Wir haben versprochen, Sie auf dem Laufenden zu halten: hier ein weiteres Kapitel in der unendlichen Baugeschichte des Flughafens Berlin Brandenburg. Oder: Neues vom Tollhaus BER
Es kam überraschend. Hartmut Mehdorn verkündete, er wolle spätestens Ende Juni 2015 als Vorstandsvorsitzender der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) zurücktreten. War doch der 72-jährige Kraftmeier furchtlos angetreten, den Augiasstall der BER-Baustelle auszumisten und allen Beteiligten Beine zu machen. „Sprint“ nannte er seine schnelle Eingreiftruppe, die Schlen-drian und Lethargie austreiben sollte. Wem, wenn nicht ihm, hätte man die Chuzpe und das Durchsetzungsvermögen zugetraut, das Projekt endlich zu einem guten Ende zu bringen – so dachte man zu seiner Amtseinführung. Zwar hat er die Position der FBB gegenüber dem Aufsichtsrat etwas stärken können, zwar gelang es ihm, die Notwendigkeit rascher Erweiterungen des noch unfertigen, aber schon zu kleinen „Großflughafens“ in die Köpfe der verantwortlichen Politiker zu hämmern, der entscheidende Durchbruch bei Planungen und Bauarbeiten jedoch ist auch ihm nicht geglückt.
Warum nur? Wie kann es sein, dass immer wieder erfahrene Manager daran scheitern, ein Bauwerk, das eigentlich fertig ist, ans Netz zu bringen? Offenbar ist der seit Jahren von den Verantwortlichen ausgestrahlte Optimismus unangebracht. Insider heben resigniert die Schultern. Manche halten die Sache sogar für unlösbar. Die in den Monaten vor dem GAU, der geplatzten Eröffnung 2012, von der FBB angestrengten „Baubeschleunigungsmaßnahmen“ – hektische kopf- und planlose Baumaßnahmen ohne koordinierende Projektleitung und Controlling mit freihändigen Beauftragungen – haben zu einem Mega-Chaos geführt. Der Versuch, durch eine Bestandsaufnahmeist ein Prozess, bei dem der Zustand eines vorhandenen Gebäudes oder einer vorhandenen Struktur dokumentiert wird. Dies kann zur Planung von Renovierungs- oder Sanierungsmaßnahmen oder zur Beurteilung des Wertes einer Immobilie dienen. dieses Chaos zu durchleuchten, kostete zwei Jahre Zeit und hunderte Millionen Euro, brachte das Projekt aber nicht weiter. Nun gilt es, durch die ungeordneten Kabelkanäle zu kriechenKriechen: Die Verformung von Holz unter langfristiger Belastung. und die Haustechnik in mühsamer Kleinarbeit in Ordnung zu bringen. Und es gilt, die Hardware der Entrauchungsanlage, vor allem aber deren offenbar hyperkomplexe Steuerung zum Laufen zu bringen. Das ist leichter gesagt als getan, denn das BER-Desaster ist kein bautechnisches, sondern ein administratives.
Siemens und Bosch, die Hauptakteure, haben sich nie vertragen, und kein Projektsteuerer hat die Kampfhähne an einen Tisch gezwungen. Die Auftragnehmer sind nicht bereit, nachzuarbeiten und Mängel zu beseitigen, weil sie sich nicht mehr an Verträge gebunden fühlen. Das komplexe Knäuel aus Sub-Subunternehmerkultur, ständigen Änderungen durch den Bauherrn, Nachtragsangeboten, Mehrkostenanmeldungen lässt sich nicht mehr entwirren, würde jedenfalls die Rechtsanwälte auf Jahre beschäftigen (und tut es zum Teil). Bindende neue Verträge unterschreiben die Firmen nur, wenn denen konkrete Planunterlagen zugrunde liegen, doch den Fachplanern fehlt es an verlässlichen Grundlagen. Und wenn in dieser vertragslosen Situation der Wille fehlt, können die Firmen das lukrative Spiel ewig weitertreiben.
So wäre es dann allein aus vertragsrechtlichen Gründen sinnvoll gewesen, 2012 die fehlerhaften Installationen einschließlich der Entrauchungsanlage, die während der Baubeschleunigungsphase von den Firmen unkoordiniert und unkontrolliert eingebaut worden sind, vollständig rauszureißen und komplett neu zu planen. Dann hätte es neue Verträge gegeben, mit klaren, verlässlichen Voraussetzungen und den üblichen Terminvorgaben. Und der BER wäre heute am Netz.
Was hilft? Geld, Geld, unglaublich viel Geld. 800 Millionen Euro werden noch immer gebraucht – dafür bekommt man normalerweise ein komplettes Terminal. Zum Vergleich: Der Bau des 2012 eingeweihten Terminals A+ in Frankfurt dauerte fünf Jahre und ging geräuschlos über die Bühne. 185.000 Quadratmeter (BER 326.000 Qua-dratmeter) kosteten 500 Millionen Euro (Entwurf sowie kosten- und termingerechte Realisierung: gmp Architekten).