in der Bremer St. Lukas-Kirche. Diese Kirche strebt zum Himmel. Aber nicht im hierarchischen Sinn gotischer Kathedralen. Sie reckt selbstbewusst und doch geerdet ihre Strukturen nach oben aus. Sie tanzt mit erhobenen Händen. Eine ungemein menschliche Architekturgeste, die Otto hier zusammen mit dem Bremer Architekten Carsten Schröck realisierte.
Eine Geste, wie sie typisch ist für Frei Otto. Er eröffnete den Menschen Perspektiven und Horizonte. Und hat dabei niemals die natürlichen Grenzen des Humanen vernachlässigt. Dafür wird die Architekturgeschichte dankbar bleiben. Auch die Pritzker-Jury hat das noch rechtzeitig erkannt. Sie teilte ihm die Auszeichnung gerade noch rechtzeitig vor seinem Tod mit. Mir bleibt nur, mich den Glückwünschen anzuschließen.
Porträt: http://blogs.taz.de/architektur/files/2010/03/Frei-Otto.jpeg