28.05.2018

Öffentlich

Entspannen im Arsenale

Bambuspavillon von Vo Trong Nghia

317 Meter Architekten-Nabelschau im Arsenale? Das war früher. Die Kuratorinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara geben mit ihrem Thema „Freespace“ die langen Ausstellungshallen frei als „Ort für Austausch und Gespräche“, wie sie sagen. Während sich in früheren Biennalen kleinteilige Pläne, dichte Texte und flimmernde Videos im Dunkeln endlos aneinanderreihten, steht diesmal der Besucher im Mittelpunkt. Für ihn schaffen die von den Kuratorinnen ausgewählten 65 Architekturbüros Skulpturen als Sinnbild ihrer Haltung, kleine Erlebniswelten, Modellbau zum Anfassen: begehbar, fühlbar, erlebbar mit Klängen und Videos untermalt. Das Biennale-Thema Freespace – Freiraum – ist im englischen Sprachgebrauch eine Neuschöpfung, im Deutschen und anderen Sprachen dagegen ein fester Begriff. Daher waren die Interpretationen vielfältig, sofern sich die Beiträge überhaupt an das Thema hielten (was ja gar nicht sein muss).

Bambuspavillon von Vo Trong Nghia
Australischer Pavillon
Dorte Mandrup
Alvaro Siza
Aires Mateus
Chinesischer Pavillon
O'Donnell Tuomey

So finden sich – überall auf der Biennale – zahlreiche kleine Architekturen, in denen Sitzgelegenheiten zum Ausruhen zu entdecken sind: etwa ein hingehauchter Seidenstoffraum von Toyo Ito, eine ringförmige Marmorplastik als Sitzbank von Alvaro Siza, eine orientalisch anmutende Kissenlandschaft von Benedetta Tagliabue, eine Einmannkinobox von Bearth und Deplazes, ein Einmannguckkasten von Aires Mateus mit Blick in eine weite Graslandschaft, ein weiße Treppenanlage von O’Donnell Tuomey, ein schlichter weißer Säulenwald von Valerio Olgiati. Man findet tatsächlich Ruhe und Gelegenheiten, sich zu unterhalten, Dinge und Besucher zu betrachten. Vieles ist aufwendig hergestellt, was – das muss auch gesagt werden, ohne viele Sponsoren gar nicht finanzierbar wäre.

Was zudem auffällt: Es gibt diesmal wesentlich mehr Architektinnen, die ausstellen, was den Kuratorinnen hoch anzurechnen ist. Darunter sind bekannte Namen wie Inês Lobo, Laura Perretta oder Maria Giuseppina Grasso Cannizzo, aber auch unbekanntere Namen, die sich zu merken lohnen.

Manchem mag dieser „Budenzauber“, wie man gelegentlich hört, schrecklich oberflächlich erscheinen, allerdings wirkt ein Raumerlebnis länger nach und ist in der Masse der Beiträge leichter zu verdauen als die Präsentation hunderter Projekte. Der Spaßfaktor rückt in den Vordergrund, und somit gleichen sich Kunst- und Architekturbiennale immer mehr an. Nicht zum Schaden der Architektur, da die Schau ja auch viele Laien und Architekturbegeisterte – eventuell Bauherren – besuchen. Und schließlich tun die Architekten das, was sie am besten können, einen interessanten Raum schaffen statt viele Worte zu machen.

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